Ministry - From beer to eternity
AFM / SoulfoodVÖ: 06.09.2013
Das Potpourri des Jourgensen
Al Jourgensen baut seinen Schrottplatz, den er seit 1981 betreibt, zielstrebig weiter aus. Irgendwo in den Untiefen einer gigantischen Müllpresse, zwischen Gagaismus, Republikaner-Hatz, Religionskritik und kindlichem Aufbegehren gegen hegemoniale Diskurse (Mann soll nicht kuschen) platziert Uncle Al seine manchesmal arg ungewollt komischen Hochgeschwindigkeits-Song-Kapriolen, deren zerhackte Stücke er nochmals mit dem Dampfhammer bricolagiert. Heraus kommt ein Potpourri bestehend aus Bruch, Schleuderware und Altstoff, das klingt, als würde man einem Autounfall in Gottesgeschwindigkeit lauschen.
Wo Jourgensen mit "Relapse" die Pforten zu seiner Müllkippe wieder geöffnet hat, lädt er mit seinem Trip in die Unendlichkeit nun zu einer Rückstand- und Schofel-Tupperparty auf seinem Trümmerplatz aus Altmetal und Kehrichtramsch. Alien Jourgensen weiß, wie mit schlechtem Stil und reichlich tumben, aber ironischem Proll-Humor die Fraktionen geladen werden können: Pulle auf und ran an den Rost. Das neue Abschieds-Album "From beer to eternity" wartet.
"Hail to the majesty (Peasants)" hört sich in seiner gnadenlos langweiligen Unstrukturiertheit an wie das waschmaschinen-lochfräßige Pendant zu Angelo Kellys 1990er-Patchwork-Hose. Gut, bei Jourgensen hängt noch was rostangefressenes Pulleriges raus. Man kann es treiben, aber Uncle Al weiß es meistens zu übertreiben. Auch "Punch in the face" kommt über eine Skizze zu einem Müllhaufen-Kunstwerk auf dem Schrottlager nicht hinaus. Was böse klingen soll, geht mit seiner unreflektierten provokativen Anbiederung leider nur auf die Cochones. Alle bekannten Ministry-typischen, Ende der 1980er vielleicht stilprägenden Trademarks, werden ohne Sinn und Kunstverstand vollends zweckfrei, sowie auf billigste Art zusammengeschweißt. Mit "Permawar", das zumindest durch knackiges Riffing zu gefallen weiß, grunzt sich Jourgensen durch die amerikanische Terroristenpanik. Aber mal ehrlich, Riffing allein beschert noch keine Wollust. Ähnliche Gitarrenwände hatten wir auf "Psalm 69" oder "Filth Pig" schon besser. Aber nur in der Vergangenheit wühlen ist auch nicht gesund. Weiter zu "Perfect storm". Geknüppel, Doublebass-Wettrennen, Samples, melodiearmes Gekotze. Alles wie gehabt und noch öder.
Mit "Fairly unbalanced" versucht Jourgensen wieder die Schallgeschwindigkeit zu durchbrechen, als ob es dafür irgendwann einmal einen Preis abzustauben gäbe. Seine Songs tragen etwas Tragisches. Den ständigen Versuch und das ständige Scheitern aus den sozial prekären Banlieues kontemporärer Musik herauszukommen und mit Geschwindigkeit und blödem Rotzen die übersaturierten und im Mainstream-Kapitalismus gefangenen Mit-Amis zur Umkehr auf den Schrottplatz zu bewegen. Jetzt, wo Obama für den Planeten augenscheinlich versagte und die Hoffnung verloren ist, lebt‘s sich auf dem Trümmerhaufen der Ramsch-Ansammlung besser als in der Upper East Side.
Neben Bohrmaschinen-Soul in "Lesson unlearned" und verschwurbeltem Dub-Reggae mit Metalpomp in "Thanx but no thanx", die aus dem Ministry-Einheitsbrei etwas herausstechen, gibt es lediglich Skizzen und Zusammengestückeltes auf "From beer to eternity". Es wird wieder Zeit, die Schrottplatz-Pforten zu schließen. Diesmal hoffentlich für immer.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Permawar
- Thanx but no thanx
Tracklist
- Hail to the majesty (Peasants)
- Punch in the face
- Permawar
- Perfect storm
- Fairly unbalanced
- The horror
- Side F/X include Mikey's middle finger (Tv4)
- Lesson unlearned
- Thanx but no thanx
- Change of luck
- Enjoy the quiet
Referenzen
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