Until Rain - Anthem to creation

Escape / H'art
VÖ: 23.08.2013
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 4/10
4/10

Griechische Dramödie

Partytime für Pleitegeier, Remmidemmi für Rechtsextreme – Spaß haben in Griechenland derzeit nur Populisten und Parasiten, das Gros der Gesellschaft dagegen verharrt in einem Dauerzustand zunehmender Freudlosigkeit. Ein kleiner Mut- und Muntermacher kommt nun aus Thessaloniki, denn die dort im Jahr 2004 gegründete Band Until Rain legt mit ihrem zweiten Album "Anthem to creation" ein Stück Spielfreude vor, das den geneigten Hörer für eine Weile über die griechische Tragödie hinwegzutrösten vermag.

Ein hohes Maß dieser Spielfreude haben Until Rain allerdings auch nötig, denn sonst wäre ihre zwar handwerklich saubere, aber an sich recht gewöhnliche Mixtur aus Prog- und Power-Metal kaum der Rede wert. In der Tat ist die schon mit dem Cover-Artwork einsetzende Verwechslungsgefahr mit gleichartigen Gruppen, wie zum Beispiel Symphony X, sehr groß. Die Griechen scheinen sich ihrer stilistischen Unselbstständigkeit jedoch bewusst zu sein und verwandeln sie in ihre größte Stärke, indem sie sich voll und ganz darauf konzentrieren, das Altbekannte möglichst mitreißend zu präsentieren. Und das gelingt ihnen trotz der stattlichen Länge des Albums auf vorzügliche und meist äußerst kurzweilige Art und Weise, setzt dafür jedoch auch einen gewissen Hang zum pathetischen Metal mittel- und nordeuropäischer Prägung voraus.

Bereits bei "Brain death" fällt nämlich auf, dass die Instrumente ein bisschen stumpf klingen und die Gesangslinien so ähnlich auch auf einem Hammerfall-Album zu hören sein könnten. Nein, die technischen Merkmale der Musik auf diesem Album bloß zu beschreiben, würde wohl nur die wenigsten zum Reinhören bewegen. In der empirischen Praxis jedoch handelt es sich bei "Anthem to creation" um eine eindrucksvolle Energieleistung, die beim Miterleben die stilistischen Schwächen weitestgehend vergessen macht. Und so ist eben auch schon "Brain death" ein äußerst packender Einstieg, der eigentlich alle für sich gewinnen kann, die sich für mit Verve und Leidenschaft dargebotenem progressiven Power-Metal begeistern können. Aber auch diejenigen, die nicht von Anfang an überzeugt sein mögen, sollten zumindest bis "My own blood" weiterhören, denn dessen heroische Opulenz bringt besonders im Refrain eine der wesentlichen Stärken Until Rains hervorragend zum Ausdruck. Vocalist Yannis Papadopoulos ist ohnehin einer der größten Aktivposten dieses Albums.

Lediglich eingefleischte Prog-Metal-Fans dürften sich anfangs unterversorgt fühlen, geben sich Until Rain bei den ersten vier Songs doch ziemlich kurz angebunden. Mit dem dann anstehenden "Empty helmet", dem Titeltrack und dem abschließenden "Marionettes" stellt die Band im weiteren Verlauf jedoch progressive Grundnahrungsmittel in Form drei gelungener Longtracks bereit. Wiederum gibt es hier zwar kaum Ansätze von Eigenständigkeit zu entdecken, aber wer besonders während des 18-minütigen Titeltracks nicht trotzdem wohlige Gefühlswallungen in der Herzgegend verspürt, sollte das Album am besten gleich ganz ignorieren. Diejenigen dürften das Album ohnehin eher als kraftmeierische Poser-Mucke mit Prog-Metal-Tarnung empfinden und werden dementsprechend auch adrenalinfördenden Hymnen wie "13-8" nichts abgewinnen können. Für eurogeplagte Griechen und Stilfreunde mit angeknackstem Selbstwertgefühl ist "Anthem to creation" jedoch die ideale Unterhaltungstherapie.

(André Schuder)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • 13-8
  • My own blood
  • Anthem to creation

Tracklist

  1. Brain death
  2. Think again
  3. Living hell
  4. My own blood
  5. Empty helmet
  6. 13-8
  7. The clang of shields part I
  8. The clang of shields part II
  9. Anthem to creation
  10. Breaking of the 7 seals
  11. Marionettes
Gesamtspielzeit: 78:55 min

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