Phosphorescent - Muchacho
Dead Oceans / CargoVÖ: 15.03.2013
Der Grenzgänger
Matthew Houck ist nicht nur ein ziemlicher Freak, sondern auch ein Getriebener in Sachen Liebe. Das ist an und für sich keine Meldung wert, doch der kauzige Houck schreibt unter dem Namen Phosphorescent Lieder darüber, die in ihrer grazilen Zerbrechlichkeit und dem sanften Großmut oft an der Grenze zum Kitsch wandeln und diese hin und wieder auch überschreiten. Mit seinem sechsten Album "Muchacho" treibt er dieses Spiel auf die Spitze und erntet dafür sehr viel Lob. Aber ist dieser Überschwang wirklich nötig? Oder hätte auch weniger Pathos zur Vermittlung seiner Botschaften gereicht?
Der Großteil der Musikpresse zeigt sich begeistert, lobt Houcks psychisch angeknacksten Country-Rock in den höchsten Tönen und feiert den Fiebertraum "Muchacho" schon jetzt als eines der Alben des Jahres. Puh. An dieser Stelle hat man zwei Möglichkeiten: Entweder man beteiligt sich am Hype oder man spielt den Miesepeter, der fusslige Barthaare in der Suppe sucht und natürlich auch findet. Nun denn: "Muchacho" ist kein schlechtes, aber sicherlich auch kein herausragendes Album, das in seiner Schlaftrunkenheit zwischen Genialität und Schnarchzapfigkeit changiert und mit dem reinen Weltsong "Song for Zula" ärgerlicherweise aufzeigt, was möglich gewesen wäre.
Dafür aber strahlt dieser herrliche Sechsminüter umso heller: Das eingespielte Sample rückt den Song in die Nähe der elektrifizierten Bright-Eyes-Songs von "Digital ash in a digital urn", dazu raunt Houck in atemberaubender Weise Verse über Einsamkeit und seine Sicht der Dinge: "Some say love is a burning thing / That it makes a fiery ring / Oh but I know love as a fading thing / Just as fickle as a feather in the stream." Recht hat er, der Herr mit der krausen Gesichtsbehaarung, und schafft nebenbei den wahrscheinlich bislang schönsten und fragilsten Song des noch kurzen Jahres. Traumhaft.
Was dann folgt, ist meist nett-beschaulicher Indie-Country mit Psychedelic-Schlagseite und Fleet-Foxes-Seeligkeit, wobei klar ist, dass die Jungs um Robin Pecknold in ihrem Forscherdrang konsequenter sind. Phosphorescent konzentriert sich hingegen auf die zärtlichen Momente, wie im Prärie-gebräunten Melancholiker "Terror in the canyons (The wounded master)" oder schunkelt sich mit dem leutseligen "A charm/A blade" in den Alt-Country-Himmel. An der Pforte sitzen Jeff Tweedy, Bill Callahan und Will Oldham und müssen entscheiden, ob sie Houck willkommen heißen. Ginge es nach den ersten fünf Stücken von uns aus gerne, die zweite Albumhälfte gefällt sich dann aber doch zu sehr in seiner wohlfeilen, groß angelegten Behäbigkeit. Und erntet damit nur ein leises Gähnen.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Song for Zula
- Ride on/Right on
- Terror in the canyons (The wounded master)
Tracklist
- Sun, arise! (An invocation, an introduction)
- Song for Zula
- Ride on/Right on
- Terror in the canyons (The wounded master)
- A charm/A blade
- Muchacho's tune
- A new anhedonia
- The quotidian beasts
- Down to go
- Sun's arising (A koan, an exit)
Im Forum kommentieren
The MACHINA of God
2019-04-28 02:13:56
"Song for Zula" ist immer noch ein Meisterwerk.
The MACHINA of God
2015-10-15 19:13:59
Gibt jetzt ein Live-Album "Live at the Music Hall".
Die drei immer wieder von mir genannten Songs lieb ich immer noch.
Triumph of Our Tired Eyes
2015-02-20 10:15:08
Unbedingt anschliessend mit Pride weitermachen. Ist sowas wie die Nacht-Version von Muchacho und hat mit Wolves und My Dove, My Lamb seine zwei besten Songs.
The MACHINA of God
2015-02-20 08:30:43
Lern ihn kennen!
Blackberry
2015-02-20 01:15:14
"Song for Zula" ist einfach nur überragend. Den Rest kenne ich leider immer noch nicht.
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