Past And Future - Universium
Solaris / Broken SilenceVÖ: 30.08.2013
Gewesen sein werden
"Mit Alkohol und Zigaretten / Ist die Welt vielleicht noch zu retten", behaupten zumindest Past And Future. Dabei ist dies nicht einmal solch grandiosen Typen wie der stetig von halblinks quasselnden Quarzmaschine Helmut Schmidt oder dem immerulkigen Harald Juhnke gelungen. Gott sei seiner Seele gnädig. Man lebt halt in diesem "Universium" – mitgehangen, mitgefangen. Da muss man durch, auch wenn's mal kacke läuft. Es geht ums Sein und Werden – être et devenir. Und ums Gewesensein, manchmal sogar ums Gewesenseinwerden. Damit kennen sich Past And Future aus und verpacken Ihre zeitenübergreifenden Weisen in lässigen Bluesrock, lassen indes aber auch die ein oder andere Indiepunk-Episode einfließen.
"Was ist los mein Freund? Warum enttäuschst Du die Leute in Deinem Universium?" Ab und an läuft einfach alles schief, und da stehen dann bisweilen auch einmal die engsten Freundschaften auf dem Spiel. "Mein Freund" beginnt im Low-Tempo, anklagend beziehen die Berliner Stellung. "Meist wandert das Glück vom einen Ort zum anderen und ist dann fort" – welch tragische Erkenntnis. Im Schlussdrittel machen Past And Future ihrer Wut dann endgültig Luft: Die zuvor melodieführende Gitarre zerschellt am eigenen Riff und setzt einen schallend ausklingenden Schlusspunkt. Fingerdick wie die Patina an der Eckkneipenbar kommt der Sound der Truppe daher: ein bisschen schmutzig, ein bisschen klebrig, aber mit Flair. "Du bist meine Shirley Maclaine, meine Zuckerpuppe" – wer hätte nicht gern so eine. Ein derart übercharmant vorgetragenes Liebesgeständnis hört man selten: "Wenn Du mir was sagst, ist mir das nicht schnuppe." Der Bass begleitet die Geisterbahnfahrt der Liebschaft im stoischen Rhythmus, die Gitarre umschwebt die Höhepunkte der Paarung.
Ein weiser Mann sagte einmal: "Freude und Trauer fahren meist auf der gleichen Straße, immer Richtung Trunkenheit." Ist es nicht allzu häufig so? Verzweifelt runzelt der Trinker die Stirn: "Wenn Du nicht trinken willst / Was machen wir dann?" Nur ein Schwein trinkt allein, und die Realität sitzt oftmals nur zwei Straßen weiter, einsam hinterm Tresen. "Wenn Du nicht trinken willst" – ein starker Track im Spannungsfeld von Schlucklust und Selbstmitleid, der die Grundstimmungen des Langspielers großartig resümiert und die Gefühlswelt eines Lebens im Berlin Blues umreißt, welcher immer auch auch schon ein bisschen mehr Punk war als anderswo. Der Weg in Richtung Zukunft ist hart wie die Schnäpse, die ihn pflastern. Aber es hilft ja alles nichts: runter damit, vergessen was war und frisch und voll dem Kommenden entgegen.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Mein Freund
- Shirley Maclaine
- Wenn Du nicht trinken willst
Tracklist
- Außer Haus
- Es geht voran
- Mein Freund
- Momente
- Shirley Maclaine
- Laut
- Alles was zählt
- Wenn Du könntest (Wie Du wolltest)
- Wenn Du nicht trinken willst
- Durch die Nacht
- Durch die Nacht (Reprise)
Referenzen