Dandylion - Images under construction - Selections

Propeller / Soulfood
VÖ: 22.03.2013
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Ich will keine Schokolade

"Frauen sind ein faszinierend eigenwilliges Geschlecht. Jede Frau ist eine Rebellin und gewöhnlich in wildem Aufruhr gegen sich selbst", gab Ober-Dandy Oscar Wilde seinerzeit bezogen auf das schöne Geschlecht zum Besten. Zu Marianne Sveen a.k.a. Dandylion passt dieses Zitat wie die Faust aufs Auge: Nonkonformistisch, aufrührerisch, selbstreflexiv präsentiert sich die Norwegerin auf "Images under construction - Selections". Ihr erstes Album "Images under construction" wurde 2012 auf drei EPs veröffentlicht, nun folgt diese ausgewählte Zusammenfassung ihres Erstwerks auf einer Scheibe. Im Hauptberuf ist die Singer-Songwriterin Mitglied des norwegischen Damenquartetts Katzenjammer. Während sie zusammen mit den Kolleginnen und deren 2011er-Platte "A kiss before you go" nicht so günstig abschnitt, liefert Dandylion solo wesentlich Wertvolleres.

Sveen ist eine Dampfhammer-Schreckschraube nach bestem alten Schema, aufsässig-keck wie eine Trude Herr, mit den divesk-eleganten Zügen einer Marlene Dietrich. Bei ihren Aufritten könnte man mitunter meinen, Antony Hegarty von Antony & The Johnsons wäre nunmehr wirklich eine Frau, so stimmgewaltig, ausdruckstark-selbstexponierend und mit einer derartigen Bühnenpräsenz gibt sich Sveen der Musik hin. Doch ist sie keinesfalls auf ein Schema festzulegen: In "The passenger" und "Fall Out" klingt sie rotzig-röhrig wie Yeah-Yeah-Yeahs-Frontfrau Karen O. Das elektronisch untermalte "Never look down" erscheint wie ein Peaches-Song im Popröckchen. Die Piano-Soul-Nummer "Help me forbid" zieht eine wunderbare Referenz in Richtung Fiona Apple. Das sind (fast) alles Damen, wie Wilde sie schon vor über 100 Jahren beschrieb: moderne Amazonen mit sirenenhafter Wirkung und eigenem Kopf oder auch einfach "interessante Frauen". Und eine solche ist Sveen de facto.

In "Don't take me dancing" ermahnt die Norwegerin ihren Verehrer: "Don't take me dancing / take me to America." Ganz schön anspruchsvoll, die Dame. Womit wir wieder bei Trude Herr wären: "Ich will keine Schokolade / Ich will lieber einen Mann" ist genauso eine frech-dreiste Ansage, die sich nicht mit dem Einfachsten zufrieden gibt. Dabei hat Dandylions Song aber ein derartiges Tanzpotenzial, wie Herrs Klassiker es auf keinem Dorfschwoof jemals entfalten konnte. "Images under construction - Selections" ist ein Potpourri starker Songs. Jedes Stück für sich genommen hat entweder ein ungemeines Hit-Potenzial oder aber einen nicht zu verachtenden Tiefgang.

Nach einer guten halben Stunde steht fest: Die Frau kann alles. Doch "alles" ist vielleicht ein wenig viel auf einmal, vor allen Dingen dann, wenn es auf einen Schlag herannaht. So ist der einzige Vorwurf, welcher der Compilation entgegenzubringen ist, der etwas holprige Genresprung und der etwas rumpelige Stimmungswechsel zwischendurch, worunter entsprechend das Gesamtgefüge der Songauswahl ein Stück weit leidet. Das war's dann aber auch schon und ist natürlich auch ein Stück weit an der Zusammenfassung dreier thematisch getrennter EPs festzumachen. Die Femme fatale liefert ab wie eine Grande Dame, mit einer Leichtigkeit, als wäre es nichts – stilvoll-kultiviert und juvenil-aufmüpfig zugleich, dabei aber zu jeder Zeit mündig. Oscar Wilde würde sich in seiner Aussage sicher bestätigt fühlen, oder aber ganz Dandy-like einfach noch ein Stück selbstverliebter werden.

(Pascal Bremmer)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • The passenger
  • Never look down
  • Don't take me dancing

Tracklist

  1. The monster
  2. Don't weigh your head
  3. The passenger
  4. Fall out
  5. Help me forbid
  6. Never look down
  7. Close to you
  8. Supposed to have wept
  9. Don't take me dancing
  10. Mama bear
  11. The end
Gesamtspielzeit: 37:21 min