La La La Ressonance + The Astroboy - Faust

Pad / Broken Silence
VÖ: 13.09.2013
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 4/10
4/10

Zwischen Schall und Rauch

Wenn die Stadt nur noch in Splittern aus nächtlichem Schwarz, zerfahren flackernden Straßenlaternen, weiten Häuserschluchten und allerlei flüchtigen Geräuschen hinter dem Gemäuer wahrgenommen wird – dann schlägt die Stunde von La La La Ressonance. Denn die Musik des portugiesischen Quintetts stottert durch den frühen Postrock der 1990er Jahre, wie es sich selbst Tortoise heutzutage nicht mehr zutrauen. Melancholische Melodien schälen und winden sich aus einem Gerüst aus Jazz-Rhythmik und Shoegaze-Atmosphäre, die Bässe kratzen bauchig und trocken, und die Gitarren stellen sich zwar satt nach außen, haben zumeist aber alles andere als Riffing oder Licks im Sinn. Das ist eine Mischung, die sehr selten geworden ist im Postrock-Land und die allein deshalb auch mehr als willkommen ist.

Für die fiktive Vertonung des Friedrich-Murnau-Klassikers "Faust" haben sich La La La Ressonance mit Labelkollege The Astroboy um einen waschechten Elektroniker verstärkt und sich für die Produktion zudem in die Hände von Roger Seibel begeben – (Re-)Mastering-Experte für den gesamten Temporary-Residence- und Thrill-Jockey-Labelkatalog und damit bestens vertraut mit allem, was es zwischen Jazz und Emotion auf die Nachtträume der Hörerschaft abgesehen hat. La La La Ressonance füttern Seibel nun mit einem wahrlich erstaunlichen Backkatalog aus Sounds, Harmonien und Grooves. Die Melodien von "Go back and fetch it" kaskadieren ganz wunderbar, das Schlagzeug klingt dazu ebenso offensiv wie im Hall versunken. "Gretchen's downfall" geht irgendwann in düster schiebenden Dub über, ohne auch nur ansatzweise Dancehall zu meinen, und das abschließende "Saved by the belle" lässt zu ähnlichen Grundkonstanten gar die Sonne ins Wohnzimmer. "(Always read the) Small print" hingegen rockt sich in einem eintaktigen Riff zwischen Dissonanz und Atmosphäre fest, während der zehnminütige Titelsong derart vollmundig über die Toms und Rims klackert, dass jede Snare wie ein Pistolenschuss, aber auch wie das Ohr am eigenen Herzschlag klingt.

Nicht wirklich eindeutig ist auf Albumlänge hingegen die Zutat von The Astroboy auszumachen, was zweierlei bedeuten könnte: Entweder verpassen La La La Ressonance dadurch die Chance auf ein wirklich exorbitantes Statement in Postrock oder aber diese Zurückhaltung sorgt gerade dafür, dass "Faust" derart dicht klingt, wie es die Platte nun einmal tut. In jedem Fall aber ist die Produktion ungemein ausgewogen, sind die Melodien konzentriert und aufstrebend und nicht zuletzt die Sounds, Harmonien und Grooves dermaßen undurchlässig gewoben, dass man noch stundenlang durch die nächtliche Wirrniss schlendern mag, solange nur "Faust" durch die Ohrmuscheln dringt. Was diese Bilder im Kopf mit Goethes Tragödie zu tun haben, bleibt zwar ebenfalls La La La Ressonances Geheimnis – doch solange sich diese zwei Seelen zu einem einzigen Herzschlag vereinen, ist das ein weiteres Spannungsmoment in einer inspirierenden Nacht voller Splitter und Träumereien.

(Tobias Hinrichs)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Go back and fetch it
  • Gretchen's downfall
  • (Always read the) Small print
  • Faust

Tracklist

  1. See
  2. Go back and fetch it
  3. Let's take this outside
  4. Handsome stranger
  5. Gretchen's downfall
  6. Sticks and stones (may break your bones)
  7. What the devil
  8. (Always read the) Small print
  9. Faust
  10. Soliloquy
  11. Saved by the belle
Gesamtspielzeit: 53:19 min