
Kashmir - E.A.R.
SonyVÖ: 22.03.2013
Ganz unten
Zu spät. Und zwar um einige Jahre. Wäre Kashmirs siebtes Studioalbum "E.A.R." direkt nach dem in anderen Sphären schwebenden "Zitilites" von 2003 erschienen, es hätte perfekt in die musikalische Entwicklung gepasst. Die letzten zehn Jahre sind allerdings auch an Kashmir nicht ohne Spuren vorbeigezogen, und irgendwie vermittelten "No balance palace" und "Trespassers" zuletzt wieder das Gefühl, als machten die Dänen es sich so langsam wieder in poppigeren Gefilden gemütlich. Aber nun gibt es mit "E.A.R." doch noch den unerwarteten künstlerischen Knall, denn dieses Album ist eventuell sogar noch etwas sperriger als "Zitilites". Und das nicht nur wegen der zwei längeren Zwischenstücke "Trench" und "E.A.R.".
Sondern auch wegen des fast neun Minuten langen "Pedestals", das die Hälfte der Zeit vor sich hin summt und sirrt, um sich dann plötzlich wie aus dem Nichts in ein wunderschönes Stück Musik zu verwandeln. Und immer droht, im weißen Rauschen des Hintergrundes doch wieder verloren zu gehen, sich aber final aus Selbstschutz in eine liebliche Pianomelodie flüchtet. Hier haben Kashmir einen wirklich großen Brocken rausgehauen. Dagegen schwebt der Opener "Blood beech" so herrlich lustlos durch den Raum, dass selbst Sänger Kasper Eistrup mit seiner manchmal einlullenden Stimme das Loch zur Hölle der Melancholie gar nicht weiter aufreißen kann.
Als Pop-Hit kommt hier einzig, allein und auch nur mit Einschränkungen die erste, wunderbare Single "Seraphina" in Frage. Obwohl auch diese etwas zu vertrackt geraten ist. Alle anderen Songs verweigern sich ob ihrer holpernden Dynamik, Länge oder Struktur dem Radio, weiden sich am oft nur latent blubbernden Elektro, der zusammen mit Eistrups Stimme eine seltsame Eiseskälte verströmt. Die Maschinen rattern vor sich hin, "Milk for the blackhearted" kratzt auf dem Boden der Gefühle die letzten Regungen zusammen, und Eistrup singt "These days are dark without you". Tiefer hinunter geht es nicht.
Am Ende wiegen Kashmir den Hörer dann aber doch noch mit "Peace in our time" in den Schlaf, einem Gutenachtliedchen für eine bessere Welt. Es ist also doch nicht alles so böse und kühl, wie es einem dieses Album zwischenzeitlich weismachen möchte. Dennoch ist den Dänen mit "E.A.R." eine wunderbar traurige, aber trotzdem hoffnungsvolle und atmosphärisch ungemein dichte Platte gelungen. Und damit nach dem 1999er Pop-Wunder "The good life" und "Zitilites" endlich der nächste große Wurf. Zehn Jahre haben sie gebraucht, um sich zu sammeln - aber wie dieses Album zeigt, ist es für einen Volltreffer nie zu spät. An anderer Stelle würde man wohl von einem Alterswerk sprechen. Hut ab.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Piece of the sun
- Purple heart
- Pedestals
Tracklist
- Blood beech
- Piece of the sun
- Peace in the heart
- Seraphina
- Milk for the blackhearted
- Trench
- Purple heart
- Pedestals
- This love, this love
- Foe to friend
- E.A.R.
- Peace in our time
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Gomes21
2025-02-22 21:57:46
E.A.R. ist bei mir irgendwie nicht so hängengeblieben, ich liebe allerdings No Balance Palace sehr. Werde das mal als Anlass für ein paar Durchgänge nehmen.
Enrico Palazzo
2025-02-22 21:47:49
Jo. Pedestals ist auch super :)
KeesPopinga
2025-02-22 21:46:24
Meine Favoriten sind Piece of the sun und Pedestals. Ganz tolles Album und tolle Band. So schade, dass dann Schluss war.
Enrico Palazzo
2025-02-22 21:12:23
Tolle Platte! Ich mag Purple Heart auch total gerne :)
The MACHINA of God
2025-02-22 21:06:50
Und "Seraphina" natürlich.
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