Moonface - Julia with blue jeans on

Jagjaguwar / Cargo
VÖ: 25.10.2013
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Das Klaviersdelikt

"Wenn ich mal ganz alt bin, toure ich vielleicht mit einem kleinen Flügel durch die Lande, spiele die Songs von früher und trinke dabei Whisky. Schrecklich." Na na, Spencer Krug, so weit wollen wir doch jetzt noch nicht denken, oder? Wobei der Mann von Wolf Parade und Sunset Rubdown zumindest mit dem Flügel Recht haben könnte: Schon seine Moonface-Veröffentlichungen "Dreamland EP: marimba and shit-drums" und "Organ music not vibraphone like I'd hoped" zeugten von Krugs Interesse an den verschiedensten Instrumenten – nun hat er ein Piano-Album aufgenommen. Und es der Dame gewidmet, wegen der er nach den Arbeiten an "Heartbreaking bravery", der Platte mit den Finnen Siinai, bis auf Weiteres in Helsinki hängenblieb. Denn Krug ist verliebt – und stellt auf "Julia with blue jeans on" erneut seine Herzensbrecherqualitäten unter Beweis.

Und zwar als Kavalier am Klavier mit den bis jetzt minimalistischsten Songs seiner Karriere. Mindestens genauso rührend wie die Preisung der Holden ist dabei sein – wiewohl vermutlich fingiertes – Understatement, das insbesondere beim steinerweichenden "November 2011" durchscheint: "Set fire to my music, it wasn't much good anyway / Set fire to the computer we had to use until today." Bleibt nur inständig zu hoffen, dass er seinen Rechner vielleicht doch nicht abgefackelt hat. Aber selbst wenn die Kiste wirklich nur noch Schutt und Asche sein sollte, bereitet das Krug kein Kopfzerbrechen. Schließlich ist er nicht nur am Piano, sondern auch mit seiner Stimme ein Virtuose und benötigt anders als Keith Jarrett auf "The Köln concert" weder Fußtrampeln noch heftige Atemübungen, um eine gute Dreiviertelstunde unterhaltsam herumzukriegen.

Ein Stück wie die Single "Barbarian" funktioniert nämlich auch ohne improvisiertes Getrickse wunderbar. Erst recht, wenn Krug eingesteht, dass auch ein Charmeur wie er zuweilen zum Tier werden kann – Julia scheint sich bislang jedenfalls noch nicht beschwert zu haben. "Everyone is Noah, everyone is the ark" bezieht dann seinen Reiz aus Laut-leise-Effekten und wiederholt aufbegehrenden Crescendi, bremst aber jedes Mal rechtzeitig ab, bevor der Hörer befürchten kann, dass jeden Moment Elton John im Glitzerfummel oder gar Joshua Kadison mit verwelktem Blumenstrauß vor ihm steht. Denn für effekthaschenden Firlefanz ist "Julia with blue jeans on" einfach ein zu intimes und ungekünsteltes Album. Da liegt es in der Natur der Sache, dass die limitierte Instrumentierung ab der Hälfte etwas Mühe hat, die zwangsläufig entstehenden Leerräume zu füllen.

Doch auch wenn "First violin" die in Aussicht gestellten Streicher schuldig bleibt und "Dreamy summer" sich in arg betulicher Klimperei gefällt, ist beim spannungsgeladenen "Black is back in style" das meiste wieder gut – nicht zuletzt wegen der Zeilen "We gave the cities to the women / We thought it was the least that we could do / We were under the impression / That freedom was more than just the freedom to wipe shit off your shoe." Krug wird doch nicht auch noch versehentlich in sein Schlagzeug getreten sein? Falls ja, war es das dann wohl mit den Shit-Drums. Gut, dass "Julia with blue jeans on" genug Ebenbürtiges zu bieten hat – vor allem einige prächtige Songs, die er auch im hohen Alter noch zum Besten geben kann. Und jetzt mal ehrlich, Spencer: Es gibt weitaus Schrecklicheres.

(Thomas Pilgrim)

Bei Amazon bestellen / Preis prüfen für CD, Vinyl und Download
Bei JPC bestellen / Preis prüfen für CD und Vinyl

Highlights & Tracklist

Highlights

  • Barbarian
  • November 2011
  • Black is back in style

Tracklist

  1. Barbarian
  2. Everyone is Noah, everyone is the ark
  3. Barbarian II
  4. November 2011
  5. Dreamy summer
  6. Julia with blue jeans on
  7. Love the house you're in
  8. First violin
  9. Black is back in style
  10. Your chariot awaits
Gesamtspielzeit: 48:49 min

Im Forum kommentieren

Mixtape

2014-08-08 21:53:56

@boneless: Falls dir noch nicht bekannt, empfehle ich dir auch die früheren Projekte von Spencer Wolf Parade und Sunset Rubdown.

boneless

2014-08-07 13:02:17

ich war eigentlich nur wegen lubomyr da, aber spencer hat ihm komplett die show gestohlen. würde ich mir sofort nochmal ansehen.

Mixtape

2014-08-06 19:53:22

Bei dem Konzert war ich auch, allerdings eben wegen Spencer Krug. :-)

boneless

2014-08-05 18:59:07

großartig!
moonface waren mir bis dato nur vom namen her geläufig, aber spencer hat mich anfang des jahres im vorprogramm von lubomyr melnyk vollkommen begeistert. das dazugehörige album lief dann wochenlang rauf und runter. wunderbar, dass er auf der neuen ep diesem stil treu bleiben wird. der september kann kommen.

Mixtape

2014-08-05 18:40:19

Neue EP "City wrecker" am 12. September. Der Titelsong: http://www.vevo.com/watch/moonface/city-wrecker-official-video/US38Y1425706

Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.

Spotify

Threads im Forum