These New Puritans - Field of reeds

Infectious / PIAS / Rough Trade
VÖ: 14.06.2013
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Der perfekte Sturm

"Unsettling", also "beunruhigend" oder "aufwühlend", steht dort als einziger Kommentar. Legt man "Field of reeds", das dritte Album der britischen Band These New Puritans ein und schaut mal schnell nach den einzelnen Songs auf last.fm nach, bleibt man beim Opener "This guy's in love with you" an diesem Wort hängen. Das Original vom guten Burt Bacharach ist vergleichsweise eher harmlos. Und auch andere Cover-Versionen, von Dusty Springfield und Diana Ross über Till Brönner und Aretha Franklin über...diverse andere bis zu Noel Gallagher hatten mit großer innerer Verwirrung wenig gemein. Aber zu der Interpretation von These New Puritans passt dieses Adjektiv wie die Faust aufs Auge. Mehr noch: Man kann es auf das ganze Album anwenden.

Gut dreieinhalb Jahre nach "Hidden" überrascht die mittlerweile zum Trio geschrumpfte Band mit ihrer Mischung aus klassischen und elektronischen Elementen und serviert ihren Hörern zugegebenermaßen schwere Kost. "Field of reeds" lässt sich schwerlich nebenbei hören, während ein ganzer Durchgang bei voller Konzentration beinahe Erschöpfungssymptome verspüren lässt. Die Pianoballade "The light in your name", eigentlich ein waschechtes Liebeslied, schleicht sich langsam an, lässt dichte, dunkle Wolken über den Kopfen zusammenziehen, baut dabei eine erdrückende Atmosphäre auf und explodiert erst in der letzten der insgesamt knapp sechs Minuten in einer erlösenden Klimax. Das zerbrochene Glas zum Schluss würde bei anderen Bands möglicherweise überdramatisch wirken, hier gehört es als Showeffekt dazu.

Im darauffolgenden "V (Island song)" rückt das Piano abgesehen von einer sich wiederholenden Tastenfolge in den Hintergrund und macht Platz für den ersten deutlich elektronischeren Song, der zwar ungleich steriler als seine Vorgänger klingen mag, aber dank seines sphärischen Gesangs dennoch unter die Haut geht. Traumsequenzen erscheinen vor dem inneren Auge beim versöhnlicheren "Nothing else", wohingegen die ersten Minuten von "Organ eternal" derart mitreißend klingen, dass der plötzliche Abbruch fast eine Spur zu heftig wirkt. Eine Art futuristisches Gebet gibt es schließlich ganz am Ende mit dem Titeltrack von "Field of reeds", der in sechseinhalb Minuten mittels chorähnlichem Gesang und Frontmann Jack Barnetts mantraähnliche Zeilen "You asked if the islands would float away / If the stars run through me like a river, like the air / I said Yes" wieder dieses gewisse aufwühlende Gefühl hervorruft, das man bereits zu Anfang spürte. Das wird durch das verspielte Piano nur verstärkt, bis "Field of reeds" einfach vorbei ist und der Sturm sich wieder legt. Die innere Unruhe allerdings - die bleibt noch eine ganze Weile.

(Jennifer Depner)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Fragment two
  • The light in your name
  • Organ eternal

Tracklist

  1. This guy's in love with you
  2. Fragment two
  3. The light in your name
  4. V (Island song)
  5. Spiral
  6. Organ eternal
  7. Nothing else
  8. Dream
  9. Field of reeds
Gesamtspielzeit: 53:13 min

Im Forum kommentieren

Grizzly Adams

2022-10-04 20:33:37

Nach ner Weile mal wieder hervorgeholt. Anspruchsvoll und manchmal auch anstrengend. Ganz sicher nichts für nebenbei. Zwischen Film Noir und vertonter expressionistischer Kunst. Auf einer Popmusik-Skala weit weg von großartig. Mit dem Mut zum Entdecken und der Offenheit für Sounds jenseits der Wohlfühlzone schon auch reizvoll. Man sollte allerdings triste und dunkle Soundfarben sowie amorphe Strukturen mögen, mindestens mal zulassen. Einen Sonnenbrand holt man sich beim Hören nicht…

Herder

2014-05-14 22:09:58

Letztens live gesehen. Sehr konzentriertes und dichtes Konzert, das zum Glück nicht wirklich anstrengend wurde, sondern durchaus Spaß machte. Humor haben die nämlich durchaus auch. Kann ich also nur empfehlen.

Und überhaupt: Nach Polvos "Siberia" für mich die Platte des letzten Jahres!

caliban

2014-01-19 21:23:32

Auf jeden Fall hat die Band einen tollen weg eingeschlagen. Viel besser jetzt als noch auf dem ersten Album damals

Visitor

2014-01-17 22:29:53

Ist schon eines DER Alben 2013, finde ich. Klingt schön eigenständig, so viel Talk Talk höre ich da jetzt auch nicht raus.

h1ghfiv3

2013-09-22 20:19:15

Auf keinenfall unerwähnt lassen sollte man den herausstechend expressionistischen Gebrauch der zahlreichen klassischen Instrumente auf diesem Album.
Diese Arrangements gehören für mich zu dem besten, was ich jemals auf einer CD einer "Rockband" hören durfte!

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