Ocean Colour Scene - One from the modern
Island / UniversalVÖ: 13.09.1999
Brit-Pop ist tot, lang lebe Brit-Pop
Wir alle erinnern uns an jene selige Zeit irgendwann um 1995 Oasis waren gerade ganz groß, Blur die ewigen Kontrahenten, jede Band die auch nur einen britischen Verwandten hatte wurde von den Majors begeistert gesignt, kurz: Brit Pop war "The next big thing".
Und was ist heute: Blur spielen einen stark amerikanisch angehauchten (wenn auch genialen) Lo-Fi-Rock, Oasis kämpfen mit Kreativproblemen, Radiohead haben schon lange nichts mehr von sich hören lassen (paßten mit ihrer Melancholie aber nie wirklich ins Brit-Pop-Gerüst) und Bands wie Placebo oder Muse sind musikalisch doch schon weit weg von den Brit-Pop-Wurzeln. Nur eine kleine Band, die damals in dem ganzen irgendwie mit nach oben kamen, klammert sich hartknäckig an das alte Konzept: Ocean Colour Scene.
Jetzt ist also ihr neuer Output da, betitelt wurde er "One from the modern", obwohl ich das nun wirklich nicht ganz nachvollziehen kann, da eigentlich alles beim alten geblieben ist. Innovation oder Veränderung sind ganz offensichtlich Fremdwörter für die Jungs von der Insel. Zwar spielen sie die immer gleichen Melodien unterdessen mit einer beeindruckenden Perfektion, doch traurigerweise ist das Album so glatt und lieb ausgefallen, daß man es zwar, liegt es einmal im Player, wohl kaum abschaltet, nur hat man das Gehörte leider Sekunden später vergessen. Brave Texte, die ein bißchen Revolution vortäuschen sollen wie beispielsweise die erste Single "Profit in peace" treffen auf gutgemachte Ohrwurm-Melodien, die irgendwo zwischen Live, Travis und älteren Blur Stücken liegen. Ein echter Knaller fehlt dem Album leider völlig.
Auch scheint das ganze irgendwie nicht mehr recht in die Zeit zu passen. Vor 4 Jahren wäre ich möglicherweise schon eher vor Begeisterung im Kreis gesprungen hätte die eingängige Stimme des Frontmanns Simon Fowler gelobt und wäre bemüht gewesen die Songtexte auswendig zu lernen, heute ringt mir das Ganze nur noch ein mühsames " Ganz nett" ab. Jeder Song erweckt dieses "Hab ich irgendwo schon mal gehört"-Gefühl, die Melodien sind eingängig, aber leider schon lange abgegrast. Das ganze Album klingt so, als ob man auf keinen Fall irgend jemandem weh tun möchte und sich nur erhofft irgendwie noch ein paar letzte Märker zu machen, bevor man endgültig in den Annalen der Popgeschichte verschwunden ist. Dies ist im übrigen sogar vortrefflich gelungen, da bei unseren Nachbarn von der Insel die erste Singleauskoppelung sogar den Chartsplatz 1 für zwei Wochen erobern konnte.
Abschließend läßt sich also sagen, daß ohne eine gravierende Änderung für Ocean Colour Scene wohl spätestens mit dem nächsten Album die absolute Bedeutungslosigkeit winkt und daß auch an dieser Scheibe wohl nur Leute Spaß haben werden, die mal wieder so richtig britisch unterhalten werden wollen. Und nur in Glanzmomenten des Albums wie der wunderschönen Folk-Ballade "So low" trauert man für Sekunden dem Potential der Band hinterher.
Highlights & Tracklist
Highlights
- So low
- Families
Tracklist
- Profit in Peace
- So low
- I am the news
- No one at all
- Families
- July
- Jane she got excavated
- Emily
- Chambers
- Soul driver
- The waves
- I won't get grazed
Referenzen
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