Lady Gaga - ARTPOP

Interscope / Universal
VÖ: 08.11.2013
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Hinter der Idee

Wenn selbst Großmütter jenseits der 90 Lenze Lady Gaga kennen, unterstreicht das nur eines: Es gibt keine Popkünstlerin, deren Schaffen einen derartig gefestigten Platz im Kulturdiskurs hat und sich dabei einer ernsthaften Auseinandersetzung sicher sein kann. Die als Stefani Germanotta geborene Lady Gaga ist ob ihrer Omnipräsenz allerdings auch schwierig zu ignorieren. Müßig, ihre unzähligen extrovertierten Auftritte, Clips und Posen zu erwähnen, interpretieren, einzuordnen. Zwischen einem Burlesque-Auftritt und Modell stehen als lebendiges Kunstobjekt für eine befreundete Performance-Künstlerin liegen gefühlt oft nur Stunden. Mit Musik hat das freilich nur sekundär zu tun, ist offenbar aber notwendig zur Untermauerung des Kult(ur)-Status, wie auch zur Übertragung der Visionen der digitalen Nymphin in das reale Leben ihrer "little monsters", den ihr bedingungslos folgenden Gaga-Fans. In diesem Fall: "ARTPOP".

Berechtigte Frage im Zuge verkehrter Andy-Warhol-Welten: Was soll das heißen? "My ARTPOP could mean anything", entgegnet im Gaga im Titeltrack. Nicht mehr als eine Worthülse, werden die Kritiker anmerken. Dabei war die Selbstzufriedenheitsproklamation "Born this way" auch nichts anderers. Wer Gaga aber einmal live gesehen hat, darf sich sicher sein, ARTPOP bedeutet mal als nur Musik. Ihre Konzerte sind gleichzeitig auch Theaterinszenierung, Musical, Peepshow und getanzte Dance-Predigten. Seit einigen Jahren treibt sie das nun voran. Nur die Musik hält der implizierten Vormachtstellung nun nicht mehr Schritt. "Applause", Gagas vertontes Geltungsbedürfnis und Fan-Kommunikationsmittel, verpasste einen Nummer-1-Hit, war aber auch gerade im Refrain bestenfalls ein durchschnittlicher Dance-Song. Und wenn die 27-Jährige eines nicht möchte, dann ist es Mittelmaß.

Allerdings tauchen die ausgehöhlten Handclaps bereits im Opener auf. "Aura", das zwischenzeitlich als "Burqa" durchs Netz geisterte, betont zu orientalischen Zwischentönen das weibliche Selbstbewusstsein verschleierter Frauen: "I'm not a wandering slave I am a woman of choice." Hier wird deutlich, woran "ARTPOP" krankt. Songs wie "Aura", der Electro-Tech-Diss "Swine", die Versace-Verneigung "Donatella" und "Mary Jane Holland" spiegeln das von Gaga nach außen getragene, zermürbende Arbeitspensum für bestmögliche Aufnahmen nicht wieder. Der Wille, unbequeme Haken ins Dance-Korsett zu setzen, ist zwar stets erkennbar, dennoch bestehen gerade besagte Songs aus gängigen EDM-Klischees, Skrillex-Extrakten und dem Synth-Dance-Stempel von Mitproduzent Zedd, der andererseits auch den immerhin ohrwurmigen Refrain von "G.U.Y." prägt.

Auf dem Vorgänger "Born this way" gingen die Verweise zurück in die Siebziger, Achtziger und Neunziger Jahre, auf "ARTPOP" verschwinden sie in Unschärfe. Da ist ein Seinfeld-Bass in "Sexxx dreams" und "Fashion!" gebraucht, ganz stilecht für 2013, discoiden Funk gepaart mit Indeep und Daft Punk zur Jahrtausendwende – viel mehr gibt es dieses Mal in derlei Hinsicht nicht zu entdecken. Stattdessen eine fragwürdige HipHop-Electro-Brass-Allianz in "Jewels n' drugs" und das Rocküberbleibsel "MANiCURE", das ohne Handclaps solide zwei Klassen besser wäre.

Allerdings holt Gaga den angestaubten R. Kelly zurück auf die Bildfläche und integriert mit ihm problemlos 90s-R'n'B in den unaufdringlichen Plucker-Groove von "Do what u want". Es gibt also durchaus Lichtblicke. Dazu darf sich trotz des etwas einfallslosen Textes "Gypsy" zählen, der polierte clubbige Titeltrack, und auch "Venus" könnte einzig wegen seiner "Loooove"-Sequenz Gehör finden. Bester Song der Platte aber ist die mit Rick Rubin produzierte Piano-Ballade "Dope". Vielleicht sollte Lady Gaga lieber mit ihm oder Elton John arbeiten statt mit No-Names wie Infected Mushroom und DJ White Shadow. Ob Gaga als ihre größte Lobbyistin an "ARTPOP" zweifeln wird? Jedenfalls steckt für den Moment mehr Energie in der Idee als in Art und Pop.

(Stephan Müller)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Dope
  • Gypsy

Tracklist

  1. Aura
  2. Venus
  3. G.U.Y.
  4. Sexxx dreams
  5. Jewels n' drugs (feat. T.I., Too Short and Twista)
  6. MANiCURE
  7. Do what u want (feat. R. Kelly)
  8. ARTPOP
  9. Swine
  10. Donatella
  11. Fashion!
  12. Mary Jane Holland
  13. Dope
  14. Gypsy
  15. Applause
Gesamtspielzeit: 59:04 min

Im Forum kommentieren

Lehrer

2017-01-13 15:03:29

Gypsi soll ein Highlight sein? *Hust Hust*
Der song ist einfach schrecklich. Diese "Tooooniiiiight" einfach nein!

Toni

2013-12-30 19:01:22

Madonna hab ich schon mal gehört. Ich finde die aber schon zu alt für mich.

Mittoni

2013-12-30 18:24:38

Wäre noch Madonna zu nennen. Die hat so gar ein paar mehr Hits

Toni

2013-12-30 18:23:18

Die finde ich auch schön.

Mittoni

2013-12-30 18:21:16

Du vergisst evt. Lana Del Rey(?)

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