Coilguns - Commuters

Pelagic / Cargo
VÖ: 22.02.2013
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
5/10

Geschundener Golem

Irgendwo in den verlorenen, von Hass gefluteten Welten des Hard- und Crustcore schlummert der Golem Zorn, groß, mächtig, unhintergehbar. Das Schweizer Trio Coilguns begeht nicht nur Ritualmorde in diesen Welten und hebelt deren Grundgesetze von Grund auf aus, indem es alles auslöscht, was diese wüsten Ländereien bewohnt. Auch den Golem dirigieren sie auf die Pfade der Vernichtung und brechen ihm auch gleich die Kniescheiben. Coilguns bilden eine Patina des Schmerzes auf den oberen Schichten der Seele und erheben eine unheilige Wut zum obersten Prinzip.

Was vom dreckigen Crustcore der Marke Split Cranium übrig bleibt, wird dem eigenen Körper abgerungen und in eine fiese Hardcore-Pfütze gespuckt, wobei der Bodensatz aus geronnenen Chaoscore-Brocken wie verweste Wasserleichen nach oben treibt. Aus diesem dumpfen Brei totaler Negation formen die Schweizer das "Core"-Ungetüm schlechthin, namens "Commuters": opak, gewaltvoll und kompromisslos.

"Commuters-part 1" setzt einen brachialen Anfangspunkt in drückend dumpfem Uptempo, vertrackt, verzerrt, unhaltsam, welches das qualvolle "Commuters-part 2" in seiner Tempodrosselung und vergleichsweiser Gemartertheit konterkariert. Statt Erbitterung und Hass ein von Elend verzerrter Sprechgesang, aus dessem Joch die Wut literweise tropft. Wo Tränen im Leid fallen, sind sie blutig. "Machines of sleep" hingegen findet zu der Vertracktheit zurück, welche die vorangegangenen EPs der Band auszeichnete und entfacht schlicht Chaos. Wie eine verwahrloste Verzweiflung, deren Schrecknis keinen Ort zur Linderung findet, weil Himmel und Hölle verschlossen sind, kein Gott und keine Teufel sich ihrer annehmen können. Nur ein geschundener Körper, der den Überschuss der emotionalen Drangsal nicht im Fleisch zu halten vermag. Es verbleibt eine gegen das Außen und sich selbst gerichtete Verletzung.

"Submarine warfare anthem" verheißt im Titel nicht nur Angriff, sondern wirkt kathartisch, indem es den Ausbruch aus der Marter ankündigt: zielgerichtet auf alles und jeden. Bestien sind nur so mächtig, wie die eigenen Gedanken sie schaffen. Eine dräuende Ruhe, jene mit der Gewissheit zukünftiger Kümmernis, bietet das instrumentale "Blunderbuss committee". Es folgen Wellen um Wellen erschütterten Zorns, rasend, wie bei "Flippists/Privateers" und in ruhiger Bedrängnis in bester Isis-Tradition mit "Earthians", das wie blutige Schnitte tief unter die Haut geht. Kein Wunder, dass The Oceans Robin Staps der Band auf seinem in Berlin ansässigen Label Pelagic Records ein kreatives Zuhause gab, wo der gebrochene Golem eine künstlerisch versierte Umgebung gefunden hat. Oder wie ein altes Sprichwort so schön sagt: "Ein Bestien kennet den andern."

(Peter Somogyi)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Commuters-part 1
  • Machines of sleep
  • Submarine warfare anthem

Tracklist

  1. Commuters-part 1
  2. Commuters-part 2
  3. Hypnograms
  4. Machines of sleep
  5. Plug-in Citizens
  6. Submarine warfare anthem
  7. Minkowski Manhatten distance
  8. Blunderbuss committee
  9. 21 almonds a day
  10. Flippists/Privateers
  11. Earthians
Gesamtspielzeit: 49:56 min

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