
Example - The evolution of man
Embassy / WarnerVÖ: 19.04.2013
Tschakka
Elliot John Gleaves Selbstbewusstsein ist etwa auf einem Level mit den Titan-Eiern von Oliver Kahn. Sein letztes Album "Playing in the shadows" habe die Underground-Dance-Genres in den Mainstream gebracht, unterstreicht er in einem Interview, seither coverten alle Boybands das Rezept von Songs wie "Changed the way you kissed me". Möglicherweise überschätzt da jemand seinen Einfluss, zumal er höchstselbst der Boyband The Wanted den Song "Chasing the sun" überließ. Jedenfalls ist das alles Grund genug für den als Example bekannten Gleave, "The evolution of man" im Vergleich zum Vorgänger einmal mehr weiterzuentwickeln. "It's time to make a fresh start."
Stillstand ist das letzte, was man Example vorwerfen kann. Gleave, der sich privat vorwiegend durch sämtliche Spielarten der 1990er Jahre hört, hat nun seine Leidenschaft für Rock wiederbelebt. Und ja, es ist nicht von der Hand zu weisen: Example klemmt einige Gitarren ins Gerüst, teilweise gespielt von Blurs Graham Coxon, die Elektro-Sounds wirken rougher, kantiger, verglichen mit Nine Inch Nails oder The Prodigy aber dann doch wie ein Dreirad auf dem Vorplatz der Hells Angels. "Blood from a stone" etwa, das anfangs eine Piano-Finte zu Guns N' Roses' "November rain" legt, könnte ähnlich auch bei Rihanna gelandet sein, und das Metal-Riff im Opener rülpst jeder Profi-Grunzer locker von der Tapete.
Immerhin ist Gleave textlich sehr persönlich unterwegs, berichtet vom bösen alten Ich, seelischen Abgründen und kommt über den True-You der Danceszene locker hinaus. Liegt aber natürlich auch an seiner MC-Vergangenheit. Deshalb versucht er sich auch immer wieder als Rapper, was besonders dann seltsam affektiert klingt, wenn er wie in "Crying out for help" von tonalem zu Sprechgesang switcht. Und noch seltsamer, wenn das Textblüten wie "You were frosty to me like Nixon" oder "Lost in a cave like sons & Mumford" trägt. Überwiegend gehen seine Zeilen aber schon in Ordnung. Gleave probiert eben viel aus: die mitsummbare Teilzeitschmonzette "The evolution of man", gemeinsam mit Calvin Harris den austauschbaren Dancefloorstampfer "We'll be coming back" oder den schmierigen Eurodance-Dubstepper "Perfect replacement".
Schon vor Jahren kündigte Example an, mal Headliner des Glastonbury-Festivals sein zu wollen. Zwei ausverkaufte Tourneen durch Arenen und ein Co-Headliner-Dasein beim V-Festival später, ist das nicht mehr so unwahrscheinlich. Gleave scheint sein Publikum gefunden zu haben, was man in unaufdringlichen Momenten von "Close enemies" und "Snakeskin" nachvollziehen kann. Ja selbst wenn Gleave ein The-xx-artiges Riff mit ausgehöhlten Drumbeats in "One way mirror" überklebt. Nie aber in einem ganzen Song, dafür steckt zuviel amtlicher Mist in der knappen Stunde Musik. "Say nothing" und "All my lows" kratzen näher an Pop-Schlager, Wolfgang Petry und Bierzelt-Beschallung, als Gleave vielleicht ahnt. Aber es ist ja bekannt, dass auch der Wendler im Underground klaut. Nicht.
Highlights & Tracklist
Highlights
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Tracklist
- Come taste the rainbow
- Close enemies
- Perfect replacement
- Crying out for help
- Queen of your dreams
- Say nothing
- All my lows
- The evolution of man
- One way mirror
- Snakeskin
- Blood from a stone
- Are you sitting comfortably?
- We'll be coming back (Calvin Harris & Example)
Referenzen
Spotify
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