The Ocean - Pelagial
Pelagic / Metal Blade / SonyVÖ: 26.04.2013
Die Tiefseetaucher
Verdientermaßen haben The Ocean ihren Erfolg mit dem tollen Album-Doppelpack "Heliocentric" und "Anthropocentric" in vollen Zügen ausgekostet. Vor allem in Form von Touren, die die Wahl-Schweizer aus Berlin als Support von Opeth, Devin Townsend oder The Dillinger Escape Plan zu so nahe liegenden Auftrittsorten wie Sibirien oder China führten. Nebenwirkung dabei: Irgendwann forderte der Tourstress seinen Tribut in Form eines längeren, krankheitsbedingten Ausfalls von Sänger Loic Rossetti. Was also tun, wenn die nächsten Aufnahmen anstehen? Im Fall des selbst ernannten Band-Kollektivs war die Antwort klar: Dann wird die nächste Platte halt instrumental. Glücklicherweise meldete sich Rossetti gegen Ende der Aufnahmen wieder fit, und so wird "Pelagial" halt in doppelter Ausfertigung geliefert: Einmal mit, einmal ohne Vocals.
Das faszinierende daran: Die nachträglich eingesungenen Parts wirken zu keiner Zeit künstlich angeflanscht, sondern verleihen dem Albumkonzept sogar noch weitere Facetten. Womit wir beim im Unterschied zur Sängerfrage tatsächlich komplizierten Part wären, nämlich der Idee hinter "Pelagial". Den eigenen Bandnamen wörtlich nehmend, hier ein kleiner Exkurs in die Ozeanographie: Unter dem Pelagial versteht man die Aufteilung der Ozeane in die verschiedenen Tiefenzonen, namentlich Epipelagial, Mesopelagial, Bathypelagial, Abyssopelagial und Hadopelagial. Näheres liefern die einschlägigen Lehrbücher des geringsten Misstrauens.
Die Expedition, und nichts anderes ist "Pelagial", beginnt also an der Oberfläche, passend instrumentiert durch sachte perlende Pianoklänge, bevor "Mesopelagic: Into the uncanny" den Hörer auf eine progressiv-turbulente Reise durch die mittleren Tiefen des Meeres schickt, immer wieder unterbrochen durch tückische Strudel oder plötzliche Strömungen, symbolisiert durch faszinierende Breaks oder eben Rossettis Eruptionen, der in seinem lyrischen Konzept parallel dazu eine Reise in das Innere der Seele antritt und dazu offenbar sehr gründlich seinen Freud studiert hat.
Passend dazu wird das - als ein einziger Song konzipierte und abgemischte - Werk immer düsterer, immer mehr zu einem Trip ins Unbekannte. Der unfassbare Druck der großen Tiefe bahnt sich in wütenden postmetallischen Ausbrüchen den Weg, wie ein Mahlstrom, der den Hörer immer weiter in die Tiefe zieht. Bis, ja bis zum Ende der Reise, die in den ambient-artigen Ausflügen von "Hadopelagic II: Let them believe" oder "Demersal: Cognitive dissonace" beziehungsweise den tonnenschweren Doom-Riffs von "Benthic: The origin of our wishes" ihren Kulminationspunkt findet.
Wohl selten passte das Attribut "vielschichtig" so sehr wie zu dieser Platte. Die Ableitung der verschiedenen ozeanischen Zonen als musikalisches Konzept zu den einzelnen Schichten der Seele in den Lyrics ist schlicht meisterhaft, auch wenn an einigen wenigen Stellen der ein oder andere Orchesterpart von den nachträglich produzierten Vocals niedergebrüllt wird. "Pelagial" öffnet die Tür zu unzähligen Expeditionen unter dem Kopfhörer, ein Werk voller zu ergründender Tiefe. Oder schlicht: Das Opus Magnum von The Ocean. Faszinierend. Entrückend. Bravourös.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Mesopelagic: Into the uncanny
- Bathyalpelagic III: Disequilibriated
- Demersal: Cognitive dissonance
- Benthic: The origin of our wishes
Tracklist
- CD 1
- Epipelagic
- Mesopelagic: Into the uncanny
- Bathyalpelagic I: Impasses
- Bathyalpelagic II: The wish in dreams
- Bathyalpelagic III: Disequilibriated
- Abyssopelagic I: Boundless vasts
- Abyssopelagic II: Signals of anxiety
- Hadopelagic I: Omen of the deep
- Hadopelagic II: Let them believe
- Demersal: Cognitive dissonance
- Benthic: The origin of our wishes
- CD 2
- Epipelagic (instrumental)
- Mesopelagic: Into the uncanny (instrumental)
- Bathyalpelagic I: Impasses (instrumental)
- Bathyalpelagic II: The wish in dreams (instrumental)
- Bathyalpelagic III: Disequilibriated (instrumental)
- Abyssopelagic I: Boundless vasts (instrumental)
- Abyssopelagic II: Signals of anxiety (instrumental)
- Hadopelagic I: Omen of the deep (instrumental)
- Hadopelagic II: Let them believe (instrumental)
- Demersal: Cognitive dissonance (instrumental)
- Benthic: The origin of our wishes (instrumental)
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The MACHINA of God
2023-06-20 09:08:00
Nur die erste Disc, 5 Songs. Der Rest ist wie meist bei ihnen eine Mischung aus Epik und Härte.
ToRNOuTLaW
2023-06-20 07:50:05
Ja, meinetwegen eher Hardcore-Vocals. War mir zumindest so in Erinnerung geblieben, dass die Platte ziemlich konsequent hart durchbrettert.
The MACHINA of God
2023-06-19 17:48:40
"Precambrian" finde ich mit Abstand am besten. Da muss man allerdings die Zweiteilung etwas beachten. Die ersten 5 Songs (ich tippe mal, das ist mit DeathMetal gemint? (hör ich da nicht wirklich)) sind schon was anderes als die letzten 9, aber die sind ähnlich atmosphärisch dicht. "Pelagial" müsste ich aber endlich mal wieder hören.
NeoMath
2023-06-19 17:39:32
Precambrian find ich gut.
Ich kenne die Band und deren Disco schon lange, habe sie aber länger nicht gehört.
Und als Death Metal empfinde ich The Ocean ehrlich gesagt überhaupt nicht.
Pelagial finde ich atmosphärisch einfach am dichtesten und besonders die zunehmende Schwere (= das immer tiefere Hinabsinken in den Ozean) der Stücke finde ich sehr gut umgesetzt.
Nichtsdestotrotz bleibt ihr alleinstehendes Masterpiece für mich aber das Doppel "The Origin Of Species / The Origin Of God"
ToRNOuTLaW
2023-06-19 13:17:11
Wie hat Dir denn Precambrian gefallen? Ist ja über weite Strecken "reinerer" Death Metal, als ich das von den späteren Releases gewohnt bin. Fand ich gerade gesangstechnisch stark.
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