Mudhoney - Vanishing point

Sub Pop / Cargo
VÖ: 05.04.2013
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Fuzz zum Überlaufen

Bescheidenheit ist eine Zier. Und außerdem eine Eigenschaft, mit der man Mudhoney in der Vergangenheit nicht unbedingt in Verbindung brachte. Zu tumultös war der Grunge-Lärm, für den der Vierer aus Seattle zusammen mit Nirvana als Erfinder des Genres gepriesen wurde, zu wüst der Substanzencocktail, den sich vor allem Mark Arm in den Anfangstagen einfuhr und zu großkariert der Bandname, der von Verehrung für das Werk des geschmacksunsicheren Trash-Regisseurs Russ Meyer zeugt. Doch auch Großmäuler werden älter: Arm verdient seine Brötchen inzwischen als Lagerist beim Heimatlabel Sub Pop, und "Vanishing point" ist schon das zweite Album nach "The lucky ones", auf dem er nur mehr sporadisch als Gitarrist und ansonsten lediglich als Sänger fungiert. Wobei dieser Begriff Ansichtssache bleibt.

Wenigstens solange sich der Frontmann trotzig durch die zehn neuen Stücke meckert, kräht und teufelt. Also die ganze Zeit. Doch auch im Alleingang produziert Steve Turner genug zerhackte Riffs und zerrende Soli, um die Ruinen auf dem Cover endgültig zum Einsturz zu bringen. Arm spricht derweil Schlichtes im gar nicht schlichten Abräumer "I like it small", der sich am Ende wie zum Hohn mit zehnköpfigem Chor zum grölenden Monstrum auswächst: "I'll take GG Allin over Long Dong Silver anytime." Lieber eine verstorbene Punk-Fäkalienschleuder als ein Pornodarsteller mit legendärem Gemächt - neue Bescheidenheit im Mudhoney-Sinne. Und es ist ein schlechter Fatalist, wer bei der Zeile "I don't need no Magnum, a small noose will do just fine" nicht an Kurt Cobains Ableben denken muss. Doch diesen Job erledigt die Band gerne gleich mit.

Etwa im renitenten Fuzz-Groover "What to do with the neutral", wo Turner die Pedale heißlaufen lässt und Arm an der eigenen Mediokrität verzweifelt: "I need Billy Preston to unlock this mystery." Doch der zeitweilige fünfte Beatle schüttelt nur mit dem enormen Lockenkopf und wendet sich stattdessen Bands zu, die etwas fabrizieren, das zumindest in seiner Wahrnehmung mehr mit Musik zu tun hat als dieses Album. Mudhoney wird das egal sein: "Chardonnay" schimpft gleichermaßen über unverdient hochgejubelte Kritikerlieblinge und das Kopfschmerzpotenzial vermeintlich edler Tropfen, "I don't remember you" trifft zu abgespeckter "Touch me I'm sick"-Brachialität ausgerechnet den Typ beim Einkaufen wieder, den man noch nie leiden konnte: "I don't care if you think I'm a prick / It’s clear to me you're the same piece of shit." Klarer Fall von: Du mich auch.

Und so bringt "Vanishing point" textlich wie musikalisch das Fass praktisch ständig zum Überlaufen, wenn Arm in "The final course" einen die eigene Leiche begaffenden Mob halluziniert oder beim großartig rabiaten Stakkato-Gepolter von "The only son of the widow from Nain" keifend ein biblisches Gleichnis auf links zieht. Jedoch erweist sich nicht alles auf diesem Album als so zielgerichtet, denn mutwillig hineingeschmuggelte Fremdelemente wie Synthie, Clavinet oder Theremin stopfen einige Songs eher unnötig voll und versperren den Blick, statt ihn zu schärfen - dabei hatte Arm die Gitarre doch gerade deswegen an den Nagel gehängt, um drohender Zukleisterung des Gesamtsounds entgegenzuwirken. So ganz hundertprozentig funktioniert es also noch nicht mit der Bescheidenheit - aber immerhin machen Mudhoney viel Lärm um viel.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • I like it small
  • What to do with the neutral
  • The only son of the widow from Nain

Tracklist

  1. Slipping away
  2. I like it small
  3. What to do with the neutral
  4. Chardonnay
  5. The final course
  6. In this rubber tomb
  7. I don't remember you
  8. The only son of the widow from Nain
  9. Sing this song of joy
  10. Douchebags on parade
Gesamtspielzeit: 34:11 min

Im Forum kommentieren

Van

2013-04-15 12:48:32

Obwohl mir The Lucky Ones besser gefallen hat , bin ich ganz zufrieden mit dem Neuem.
Ich bin mir sicher , dass sie das Zoom im Juni rocken werden.

Telecaster

2013-04-14 14:56:29

Gutes Album, Karten für Berlin sind auch schon gekauft.

the freewheelin Mark Arm

2013-03-27 15:23:24

I sing the song of joy!

2013-03-27 01:12:45

Scheißt mal ganz schnell auf eure Hipster-Bands!

Stream:

http://exclaim.ca/MusicVideo/ClickHear/mudhoney-vanishing_point_album_stream

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