David Lynch - The big dream
Sunday Best / PIAS / Rough TradeVÖ: 12.07.2013
Zum Fürchten
David Lynch stand selten im Verdacht, ein besonders simpel gestrickter Mensch zu sein. Die Filme des US-amerikanischen Regisseurs, Produzenten und Drehbuchautors sind in aller Regel düstere, verstörende Parabeln, die in ihrer versponnenen Komplexität oftmals sogartige Wirkungen ausüben. Wer erinnert sich nicht an das herrliche Kuriositätenkabinett "Mulholland Drive" oder an die morbide Stimmung von "Eraserhead"? Lynch ist ein Meister seines Fachs, auch wenn viele behaupten, er habe in letzter Zeit nachgelassen. Seit 2011 widmet er sich nun auch noch der Musik und sein erstes Album, "Crazy clown time", wurde auch hierzuseits mit Lorbeeren behangen, vielleicht aus falsch verstander Ehrerbietung, vielleicht aus tatsächlicher, intrinsischer Überzeugung. Feststeht: Der Mann ist eine Legende und wer ihn kritisiert, der hat es oft nicht leicht.
Auch in seiner Musik konzentriert sich der 67-Jährige auf die Darstellung dräuender Dunkelheit, des Ungemachs, der bleiernen Schwere drückender Finsternis. "The big dream" legt hiervon eindrucksvoll Zeugnis ab. Lynch inszeniert sich darauf als moderner Blues-Musiker, der mit TripHop-Sounds experimentiert, aber letztlich leider doch immer wieder beim Schema F oller Blues-Kamellen rauskommt. Seine Texte skizzieren derweil düstere Traumlandschaften, die allerdings zu keinem Zeitpunkt mit seiner faszinierenden Bildsprache mithalten können. Denn natürlich wird bei Lynch sein bisheriges künstlerisches Schaffen als Referenz herangezogen. Misst man seine musikalischen Ambitionen mit seinem filmischen Œuvre, dann kehrt schnell Ernüchterung ein.
"The big dream" bleibt stets flach, auch wenn Lynch, der dieses Album in seinem eigenen Studio aufgenommen hat, stets versucht, Spannung aufzubauen. Die elektronischen Arrangements klingen in aller Regel unheilvoll und drückend, doch eine wirklich fesselnde Atmosphäre will sich nicht einstellen. Den Songs fehlt die Dynamik, die es braucht, um den Hörer in den Mahlstrom zu ziehen. Sie wirken oftmals wie der unglückliche Versuch, elektronische Beats und Blues unter einen Hut zu bringen, was prinzipiell schon ein schwieriges Vorhaben ist, an dem Lynch mit "The big dream" grandios scheitert.
Von einem Universal-Genie ist mehr zu erwarten als monotone Beats und nöliger "Gesang", der hier nicht umsonst in Anführungszeichen steht. Denn das größte und offensichtlichste Problem an "The big dream" ist so simpel und doch fatal. David Lynch hat eine furchtbare Stimme, die er selten unter Kontrolle hat. Immer wieder bricht sie aus, und insgeheim würde man sich wünschen, Lynch hätte ein rein instrumentales Album aufgenommen. Sicher, auch das wäre nur maximal zweitklassig, doch die Kombination aus öden Beats und dem steten Genörgel ist nicht nur eintönig, sondern auf Dauer auch regelrecht enervierend. Denn im Vergleich zu anderen Künstlern, deren Stimmen nicht überall auf Gegenliebe stoßen, ist Lynch kaum in der Lage, mit seiner Stimme Geschichten und Emotionen zu transportieren, die durch den Vortrag an Charakter und Intensität gewinnen. "The big dream" gerät folglich zur Selbstdemontage eines Mannes, dessen Stärken doch in ganz anderen Bereichen liegen. Vielleicht sollte ihm das mal jemand sagen.
Highlights & Tracklist
Highlights
- The line it curves
Tracklist
- The big dream
- Star dream girl
- Last call
- Cold wind blowin'
- The ballad of Hollis Brown
- Wishin' well
- Say it
- We rolled together
- Sun can't be seen no more
- I want you
- The line it curves
- Are you sure
- I'm waiting here (Bonus - feat. Lykke Li)
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