Treetop Flyers - The mountain moves
Loose / Rough TradeVÖ: 03.05.2013
Würdige Worte
"Let's go back now to the start" ist die erste Zeile von Treetop-Flyers-Sänger Reid Morrison im Eröffnungstrack "Things will change". Recht hat er. Wohl gemerkt nicht bis Anno Domini, vielmehr in die 60er Jahre, als David Crosby zwar noch mehr Oberlippenbart trug als Jean Pütz, aber mit den Kollegen Stills, Nash & Young vokalharmoniertrunkenen wie prägenden Folk-Rock bastelte, und The Band sichtlich wohlgesonnen Country ihrem Quirl unterwarfen. "The mountain moves" ist in letzter Konsequenz sodenn eine schallende Ohrfeige für das digitale Zeitalter, eine analog aufgenommene Leuchtrakete, die, im fernen London initiiert, die Seele des Americana-Liebhabers in den Staaten zum Strahlen bringt.
Und dafür war es wohl gar nicht mal abträglich, dass sich die Aufnahmen in Los Angeles verzögerten. Produzent Noah Georgeson war noch so sehr in die Platte von Devendra Banhart vertieft, dass die britischen Treetop Flyers unverrichteter Dinge vor der Studiotür stehen bleiben mussten. Um eine Verspätung in Dimensionen des Berliner Flughafens kam das Quintett zwar herum, doch mussten irgendwie zwei Wochen überbrückt werden. Sie entschlossen sich zu einem Roadtrip, um Südstaatenluft einzuatmen, Gram Parsons' Memorial zu besuchen und zum Abschluss der Tour den eingesammelten Wüstenstaub über der Atmosphäre ihrer Songs auszuschütteln.
Zu keiner Zeit wirken Treetop Flyers aufgesetzt, auch wenn sie die von ihnen honorierten Dekaden nicht hautnah miterlebten. "The mountain moves" ist eine grundehrliche Platte geworden. Zu den Erinnerungen an seinen verstorbenen Vater erzählt Morrison in "Waiting on you" von damals, als er im Kindesalter glaubte, Elvis zu sein und sich auch entsprechend bewegte. Schon im nächsten Song macht er der holden Rose den Hof: "Come on Rose, won't you dance with me / Come on Rose, we were meant to be", bittet der Frontmann zum Tanz im countryesken "Rose is in the yard".
Wenn Rose noch auf einen Song bleibt, kann sie gerne weitertanzen zu Fleetwood-Mac-Klängen in "She's gotta run". Mit "Haunted house" haben Treetop Flyers dann so etwas wie einen komprimierten Überblick über ihr künstlerisches Schaffen ins Albuminnere gesetzt. Im Kern stehen einmal mehr die drei Gitarren, die hier nach Folk, Country und Rock greifen, Tempowechsel anbieten, Soli einstreuen und die Klimax auf sechs Minuten Länge herzlichst befeuern.
Das Quintett hält aber auch seine Soul-Vorliebe nicht im Verborgenen und lässt ihr mit "Shoop shoop"-Background-Chor in "Postcards" schließlich freien Lauf. Der laut Band-Legende erste gemeinsame Song schließt "The mountain moves" ab: ein minimalistisch gehaltenes Folk-Lied im Sinne und Stil von Simon & Garfunkel, mit einer würdigen Frage im Kern: "Is it all worth it in the end", horcht Morrison ins Rund und beendet das Album. Entschuldigung? Aber so was von!
Highlights & Tracklist
Highlights
- Waiting on you
- Haunted house
- Making time
- Is it all worth it
Tracklist
- Things will change
- Houses are burning
- Waiting on you
- Rose is in the yard
- She's gotta run
- Haunted house
- Postcards
- Making time
- Picture show
- Storm will pass
- Is it all worth
Referenzen
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