Daniel Johnston - Space ducks: Soundtrack

Feraltone / Cargo
VÖ: 26.04.2013
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Keine Ente

Womöglich klingt es erst mal fies, aber man kann es eigentlich kaum anders ausdrücken: Daniel Johnston ist ein komischer Kauz. Das ist einfach so. Jetzt muss man natürlich bedenken, dass das alles gar nicht seine Schuld ist. Sowohl seine bipolare als auch seine schizophrene Störung wird er sich ja kaum selbst ausgesucht haben. Er ist auch weniger die unangenehme Art eines komischen Kauzes, denen man lieber nicht im Dunkeln auf der Straße begegnen will. Eher wie ein lustiger Onkel, über den man die zwei, drei Mal im Jahr, die man ihn sieht, milde lächelnd den Kopf schüttelt. Und wenn in dieser Rezension nun von "Space ducks" geschrieben wird, dem Soundtrack zu Johnstons dazugehörigem Comicbuch "Space ducks – An infinite comic book of musical greatness", von dem es übrigens auch eine App fürs iPad gibt, liegt der Schluss im Grunde recht nahe: So seltsam er manchmal sein mag, so genial scheint er zu sein.

Keine Ente ist jedoch die Story von dem Comicbuch, auch wenn sie zunächst so klingt. Die gebundene Ausgabe gibt es hierzulande für knapp 15 Euro, die iPad-App umsonst – zumindest den ersten Teil. Johnston verknüpft mit dem gesamten Projekt verschiedenste Formen der Kunst, vom Geschichtenerzählen über das Spiel bis hin zur Musik. Dass dabei Enten in Raumanzügen die Hauptrolle spielen und dass er selbst nicht mal ein Smartphone besitzt, passt eigentlich ziemlich gut zu dem Bild, das man von Onkel Johnston hat. Und überhaupt: Wer einfach mal so James Mercer von The Shins für die App ins Boot holt und Eleanor Friedberger von The Fiery Furnaces oder auch Unknown Mortal Orchestra für den Soundtrack gewinnen kann, muss eigentlich der coolste komische Kauz der Welt sein. Und so ist es auch.

Klar ist, dass man sich auch darauf einlassen muss. Das war schon bei Johnstons letzten Werken "Is and always was" und "Beam me up!" so und ist bei dem stellenweise schon sehr verdrehten Entenkunstprojekt oder Kunstentenprojekt nicht anders. Es gibt aber natürlich auch normale Songs. Das poppige "Sense of humor" etwa, bei dem Johnstons schräger Gesang einmal mehr so viel sympathischer und echter wirkt als so manch andere ausgebildete Stimmgewalt, oder auch der düstere Folk, der sich in "Mask" offenbart. Alles gar nicht so wild. Und wenn eine handzahme Eleanor Friedberger bei "Calm down" die Akustikklampfe auspackt, sind eh alle glücklich. Sogar Jake Bugg, quasi der Neue vom Dienst, darf mal ran, und macht seine Arbeit im psychedelischen "Man on the moon" erstaunlich gut - einem von zwei Songs übrigens, die offenbar nur auf der europäischen Version des Soundtracks erscheinen.

Die besten Stücke bleiben aber, bis auf eine große Ausnahme, die von Johnston selbst. Der Grund dafür dürfte ein ganz einfacher sein: Während alle anderen Musiker ihre Songs lediglich zur Verfügung stellen, ist Johnston "Space ducks". Die Liebe zum Detail und die Leidenschaft, mit der er das gesamte Drumherum erschafft, kann und möchte man ihm an keiner Stelle absprechen. Wenn er sich in Bob-Dylan-Manier mit Slide-Gitarre bewaffnet durch "Mountain" schunkelt, ist das fast genauso schön wie der Groove in "Mean girls give please" mitsamt seines bissig-ironischen Textes. Immerhin den zweiten Platz auf dem Treppchen sichern sich die Retro-Popper von Unknown Mortal Orchestra mit ihrem anfangs gewöhnungsbedürftigen, dann aber voll einnehmenden "Satanic planet". Vielleicht müssen wir das noch mal überdenken. Daniel Johnston mag vielleicht ein komischer Kauz sein – oder eine noch viel komischere, aber geniale Ente.

(Jennifer Depner)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Sense of humor (Daniel Johnston)
  • Mask (Daniel Johnston)
  • Mountain (Daniel Johnston)
  • Satanic planet (Unknown Mortal Orchestra)

Tracklist

  1. Space ducks theme song (Daniel Johnston)
  2. American dream (Daniel Johnston)
  3. Sense of humor (Daniel Johnston)
  4. Evil magic (Fruit Bats)
  5. Man on the moon (Jake Bugg)
  6. Mean girls give pleasure (Daniel Johnston)
  7. Come down (Eleanor Friedberger)
  8. Wanting you (Daniel Johnston)
  9. Mask (Daniel Johnston)
  10. Mountain (Daniel Johnston)
  11. Satanic planet (Unknown Mortal Orchestra)
  12. My favorite cage (Die Mason Die)
  13. Moment of laughter (Lavender Diamond)
  14. Space ducks (Deer Tick)
Gesamtspielzeit: 49:24 min

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