Aloe Blacc - Lift your spirit

Vertigo / Universal
VÖ: 25.10.2013
Unsere Bewertung: 4/10
4/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
5/10

Pflasterscheine

Was die Zeit nicht alles verändert. Vor fast genau drei Jahren veröffentlichte Aloe Blacc sein Album "Good things", während sein Platin-Track "I need a dollar" bereits die Charts gestürmt hatte. Das Besondere an dieser Platte und im speziellem diesem Titel: Aloe Blaccs wahnsinnige Stimme setzte in Kombination mit dieser smashig-smoothen Soulaufmachung an der Graswurzel der Sozialkritik an, besprach das Leben aus der Perspektive des schlechter Gestellten, verpartnerte aufrichtiges Mitleid mit anprangernder Darstellung. Blacc schuf mit "I need a dollar" einen Protestsong, der kaum ein Tanzbein kalt ließ – so etwas gibt es nur ganz selten. Drei Jahre später erscheint "Lift your spirit" und der Mann mit dem Pflanzennamen ist mittlerweile ein absoluter Star. Blacc tingelt gerade hierzulande von Show zu Show und von Auftritt zu Auftritt, stets ausgestattet mit dem Charme des letzten Gentleman auf Erden.

Wieder hat Blaccs Album einen musikalischen Aufhänger, an dem man nicht vorbeikommt. Gemeinsam mit dem schwedischen DJ Avicii hatte Blacc bereits im Juni dieses Jahres den Track "Wake me up" veröffentlicht, welcher das Album nun in einer folkigen Akustikversion eröffnet. Statt den stumpfen Beatstampfern begleiten die Hookline schwungvolle Dobroanschläge. Auch die Violinenbridge zum Abschluss des ersten Songdrittels macht ordentlich was her. So wird ein hübscher Song noch hübscher. Auch der zweite Titel "The man" zündet sofort, lässt Blacc allerdings in einem zweifelhaften Licht erscheinen. "Go ahead and tell everybody I'm the man" – wo ist all die einnehmende Bescheidenheit des Kalifoniers geblieben? Mackermachen, das passt so gar nicht zum Gutmenschen Aloe Blacc. Wenn sich dieser schließlich auch noch vom Gospelchor umjubeln lässt, verfällt der Track vollends dem anbiedernden Unterton.

"Here today" und "Wanna be with you" sind zwei bis zur Charakterlosigkeit durchgeglättete Popsongs. Es ist eine schiere Verschwendung von Blaccs Ausnahmestimme, wenn vollkommen unnötige Effekte ihr die Wesenszüge hinfortbügeln. Auch "Lift your spirit" kommt ordentlich cheesy daher, zuviel Eierkuchen steckt neben Friede und Freude im Titelsong der Platte. Immerhin, das hoppsige Jackson-Five-Arrangement macht Bock auf Tanzen, bleibt trotz seiner triefenden Schwere voller Leichtigkeit. In "Ticking bomb" befreit sich Blacc einmalig vom Happy-Happy-Schema. "The whole world's sitting on a ticking bomb", erkennt der Sänger, "and it's about to explode", heißt es weiter. Blacc mimt den Endzeitpropheten, ein mystischer Chor umkleidet die düstere Atmosphäre, der Track endet mit einem vielsagenden Tickgeräusch und bleibt insgesamt viel zu plakativ.

Gib diesem Mann ein Mikro in die Hand und er zündet ein Feuerwerk – das kann er wie kein Zweiter, da ist er begabt wie kaum einer sonst. Es könnte kaum einfacher sein, einen Hit zu produzieren, als im Gespann mit Aloe Blacc. Ja, "Lift your spirit" ist auf der einen Seite ein Album mit dem ein oder anderen Mainstreamkracher. Auf der anderen Seite aber ist es eine große Enttäuschung, denn die Ehrlichkeit von "Good things" bringt die Platte bei weitem nicht mehr auf. Blaccs Schaffen verschwimmt im Einheitsbrei des Spaßgesellschaftspops. Tolle Stimme hin oder her, mit Soul im wahrsten Wortsinne hat das leider nichts mehr zu tun. Hat Blacc vielleicht den ein oder anderen Dollar zuviel eingesammelt? Wo der Weg mit Scheinen gepflastert ist, wird es schnell mal rutschig. So bleibt nur auf einen einmaligen Fehltritt zu hoffen.

(Pascal Bremmer)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Wake me up (Acoustic)

Tracklist

  1. Wake me up (Acoustic)
  2. The man
  3. Soldier in the city
  4. Love is the answer
  5. Here today
  6. Wanna be with you
  7. Lift your spirit
  8. Red velvet seat
  9. Can you do this
  10. Ticking bomb
  11. Eyes of a child
Gesamtspielzeit: 42:21 min

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