OneRepublic - Native
Interscope / UniversalVÖ: 22.03.2013
Steuer frei
Neulich im Jammertal des Pop: Frustrierte Musiker verstehen die Welt nicht mehr. Sie mühen sich redlich, und am Ende will ihnen der lang ersehnte Hit doch nicht gelingen. Wir empfehlen: Ryan Tedder zur Selbsthilfegruppe einladen. Oder auf Plattentests.de sein Rezept nachlesen: Der OneRepublic-Frontmann und Songschreiber für unzählige andere Popfiguren klemmt sich seine Demos unter den Arm, legt sie in den Player im Auto, kurbelt das Fenster runter, düst den Sunset Boulevard hinunter und stellt sich vor, den Song gerade aus dem Radio vorgespielt zu bekommen. Wenn's funktioniert: Prima. Wenn nicht: Überarbeiten. Fertig. Wenn dann jemand wie Tedder ankündigt, das neue Album seiner Band noch massiver und eingängiger zu gestalten, wird klar: Mit "Native" ist gut Autofahren.
Die Single "If I lose myself" ließ bereits erahnen: Nun können sich auch OneRepublic nicht mehr von Dance-Trends freisprechen. Der Song ist laut Tedder, kein Witz, inspiriert von Swedish House Mafia, deren Energie das Quintett aus Colorado in den Bandkontext zu transferieren versuchte. Gemessen am bescheidenen Output der Vorlagengeber konnte OneRepublics Flächenmonster also nur gewinnen. Immerhin halten sie den programmierten Beat der Auskopplung an der ganz kurzen Leine, so dass das einzige Dance-orientierte Stück nicht aus dem Rahmen fällt - und doch eine Besonderheit bildet. Schließlich dürfte es nur wenige Songs über Flugzeugabstürze geben, die oberflächlich zum Mitwippen komponiert sind. Tedder findet nämlich: Auch so etwas lässt sich mit dem geliebten Menschen an der Seite aushalten. Party on.
OneRepublic bringen auf "Native" mal mehr, mal weniger offensiv Gospel ins Spiel. In der ersten Single "Feel again" ist es das Zusammenspiel aus Gesang, Handclaps und sakraler Anmutung: "I was a lonely soul but that's the old me." In "Preacher" fordert Tedder auf, die Hände in die Luft zu werfen, während ihm lautstark ein souliger Gospelchor im Rücken sitzt. "Something I need" fordert den Hörer gar dreifach penetrant zum Einstimmen im beatlesken "Hey Jude"-Stil auf: Uuuhs und Heys plus Backgroundchor verkörpern da mehr Eindringlichkeit als manche Drückerkolonne. Doch "Native" sollte nun einmal massiver und eingängiger werden.
Gospel und Dance hin oder her: OneRepublic nähern sich mit ihrem dritten Album vor allen Dingen merklich dem Stadionpop an, nicht zuletzt wegen der Ohoo-Einwürfe in "What you wanted". Zudem tun sie einen großen Schritt in Richtung kleine Coldplay, denn Chris Martins Band ist omnipräsent. Etwa in "I lived", im anderthalbminütigen Schlussstück "Don't look down", das als abgewandelte Einleitung zu "Mylo xyloto" dienen könnte, und beim riesigen Gitarrenwink mit dem Zaunpfahl in der letzten Minute des schön verdreckten "Light it up". Wer also vorurteilsfrei an "Native" herangeht und den "Good life"-Doubletten-Beat von "Burning bridges" einmal außer Acht lässt, findet immer wieder gute Popsongs. Etwa "Feel again", "Can't stop", das Tedder in die Kopfstimme zwingt, und die Piano-Cello-Ballade "Au revoir". Der Mann braucht eben keine fremden Songwriter. Dafür fährt er ja Auto.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Can't stop
- Au revoir
Tracklist
- Counting stars
- If I lose myself
- Feel again
- What you wanted
- I lived
- Light it up
- Can't stop
- Au revoir
- Burning bridges
- Something I need
- Preacher
- Don't look down
Referenzen
Spotify
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