Sparrow And The Workshop - Murderopolis

Song, By Toad / Al!ve
VÖ: 31.05.2013
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
9/10

Folk ist ihr Hobby

Haben Sparrow And The Workshop den Vogel abgeschossen? Ach nein, das wäre ein zu gemeines Wortspiel. Selbst wenn das dritte Album der Schotten einen recht mörderischen Titel trägt und ein mutmaßlicher Spatzenschädel das Artwork des Vorgängers "Spitting daggers" zierte. Die armen Piepmätze. Doch wenigstens der Flattermann auf dem farbenfrohen Cover von "Murderopolis" erfreut sich augenscheinlich bester Gesundheit. Gleiches gilt für das Trio Jill O'Sullivan, Nick Packer und Gregor Donaldson. Der Schreiber, der vor zwei Jahren "Snakes in the grass" Chancen auf einen Sommerhit einräumte, sieht sich allerdings nachhaltig getäuscht: Finster geht's im Tale zu. Beweise? Liefern schon die beiden Opener. Und das nicht nur aufgrund der Songtitel.

Den "Pact to stay cold", den die Glasgower auf dem Vorgänger beschworen, unterlaufen sie jedenfalls von Anfang an: "Valley of death" stürzt die Harmonien zwar erst kaltblütig in einen gähnenden Abgrund aus Hall, wo O'Sullivan sie aber sogleich mit glockenklarer Stimme warm auffängt und fürsorglich zum Haus des sanften Lebensendes geleitet. Als würde Sandy Denny laut darüber nachdenken, wer nach dem Hippie-Sündenfall als erstes erschossen werden soll. Vielleicht der Typ, der zum unheilschwanger heruntergedrehten Twang von "Darkness" gerade seine Klampfe aus den aufgeweichten schottischen Highlands statt aus den Sümpfen Louisianas zieht? Besser nicht – das ist nämlich Bandkollege Packer, ohne den "Murderopolis" nur die Hälfte wert wäre. Zumal er nicht nur Gitarre und Bass, sondern auch ein Instrument namens "Basstard" spielt.

Und lässt man bei dem ein "s" weg, erweist sich dieses Album tatsächlich als uneheliches, abwechselnd liebesbedürftiges und wild um sich beißendes Kind vieler Eltern: Schwarzer Swamp-Blues belauert die schwerelose Akustikballade "Odessa", Brachialitäten nach Art von The Dead Weather oder Band Of Skulls fletschen die Zähne, immer wieder schimmert der psychotisch-surreale Indie-Rock von Throwing Muses durch – auch wenn O'Sullivan dazu nicht wie einst Kristin Hersh von Fischen singt, die mit glasigen Augen Kafka zitieren. Dafür schichtet das nur vordergründig unbedarfte "Avalanche of lust" bedrohlich synthetische Streicherflächen auf, während sich das Fingerpicking in "Flower bombs" behutsam vorantastet und dem Hörer im Refrain ein ganzes Gartencenter um die Ohren fliegt. Sag's mit Blumen: Stirb.

Doch nicht nur Mord, auch Folk ist Sparrow And The Workshops Hobby – wobei sie zumeist die blickdichte Variante mit zahnlosem statt seligem Grinsen bevorzugen. Die großkarierte Single "The faster you spin" poltert machtvoll zwischen kratzbürstigem Gothic-Stomp und Fairport Convention hin und her und beweist mit Nachdruck, dass auch zweieinhalb Minuten für viele blutige Nasen ausreichen, und dem ominösen Singsang des beschwörenden "Water won't fall" hält auch das robusteste Lagerfeuer kaum stand. Am Ende steht O'Sullivan inmitten der Asche, löscht sämtliche Reste der Glut mit ihren Stiefeln aus und wiederholt ständig: "She had a fire burning / It wasn't enough." Sich selbst oder gar ihre Band kann sie damit nicht gemeint haben. Nicht angesichts von "Murderopolis".

(Thomas Pilgrim)

Bei Amazon bestellen / Preis prüfen für CD, Vinyl und Download
Bei JPC bestellen / Preis prüfen für CD und Vinyl

Highlights & Tracklist

Highlights

  • Valley of death
  • Darkness
  • Water won't fall
  • The faster you spin

Tracklist

  1. Valley of death
  2. Darkness
  3. Odessa
  4. Shock shock
  5. Water won't fall
  6. Murderopolis
  7. The faster you spin
  8. Avalanche of lust
  9. Flower bombs
  10. The glue that binds
  11. Autumn to winter
Gesamtspielzeit: 37:59 min

Spotify

Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv