Melvins - Everybody loves sausages
Ipecac / SoulfoodVÖ: 03.05.2013
Die Phosphatstangen
Das Kollektiv Melvins, das früher mal die Band Melvins war, hat sich zusammengefunden, um ein Album mit Coversongs aufzunehmen. Ungefähr ein Dutzend Gäste, die mal mehr und mal weniger zu tun bekommen, haben Buzz Osborne und Dale Crover sich dazu ins Studio eingeladen. Wer gerade fester Bestandteil der Band ist und wer nicht, verschwimmt dabei genauso wie ein kohärenter Sound und Stil. Und etwas anderes erwartet man ja von der vielleicht seltsamsten Rockband der Welt auch nicht. Das Problem von "Everybody loves sausages" ist eher die Vorhersehbarkeit in anderer Hinsicht.
Denn natürlich schwankt die Auswahl der Songs zwischen seltsam-krude und genial-ambitioniert. Als Osborne und Konsorten auf "The crybaby" sich das letzte Mal an fremden Songs versuchten, versammelten sie Nirvana, Hank Williams und Merle Haggard. Diesmal finden sich Venom, Queen und The Kinks unter den Opfern. Paradoxerweise ist diese unorthodoxe Mischung genau das Vorhersehbare und Melvins-typische an "Everybody loves sausages". Vielleicht hat die Band das geahnt und setzt deswegen noch einen drauf: Neun der Songs werden auch als Vinyl-Single veröffentlicht, mit jeweils einem zweiten Cover derselben Band auf der B-Seite.
Vor dem angekündigten Overkill kann man sich also erst mal mit einem Song von Bands bekannt machen, von denen man entweder zu Recht noch nie etwas gehört hat oder deren Songs schon zu Tode gecovert wurden. Die Melvins lassen es sich nicht nehmen, David Bowies "Station to station" noch etwas in die Länge zu ziehen. J.G. Thirwell (Foetus) verpasst dem Text einen Grunge-Anstrich, während sich die Band fast wiederwillig durch die Akkorde schleppt und gleichzeitig die ikonischen Leadgitarren ziemlich gut zur Geltung bringt. Das Schmissige geht dem Song verloren, aber wer erwartet ernsthaft eine Gute-Laune-Platte von den Melvins?
Also bekommt natürlich auch "Black Betty" eine leider grausige Schredder-Kur verpasst, und Roxy Musics "In every dream home a heartache" klingt noch gespenstischer als das Original, nicht nur weil der Song am Ende in flirrenden Flanger-Effekten untergeht, sondern auch weil Jello Biafra den ersten Teil mit seltsam zitterndem Pathos in der Friedhofsstimme vorträgt. Einzig Queens "You're my best friend" zwirbelt sich durch seine zweieinhalb mit Keyboards und Chören verzierten Minuten in allerbester Laune. Das allerdings klingt vor allem im direkten Anschluss an Venoms "Warhead" dann doch wieder unheimlich.
Mit den Umsetzungen der Songs und der Spannungskurve der Platte punktet die Band auf jeden Fall. Für Ablenkung von den schwer verdaulichen Brocken sorgen die kürzeren Punkrocker zwischendurch: "Timothy Leary lives" stammt eindeutig aus Kalifornien, und Mudhoneys Mark Arm schleift "Set it on fire" von The Scientists ziemlich überzeugend durch den Staub. Die Melvins experimentieren gerne, daher ist der eine oder andere Ausfall wie das schleimige "Romance" von Tales Of Terror oder die abschließende Nullnummer "Heathen earth" von Throbbing Gristle wohl zu erwarten. Abgesehen davon ist "Everybody loves sausages" zweifellos eine der besseren Platten im Bereich der so oft uninspirierten Coveralben - mit Stimmungen in rot und weiß, versteht sich.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Warhead (Venom)
- Station to station (David Bowie)
- Timothy Leary lives (Pop-O-Pies)
Tracklist
- Warhead (Venom)
- You're my best friend (Queen)
- Black Betty (Lead Belly)
- Set it on fire (The Scientists)
- Station to station (David Bowie)
- Attitude (The Kinks)
- Female trouble (Divine)
- Carpe diem (The Fugs)
- Timothy Leary lives (Pop-O-Pies)
- In every dream home a heartache (Roxy Music)
- Romance (Tales Of Terror)
- Art school (The Jam)
- Heathen earth (Throbbing Gristle)
Referenzen
Spotify
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