TesseracT - Altered state

Century Media / EMI
VÖ: 24.05.2013
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Die Änderungsschreiner

Da ging eine zwanghafte Erfindung einer Schublade ja mal so richtig schön ins Beinkleid. Denn so schnell der Stempel "Djent" aufkam, so schnell war er auch schon verpönt. Meshuggah-Riffs machen halt doch nur richtig Spaß, wenn sie tatsächlich von Meshuggah sind, und das Gebrülle mancher Vertreter am Mikrophon passt ob seiner Monotonie allzu oft eher zu Metalcore-Geballer denn zu verzwickt gewobenen Rhythmus-Teppichen. Es gilt also, Alleinstellungsmerkmale zu finden. Im Fall von TesseracT, neben Periphery und Between The Buried And Me durchaus zu den Genre-Vorreitern zu zählen, kommt erschwerend hinzu, dass die als Soloprojekt ihres Gitarristen Acle Kahney gestarteten Briten in ihrer kurzen Laufbahn bereits mehr Sänger verschlissen haben als andere Leute Socken.

So paradox es allerdings klingt: Es war das beste, was TesseracT passieren konnte. Denn die passenderweise "Altered state" (zu Deutsch: veränderter Zustand) betitelte Platte glänzt durch den neuen Vokalisten Ashe O'Hara mit jeder Menge neuer Einflüsse, die die Schublade "Djent" sehr schnell sehr eng werden lässt. Denn O'Haras entrückter, ätherischer Gesang schwebt wie ein Teppich über den nach wie vor komplexen Riffs, wirkt wie ein sanfter Mantel, der die wuchtige Produktion umhüllt. So kleidet sich zum Beispiel "Of matter - proxy" zu Beginn wie eine Melange aus Anathema und Tool, nur um im Mittelteil kurz durch einen mörderischen Stakkato-Groove zerrissen zu werden.

Dass die Briten dennoch ruppig können, zeigen sie eindrucksvoll besonders im zweiten Akt des Konzeptalbums. Denn gerade bei "Of mind - nocturne" und "Of mind - exile" ist das Wechselspiel aus monumentalen Gitarrenwänden und sachte perlenden Keyboards phänomenal überzeugend. Will sagen: Nicht alles zündet beim ersten Durchlauf, sondern verlangt und verdient mehrere intensive Durchläufe, um seine Magie zu entfalten. Dennoch kommt früher oder später der Moment, an dem die noch nicht einmal übermäßig progressiven, aber höllisch effektiven Riffs wie Widerhaken wirken, den Hörer mitreißen, um ihn einmal mehr in sanfte Kissen wie dem träumerischen Mittelteil von "Of energy - singularity" zu betten.

Bereits das Debütalbum "One" hatte viele gute Momente, wirkte aber mitunter monton aufgrund der permanenten Hatz nach Aggression zwischen Gitarre und Gesang. "Altered state" bricht vor allem Dank Ashe O'Hara aus genau dieser Monotonie aus und sprengt geradezu im Handstreich die Grenzen des nicht immer geliebten Genres. Auch wenn Meshuggah nach wie vor hörbar Pate für die Riffs stehen, profitieren TesseracT von dieser neuen Variabilität und bewegen sich in der Schnittmenge zwischen der Intensität von Tool, der Atmosphäre von Anathema, der Brutalität von Gojira und dem Spieltrieb von Coheed And Cambria. Wenn die Briten dieses Potenzial weiter zu nutzen verstehen, geht gerade ein neuer Stern am Himmel des Progressive Metal auf. Ganz ohne Schubladen.

(Markus Bellmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Of matter - proxy
  • Of mind - nocturne
  • Of reality - eclipse

Tracklist

  1. Of matter - proxy
  2. Of matter - retrospect
  3. Of matter - resist
  4. Of mind - nocturne
  5. Of mind - exile
  6. Of reality - eclipse
  7. Of reality - palingenesis
  8. Of reality - calabi-yau
  9. Of energy - singularity
  10. Of energy - embers
Gesamtspielzeit: 50:44 min

Im Forum kommentieren

Sroffus

2023-02-26 01:44:36

This life of stone
The hand of god I'm too tempted to bribe
I'm getting old and growing paralyzed
We're all alone
Until we let our minds take to the skies
Our blood runs cold yet we remain alive

So wird's gemacht!

Kamm

2023-02-24 19:56:54

Vielleicht ihr bestes Album.
Songs wie Exile vereinen für mich das Beste aus zwei Welten: Die Melodien und Gesangsharmonien sind Pop-Weltklasse; gleichzeitig wird einem der Kopf mit Parts wie dem ab 7:10 schwindelig gespielt. Ernsthaft, der haut mich beiom mitrechnen jedes Mal raus. :D

Ich kenne außerdem wenig Stimmen, die so herrlich weich sind. Auf keinen Fall die Instrumentalversion; das würde in dem Fall die Kompositionen schmälern.

Sroffus

2023-02-24 18:22:26

Nein!
Ashe O'Hara ist Gott!

nörtz

2023-02-24 08:00:11

Die Instrumentalversion!

Sroffus

2023-02-24 01:05:22

Fettes Album!

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