The Dodos - Carrier

Polyvinyl / Cargo
VÖ: 30.08.2013
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Süßer Rausch

Mittlerweile sollte der letzte Hinterwäldler mindestens eine Platte von The Black Keys, The White Stripes oder Japandroids im Plattenschrank stehen beziehungsweise in der Medienbibliothek rumfliegen haben. Da wird ebenjenen also auch unmissverständlich klar: Rockmusik-Duos haben nicht nur den Vorteil, das erspielte Geld nur durch zwei teilen zu müssen, nein, sie können auch einen ähnlichen Druck aufbauen wie zum Beispiel zehnarmige Bands. Was der Hinterwäldler vielleicht noch nicht auf dem Schirm hat: The Dodos, die beiden Buben aus San Francisco, haben sich mittlerweile vom psychedelischen Folk emanzipiert und spielen astreinen Indie-Rock, der versierter und klüger kaum sein könnte. "Carrier" heißt die fünfte Platte, und ist sicherlich das beste Album seit dem Kritikerliebling "Visiter" von 2008. Also checkt das mal aus!

Wie vielen verkappten Meisterwerken geht auch dieser Platte eine kleine, traurige Geschichte voraus: Christopher Reimer, Buddy und Tourgitarrist von The Dodos, verstarb im Februar 2012 im Schlaf. Er war zudem auch Mitglied bei Women, einer Band, die hierzuseits auch schon mächtig gelobt wurde. The Dodos widmen ihm das neue Album und das ist schon mal eine ehrenhafte Sache, denn wenn man die Kurve kratzt, dann doch wenigstens mit einer solchen Platte als Grabstein. Die Band jedenfalls lässt sich davon nicht runterziehen und versprühen so viel Spielfreude wie schon lange nicht mehr. Die beiden US-Amerikaner trommeln und singen sich in einen süßlichen Rausch, der auch dem Hörer nicht verborgen bleibt.

Das fünfte Dodos-Album beginnt mit dem hypnotischen "Transformer", das – wie im späteren Verlauf zum Beispiel auch "Relief" – an Grizzly Bear erinnert, bevor diese mit "Shields" völlig verdientermaßen zu Bestseller-Machern avancierten. The Dodos laufen indes nicht Gefahr, Berühmtheit zu erlangen, da sie ihre Stücke zu gerne windelweich kloppen. Paradebeispiel dafür ist das große "Confidence", das mit seinem herrlichen Intro Bock auf die ganz große Hymne macht. Die einzigen, die etwas dagegen haben, sind Meric Long und Logan Kroeber selbst, weswegen sie dem Hörer am Ende auch einen Strich durch die Rechnung machen. Rumms macht es da und der Song steuert auf sein krachverliebtes Ende zu. Natürlich ist es großartig, dass The Dodos nicht immer den offensichtlichsten Weg gehen, sondern sich selbst an der lustvollen Dekonstruktion ihrer eigenen Stücke erfreuen.

Die zweite Albumhälfte gerät dann ein bisschen zurückhaltender, wobei die Gitarren immer noch Haken schlagen wie Mehmet Scholl zu seinen besten Zeiten und die Drums reinholzen, als wären sie von Jürgen Kohler persönlich eingespielt. Dennoch kommen The Dodos nie bei unbarmherzigen Blutgrätschen raus, sondern formulieren filigrane Mini-Monumente wie das aufblitzende "The current", das sicherlich zu den zielstrebigsten Songs in der Geschichte der Dodos gehört. "Destroyer" und "Death" sind für sich genommen ja eh schon ziemlich schlüssige Titel für ein Album, das den Tod verteufelt und mit den einfachen Mitteln eines Indie-Duos zu bekämpfen versucht. "The ocean" erweist sich in seiner melancholischen Sturheit als würdiger Abschluss für "Carrier", mit dem The Dodos wieder die Spitze des Indie-Tableaus erobern sollten. Müsste halt nur noch jemand den Hinterwäldlern Bescheid geben.

(Kevin Holtmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Transformer
  • Substance
  • Confidence
  • The current

Tracklist

  1. Transformer
  2. Substance
  3. Confidence
  4. Stranger
  5. Relief
  6. Holidays
  7. Family
  8. The current
  9. Destroyer
  10. Death
  11. The ocean
Gesamtspielzeit: 41:03 min

Im Forum kommentieren

Kevin

2013-09-17 02:49:02

Joa, Mehmet Scholl, diesmal. Hatte aber auch schon mal irgendwo in einem Text 'nen Lars Ricken versteckt...

koekoe

2013-09-16 23:21:35

:----) Klingt bis jetzt ganz gut, das gute Stueck.

koekoe

2013-09-16 23:20:46

Wirklich, eine Mehmet Scholl Referenz????????

Menno

2013-09-15 22:01:48

Ich finde das Album ehrlich gesagt recht langweilig. Die hatten mit "Visiter" ihr Pulver verschossen.

dogs on tape

2013-09-14 08:38:27

leicht verdiente Punkte fürs Wettbüro verpasst, aber nicht dieses schöne Album, vor allem Confidence :)

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