Scott Matthew - Unlearned

Glitterhouse / Indigo
VÖ: 28.06.2013
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Personal Jesus

Beim nächsten Krippenspiel schnappt Scott Matthew keiner mehr die Hauptrolle weg. Denn seit seinem 2011 erschienenen, dritten Studioalbum "Gallantry's favorite son" hat er seine Paraderolle als Jesus-Double deutlich perfektioniert. Und selbstverständlich leidet er auch auf seinem neuen Werk "Unlearned" angemessen. Jedoch nicht, wie traditionell, in 11 Akten, sondern gar in 14. Allesamt Coverversionen, die er auf seine ganz eigene, sehr persönliche Art und Weise darbietet. Die Haupterkenntnis lautet allerdings auch dieses Mal: Es ist schon ein Kreuz mit der Liebe. Kein Wunder also, dass Matthew zu zartem Zeitlupen-Piano Joy Divisons "Love will tear us apart" haucht und überhaupt keine Lust hat, auch nur annähernd für Tanzbarkeit zu sorgen.

Dabei hatte er ein paar Lieder vorher noch "I wanna dance with somebody" verkündet, in einer Version, die selbst bei Whitney Houstons Beerdigung nicht fehl am Platze gewesen wäre. Wobei ein romantischer Melancholiker wie Matthew natürlich nicht verschweigen kann, dass für ihn ohnehin nur zaghaft wogender Engtanz in Frage käme. Er hat eben seine Prinzipien. Und in diesem Sinne hält der Australier es auch für ganz selbstverständlich, seine Landsleute nicht zu vergessen - auch wenn er schon lange in New York lebt. Weil AC/DC aber so schwer zu zähmen sind, fiel die Wahl auf die Bee Gees. Er covert also, und das gleich als Opener, "To love somebody". Auf einem Orgelteppich liegend, unter bedecktem Nachthimmel - "There's a light / A certain kind of light / That never shone on me."

Wenigstens geht Neil Youngs "Harvest moon" irgendwann auf und Matthew will dann doch wieder tanzen. "Let's go dancin' in the light", singt er, und es ist ausgesprochen erstaunlich, dass seine anfänglich gefühlt doppelt so langsame Version dann doch nur 40 Sekunden länger dauert als das Original. Dafür ist sie mit der sanften Kombination aus Klampfe, Klavier und Bass dann aber auch mindestens zweimal so rührend. Radioheads "No surprises" in einer Ukulele-Version ist hingegen tatsächlich wenig überraschend, kennt man ja schon von Amanda Palmer. Wen man bislang jedoch noch nicht kannte: Matthews Vater Ian, der mit ihm zusammen Kris Kristoffersons "Help me make it through the night" interpretiert. Auch wenn die Stimme des Seniors deutlich tiefer ist, hört man doch sehr gut, woher der Sohn sein außergewöhnliches Timbre hat.

Bemerkenswert ist auch, dass Matthew sich gleich für zwei Songs entschieden hat, die durch Aufnahmen von Nat King Cole bekannt geworden sind: "L.O.V.E." und das von Charlie Chaplin geschriebene "Smile", hier in einem überaus hinreißenden Duett mit The-Divine-Comedy-Sänger Neil Hannon. Zur Gitarre gesellt sich währenddessen ein Akkordeon und das Gefühl, dass das hier zweifelsohne einer der Höhepunkte der Platte ist. Ebenso hübsch: das bei Rod Stewart ausgeliehene "I don't want to talk about it" und die wunderbar filigrane, von einem Cello eingerahmte, beinahe kammermusikalische Version von John Denvers "Annie's song". Passend zu Matthews Äußerem gibt es mit "Darklands" außerdem noch ein Stück von The Jesus & Mary Chain, und auch das gelingt ihm ganz hervorragend. Nach dem Album soll noch mal einer behaupten, dass wir alle nicht Jünger werden.

(Ina Simone Mautz)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • I wanna dance with somebody
  • Smile (feat. Neil Hannon)
  • Help me make it through the night (feat. Ian Matthew)
  • I don't want to talk about it

Tracklist

  1. To love somebody
  2. I wanna dance with somebody
  3. Darklands
  4. Jesse
  5. Smile (feat. Neil Hannon)
  6. Help me make it through the night (feat. Ian Matthew)
  7. No surprises
  8. L.O.V.E.
  9. Love will tear us apart
  10. There's a place in hell for me and my friends
  11. Harvest moon
  12. I don't want to talk about it
  13. Total control
  14. Annie's song
Gesamtspielzeit: 54:00 min

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