Speedy Ortiz - Major Arcana
Carpark / IndigoVÖ: 19.07.2013
Heute in mich gegangen. Auch nichts los.
Korn haben ein neues Album, hört man. Und Soundgarden sind ja auch wiedervereinigt. Keine Sorge, diese losen Assoziationen sagen nichts darüber aus, wie das ziemlich wunderbare Album "Major Arcana" von Speedy Ortiz tatsächlich klingt. Aber das Jahrzehnt passt schon mal. Und die Themen auch. Alle großen Stile, die in den 90ern so richtig durch die Decke gingen, haben die Torturen der Schulzeit, die Mobbereien und die Ausgrenzungserfahrungen wieder und wieder zelebriert. Stimmt schon, der Grunge, der Indierock und der New Metal haben das Selbstmitleid geadelt. Was war da sonst noch in den 90ern? Ach, der Techno, stimmt. Der ist so etwas wie der arrogantere, erfolgreichere Bruder – und suhlt sich in Selbstgerechtigkeit. Vielleicht hörten den ja die Täter von damals? Egal wie, der Rückzug ins Private ist vollzogen.
Es ist natürlich sehr, sehr naheliegend, die ollen Bilder bei Speedy Ortiz zu bemühen von den Schulranzen und Brotboxen, den verlegenen Knutschern, dem Rauchen auf dem Pausenhof und den Pöbeleien der Starken, Schönen, Doofen. Was machen eigentlich die armen, getrietzten Seelen aus Schulzeiten, die sich nicht auf die Bühnen dieser Welt trauen? Speedy Ortiz waren seit 2011 der musikalische Arm der ehemaligen Mathematikstudentin, ehemaligen angehenden Journalistin, ehemaligen Sängerin einer Pavement-Coverband ohne Männer namens Babement (yeah!) und derzeitigen Poetry-Studentin Sadie Dupuis. Mit der nunmehr präsenten Verstärkung an Bass, Schlagzeug, Gitarre, kam 2012 bereits die hörenswerte EP "Sports" heraus. Erfreulicherweise überspringt "Major Arcana" diese gesetzten Standards noch mal mit seinem arschtretenden 90ies-Indie. Zehn Songs voller formschöner Lakonie und einer von der Kette gelassenen Gitarre, die die Selbstzweifel Dupuis' immer wieder in Grund und Boden gniedelt.
Im ersten Highlight "Tiger tank" klammert sich die torkelnde Dupuis an eine herrlich eiernde Gitarre. "Fun" jagt den Gesangslehrer ums Haus, während sich Dupuis völlig zu unrecht für ihr lyrisches Wildern in Rapgefilden schämt: "Now I'm getting my dick sucked on the regular." Und "Cash cab", da kann man sicher sein, macht Nirvana genauso neidisch wie Weezer. Das Wunderbare an "Major Arcana" ist, dass es zwar brutal nach dem Studentenrock aus den Staaten klingt, der die schaurig-schönen Highschoolzeiten verarbeitet, aber die Bilder – Globalisierung sei dank – längst fernab des maßgeblichen Jahrzehnts und des lokalen Kontexts funktionieren. Zumindest für jeden Glücklichen, der die Demütigungen und die Scham der Jugend herüberretten konnte ins Erwachsenenleben. "Major Arcana" hat Köpfchen, das beweisen die Texte allerorten. Aber, besser noch, es schüttelt die ewigen Selbstumkreisungen immer wieder mit Krawall ab. Im Sinne von: Lass uns so tun, als sei es uns egal.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Tiger tank
- Fun
- Plough
Tracklist
- Pioneer spine
- Tiger tank
- Hitch
- Casper (1995)
- No below
- Gary
- Fun
- Cash cab
- Plough
- MKVI
Im Forum kommentieren
saihttam
2014-12-22 03:25:14
schicke Indie-Rock-Platte! Die Ep ist auch gut. Hab die Band wohl bisher ein bisschen zu wenig beachtet.
wilson
2014-09-28 17:35:40
bitte schenkt dieser band mehr aufmerksamkeit!
die vor kurzem erschienenenenene "real hair" ep steht der lp in nichts nach. (9/10)
tuxx
2013-08-29 20:38:13
PS: Eins der besten Rock-Alben dieses Jahr.
tuxx
2013-08-29 20:37:16
Richtig geiles Album. Schön rumpeliger 90s-Indie-Rock mit ner energischen aber doch irgendwie gelangweilten Frauenstimme.
rainy april day
2013-08-29 17:17:44
No Below mal ausprobieren! Alle Fans von Rilo Kiley können hier bedenkenlos zugreifen!
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