This Town Needs Guns - 13.0.0.0.0

Sargent House / Cargo
VÖ: 01.02.2013
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

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So eine richtig klare Vorstellung von sich selbst, der Welt und ihrem Platz daherinnen hatten die Oxforder This Town Needs Guns eigentich noch nie. Ihre Rhythmussektion wurde zwischen ersten Demoaufnahmen, Debüt-Album und einigen EPs mehrfach ausgetauscht. Dann verließ mit Sänger/Gitarrist Stuart Smith eine der prägenden Figuren der ersten Jahre die Band. Und schließlich entschieden sich This Town Needs Guns auch noch dazu, ihren alten Bandnamen zugunsten des ohnehin längst genutzten Akronyms offiziell aufzugeben - und zwar nur kurz nachdem sie sich als Trio neu zusammengerauft hatten, beziehungsweise ihr Zweitwerk "13.0.0.0.0" noch unter dem alten Bandnamen erschienen war. Was heißt: This band loves change scheinbar even more than Verwirrung zu stiften. Das kürzt nicht mal der Raab, nur Plattentests.de.

Konstanz beweisen TTNG allerdings dennoch - musikalisch. Im großen Mathpop-Konzert stimmt Tim Collis seine Tappings nach wie vor in den glasklaren Hallraum zwischen Minus The Bear, Karate und Faraquet hinein. Der darf das, ist er doch einzig verbliebenes Gründungsmitglied und somit heuer mehr Patriarch als früher schon. Dies allerdings - ebenfalls wie ehedem - bloß auf dem Papier. Denn trotz Extrem-Gitarren besitzen die Songs von TTNG vor allem eine Menge Luft zum Atmen: im ausgewogenen, lockeren, runden Sound; in den schwingenden, von Synkopen durchsetzten Rhythmen von Schlagzeuger und Patriarchen-Bruder Chris Collis sowie im Gesang von Neu-TTNGer Henry Tremain: War die Intonation seines Vorgängers im Grunde ein schunkelmächtiges Relais zum Emo-Underground, so intoniert Tremain ein einziges gutmütiges und hoffnungsspendendes Indie-Pop-Schunkeln. Ganz recht: Da die Grenzen hier fließend und die Unterschiede klein sind, passt das von vornherein.

"Red wine and tan lines", befindet Tremain gleich im Eröffnungstakt von "Cat fantastic". Dazu spielen TTNG einen leichtfüßigen Veranda-Wipper, beziehungsweise ihr wohl bestes und konzentriertetes Stück Musik bislang: Auf verschorften Knien, in quergestreiften T-Shirts und voller Sommersprossen nutzt der Song seine Tappings als sehnsüchtiges Sonnenflimmern. Die folgenden "Havoc in the forum" und "Left aligned" zeigen sich da schon grundaufgeregter. Doch auch hier gelingt TTNG der Spagat zwischen Nervosität und Ebenmaß, indem die Songs zwar alle Extremitäten zugleich durch den Hintergrund schleudern, dabei aber von Tremains Stimme zur Ruhe gemahnen lassen. Das hervorragende "A different kind of tall (small)" packt dann im Rhythmus ausnahmsweise richtig zu: Nachdem Bass und Schlagzeug zuvor wieder einmal sehr versiert Collis' Tappings mitgespielt, aufgebrochen und/oder akzentuiert haben, hoppeln sie ihm jetzt vehement davon - eine nette Geste für Zwischendurch, ebenso wie der von ein paar Flageoletts zurechtmelancholierte Schlusssatz. Und wenn "2 birds, 1 stone and an empty stomach" mit seiner kleckernden Akustikgitarre und seinem klimpernden Klavier vehement auf Folkpop macht, so erinnert das ansatzweise an Mike Kinsellas American Football, viel mehr aber natürlich an dessen Soloprojekt Owen.

Aufgelockert wird "13.0.0.0.0" durch das rumpelnde Basslauf-Instrumental "In the branches of Yggdrasil" und manch andere Miniatur, die mal klassischen Mogwai-Postrock mit ein wenig elektronischem Beattickern versetzt, mal so tut, als sei Collis' Gitarre ein Cembalo, oder im Abschlusstrack ein Glockenspiel nachschiebt, weil TTNG das vorher irgendwie vergessen haben. Trotz dieser Dynamik dauert es allerdings durchaus eine Weile, bis "13.0.0.0.0" im Hinterstübchen des eigenen Sekundenschlafs keine Zicken mehr macht. Denn teils kommt diese Platte so sehr ins Schwärmen, dass auch der Hörer kaum noch weiß, an welcher Stelle er sich gerade befindet. Oder aber, ob er sich überhaupt noch in dieser Musik aufhält und nicht schon längst mit dem elektrischen Flirren der eigenen Tagträumereien Hoppehoppereiter spielt. Sprich: Ein zusätzliches Quentchen an klarer Kante stünde TTNG nicht schlecht zu Gesicht. Zu zögerlich für echten Pop, zu entrückt fürs Mathrock-Täterätätä - das ist Luft nach oben, im Grunde aber auch goldrichtig so.

(Tobias Hinrichs)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Cat fantastic
  • Havoc in the forum
  • 2 birds, 1 stone and an empty stomach
  • A different kind of tall (small)

Tracklist

  1. Cat fantastic
  2. Havoc in the forum
  3. Left aligned
  4. In the branches of Yggdrasil
  5. I'll take the minute snake
  6. 2 birds, 1 stone and an empty stomach
  7. Nice riff, Clichard
  8. Triptych
  9. Pygmy polygamy
  10. A different kind of tall (small)
  11. +3 awesomeness repels water
  12. 13.0.0.0.0
Gesamtspielzeit: 40:35 min

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