James Skelly & The Intenders - Love undercover
Cooking Vinyl / IndigoVÖ: 31.05.2013
Kein Gnadenbrot
Bitte nicht mehr anrufen: Unseren Informationen zufolge geht es The Coral gut. Nicht dass Plattentests.de inzwischen zur Call-in-Show für vermisste Retro-Bands mutiert wäre - aber die Funkstille um die bislang in regelmäßigen Abständen präsenten Liverpooler dürfte zumindest diejenigen sorgenvoll umtreiben, die statt Suppe nur Pilzköpfe in selbigem haben. Dass der Frontmann nun mit einer eigenen Gruppe um die Ecke kommt, ist allerdings kein Grund zur Beunruhigung. Seine Hauptband, so lässt James Skelly verlauten, habe durchaus neues Material im Sinn, und die Mitmusiker seien eigentlich nur dabei, damit auch der Letzte begreift, dass er nicht bloß solo auf der Akustischen herumklimpert. Doch hatte wirklich irgendjemand ernsthaft eine nennenswerte Kehrtwendung von diesem Ausflug erwartet?
Nun hat es der Liverpooler nicht nötig, als sein eigener Lückenbüßer zu fungieren und stellvertretend einen abgespeckten Mercy-Beat zu klopfen, während die Kollegen allmählich mit neuen gemeinsamen Songs schwanger gehen. Wobei das mitunter nicht die schlechteste Idee ist. Zum Beispiel wenn der Opener "You've got it all" zwar eher unspektakulär, aber beschwingt zu Northern-Soul-lastigem Geklimper Richtung Sixties eilt und "Do it again" mit abgeschnittenem Hall auf der Stimme und kratzigen Riffs erstmals richtig in Wallung kommt, während Hammer und Amboss im Hintergrund das Metronom geben. Und für alle, denen da noch nicht warm ums Herz wird, dreht Skelly mittendrin auch gerne die Bläser-Heizung auf. Wäre schließlich gelacht, wenn es nicht noch etwas weiter zurück ginge in der Geschichte der Popmusik.
Da nimmt es nicht Wunder, dass die Themen nicht nur bei den ersten Songs recht eindimensional bleiben. Außerdem in der Verlosung befinden sich nämlich Titel wie "You and I" oder "Here for you" - nein, mit so messerscharfen wie amüsanten Tragikomödien in Sozialromantik wie The Corals "Bill McCai" ist mitnichten zu rechnen. Vermutlich würde so etwas sogar nur störend wirken. Leider gibt es auf diesem Album aber auch Dinge, an denen man sich mit Recht stören kann und die ihm einiges an Charme und liebenswerter britischer Starrköpfigkeit nehmen. Womöglich mag sich Skelly verschiedentlich Vorwürfen ausgesetzt gesehen haben, seine Band pflege das Beatles-Epigonentum - doch dass er diesen ausgerechnet mit ein paar piefigen Hofknicksen gen Classic Rock entgegentritt, kann einem "Love undercover" schon ein wenig verleiden.
"Here for you" ist jedenfalls kaum mehr als ein laues Wiederkäuen des totgenudelten Radio-Standards "Jack & Diane" von John Mellencamp aus der Zeit, als dieser sich noch Cougar nannte. Und Creedence Clearwater Revivals "Have you ever seen the rain", das dem Hörer aus "You and I" entgegenhüpft, sollte beim Harmonienklau doch bitte das Gegenteil von Welpenschutz genießen. Aber da Skelly ein fähiger Mann ist und seine Begleitmusiker entsprechend heißen, lässt er in der Folge die besten Absichten walten, das wieder gutzumachen. Mit dem groovigen Piano-Rumpler "Set you free" oder "I'm a man", einem Tex-Mex-Ohrwurm samt Burrito-Bläsern, heruntergedrehten Surf-Gitarren und einem Hauch von Styx' "Boat on the river". Kein Gnadenbrot also am Mersey - und bis zum nächsten Album von The Coral kann man sich leidlich unterhalten fühlen.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Do it again
- Set you free
- I'm a man
Tracklist
- You've got it all
- Do it again
- Here for you
- Sacrifice
- Searching for the sun
- You and I
- Set you free
- Turn away
- What a day
- I'm a man
- Darkest days
Referenzen