Edwyn Collins - Understated

AED / Rough Trade
VÖ: 22.03.2013
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Ode an das Leben

Manche Dinge benötigen keine großen Worte, keine unnötigen Erklärungen, keine langen Sätze: "I'm so happy to be alive", singt Edwyn Collins in "Forsooth", dem achten Stück seines achten Soloalbums "Understated". Und jeder, der sich auch nur ansatzweise mit dem Schaffen des schottischen Musikers auseinandergesetzt hat, weiß, warum dieser simple Ausruf eine so große Bedeutung hat. Nachdem er seine Band Orange Juice verließ, Mitte der Neunziger mit "A girl like you" den Hit seines Lebens hatte und nebenher andere Künstler in seinem eigenen Londoner Studio produzierte, endete 2005 das Leben, wie Collins es kannte, auf jähe Weise. Die zwei Hirnblutungen, die der Sänger nur knapp überlebte, hinterließen ihre Spuren, und der Kampf gegen den eigenen Körper begann.

Collins erholte sich von dem Schock, fand die Kraft in seiner rechten Körperhälfte wieder, lernte wieder richtig zu sprechen und zu singen und das Leben in vollen Zügen zu genießen. "I'm so happy to be alive" ist also mehr als nur eine Zeile in einem Song mit Glockenspiel, es ist eine Erklärung an die Welt und an sich selbst. Zwei Alben hat Collins seit seinem Krankenhausaufenthalt und der Reha aufgenommen, und auf "Losing sleep" von 2010 bewiesen, dass er mit jüngeren Mitstreitern wie The Drums, Franz Ferdinands Nick Kapranos oder auch mit lebenden Legenden wie Johnny Marr locker mithalten kann. Dennoch ist auch sein neues Album "Understated" vor allem eine Ode an das Leben und ein weiterer Beweis dafür, dass Collins alles andere als ein One-Hit-Wonder ist.

Einen Rückblick auf seine eigene Karriere wagt er mit "31 years", ohne dabei auch nur eine Sekunde darüber zu jammern, dass andere mit weniger Talent größer und beliebter geworden sind als er. Dass er zufrieden damit ist, wie alles gekommen ist, beweisen Sätze wie "What the heck / I'm living now" oder auch "I made it through my life once more / I feel alive, it's good to feel", während der rockige Popsong an Euphorie immer weiter dazugewinnt. Der selbstkritische Blues in "Down the line" zerbricht derweil Herzen, wenn Collins sich bei seiner Frau dafür entschuldigt, dass er während seiner eigenen Krankheit nicht für sie da sein konnte, und schafft es dennoch, aus diesem schwierigen Thema einen Song zu machen, zu dem man am liebsten lauthals mitsingen möchte.

Dass er selbst nach wie vor nicht in der Lage ist, die Gitarre selbständig so zu spielen, wie er möchte und deshalb andere Musiker diese Aufgabe auf "Understated" übernehmen mussten, tut der Stimmung keinen Abbruch. Songs wie das soulige "Baby Jean", das mit seinem Bläsereinsatz für den richtigen Schwung sorgt und dank Collins' offenen Worten auf tiefe Art berührt, funktionieren bereits in der ersten Sekunde, und das darauffolgende "Carry on, carry on" ist ein so typisches Stück für den Schotten, dass es ohne Probleme auch auf einem seiner früheren Alben hätte erscheinen können. Stampfenden Pop bietet der Titeltrack, und ganz zum Schluss gibt es mit "Love's been good to me" noch ein Cover von einer der schönsten, romantischsten und ehrlichsten Ballade überhaupt. Dem Original von Rob McKuen steht Collins in nichts nach, während er dem Song problemlos seine eigene Note verleiht. Dass hier einer wahrhaft glücklich darüber ist, am Leben zu sein, nimmt man ihm spätestens jetzt ohne Umschweife ab.

(Jennifer Depner)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Baby Jean
  • It's a reason
  • Down the line
  • Forsooth
  • Love's been good to me

Tracklist

  1. Dilemna
  2. Baby Jean
  3. Carry on, carry on
  4. 31 years
  5. It's a reason
  6. Too bad (That's sad)
  7. Down in the line
  8. Forsooth
  9. In the now
  10. Understated
  11. Love's been good to me
Gesamtspielzeit: 41:15 min

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