DJ Shadow - The private press

Mo'Wax / Island / Mercury / Universal
VÖ: 03.06.2002
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Ein seltsamer Onkel

Wir wissen nicht, ob Josh Davis schon als Kind eingebleut bekam, nun ja nichts wegzuwerfen. Schließlich kann noch der kleinste Schnipsel irgendwann einmal für irgendetwas gut sein. Und während er das Prinzip des Hortens und Aufschichtens perfektionierte, entdeckte DJ Shadow auch gleich, was er mit den Unmengen von Platten denn so anstellen kann: Wiederaufarbeitung. Wackersdorf am Mischpult sozusagen. Doch mit radioaktiver Strahlung ist es hier genauso wenig weit her wie mit Radiokompatibilität. Dies ist schließlich der Mensch, der uns mit "Endtroducing" ein düsteres Geschnipsel unterjubelte, nur um wenig später an James Lavelles Seite mit dem Projekt Unkle nicht nur ein paar Kaninchen ins Scheinwerferlicht zu stellen. Das war finster, das war aufregend, das war HipHop für die Generation Prozac.

Und auch diesmal knipst DJ Shadow erst einmal das Licht aus. Die einzige Beleuchtung stammt von den Leuchtdioden des Mischers. Mal zucken ihre roten Blitze sanft, dann etwas forscher durchs Dunkel. "The private press" ruht sich keineswegs nur aus. "Giving up the ghost" sonnt sich zunächst in warmem Klingeln und nimmt dann Fahrt auf, bis sich Streicher besänftigend zu Wort melden. Anderswo wiegt sich der Groove gemächlich hin und her, während der Sampler ein paar Gitarrenklänge dazu ausspuckt. In sanftem Zweigesang kuscheln diese sich an ein Spinett heran, das wenig später an das Elfenbein des Pianos übergibt. "Fixed income" wirkt wie eine relaxte Improvisation im Jazzclub. Nur den Qualm in den Augen bringt Shadow nicht mit.

Zwischen wirren Klangschlaufen und zerhackten Beats schimmern immer wieder Melodien durch, aber so einfach läßt uns Davis nicht an sie heran. Abstrakt scheppernde HipHop-Tracks wie "Monosylabic" stellen immer wieder ein Bein, bis am sechsten Tag das Licht wartet. Der Stoßseufzer "Six days" entwickelt dank spartanischer Beilage immense Tiefe. "Tomorrow never comes until it's too late" beschwert sich ein mißmutiges Falsett, während Davis Fäden auswirft, zerfasert und das Netz seiner Klänge weiterspinnt. Spiders from Mo'Wax.

Eindrucksvoll werden Tracks aus winzigen Details zusammengeschraubt. Üblich verdächtige Samples sind hier aber nicht zu finden. Bis auf ein paar grob behauene Raps von Lareef The Truth Speaker entstammt jeder Laut obskuren Platten aus Shadows schier unüberschaubarem Archiv. Mit untrüglichem Gespür für Grooves und Stimmungen kramt er mit bis zu 80 verschiedenen Samples pro Track zusammen, was eigentlich nicht zusammengehört. So gelingt ihm eine musikalische Sprache, welche die Engländer mit dem schönen Wort "eerie" umschreiben können. Shadow läßt einen gewissen "Mongrel" in die Unterwelt hinabsteigen und mit den Untoten tanzen. Bald greift "Blood on the motorway" die Depression von "Rabbit in your headlights" auf und windet sich mit erhabener Elektronik an der Grenze zum Kitsch vorbei. "You have not betrayed your ideals / Your ideals betrayed you" klagt eine beseelte Stimme. DJ Shadow aber bleibt sich treu und erschafft mit "The private press" ein Statement, an dem sich die Zunft der Klangbastler dieses Jahr messen lassen muß.

(Oliver Ding)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Fixed income
  • Giving up the ghost
  • Six days
  • Blood on the motorway

Tracklist

  1. (Letter from home)
  2. Fixed income
  3. Un autre introduction
  4. Walkie talkie
  5. Giving up the ghost
  6. Six days
  7. Mongrel...
  8. ...meets his maker
  9. Right thing / GDMFSOB
  10. Monosylabik
  11. Mashin' on the motorway
  12. Blood on the motorway
  13. You can't go home again
  14. (Letter from home)
Gesamtspielzeit: 57:24 min

Im Forum kommentieren

Colonel Bagshot

2013-12-17 16:30:02

Six Days ist im Original 1000 mal besser

Dan

2013-12-16 23:18:27


Kann ich auch immer wieder anhören, das Album... Aber die Nachfolger, die waren danach nicht mehr so meins...

rainy april day

2012-12-02 22:26:18

Sehr gut. Was für ein Highlight ist denn bitte "You can't go home again"? Zu so was sollte man tanzen!

The MACHINA of God

2011-07-11 00:08:15

Wunderbares Album. Endlich mal wieder gehört. Guter Mann.

logan

2010-04-10 12:57:24

abwechslungsreich, in sich stimmig, stimmungsvoll, fein ausgearbeitet, zwischen avantgarde und pop ausbalanciert, elegant und zwischendurch kickend, mindestens 9,5/10.

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