River Giant - River Giant

Devilduck / Indigo
VÖ: 22.03.2013
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Jetzt mal echt

Jede Zeit hat ihre Klischees, und für bestimmte Zeitabschnitte gibt es Stereotypen. Ist so. Und in der Musik natürlich nur allzu offensichtlich. In den 1960er Jahren waren es die coolen Rocker, die einen weiblichen Fan mit dem Blick alleine bereits zum Nackigmachen bewegen konnten, in den 1980ern waren es Glamrocker und neonfarbene Hupfdohlen, in der folgenden Dekade die Grunge-Gemeinde mit zerrissenen Jeans und trüb-wütendem Blick. Dann kamen die Bubblegum-Popper und Möchtegern-Rapper, und danach natürlich die ganzen 20-Jährigen in knallengen Jeans, weißen Shirts und Hut auf dem Kopf. Und jetzt? Blickt man sich bei den ganzen urwichtigen Preisverleihungen um, stehen da vor allem SIE auf der Bühne, um die Awards einzuheimsen. Bärtige Typen in Jeans und Stiefeln, stilecht im Flanellhemd - fehlt eigentlich nur das Pferd vor der Tür. Justin Vernon ist so einer, die Herrschaften von Arcade Fire, nicht zu vergessen Mumford & Sons, Fleet Foxes, The Low Anthem und so weiter und so fort.

Chris Early war auch mal einer von ihnen. Oder ist es immer noch. Nur steht der ehemalige Bassist von Band Of Horses und deren vorherigem Projekt Carissa's Wierd jetzt lieber hinter den Reglern als selbst auf der Bühne. Und weil es natürlich immer schön ist, ein paar talentierte Typen aus der eigenen Heimat zu unterstützen, war es für Early sicher Ehrensache, sich der drei Herren von River Giant als Produzent anzunehmen, die wie er aus Seattle stammen und bereits seit 2009 miteinander musizieren. Neu machen sie dabei nichts. Erwartet auch keiner. Aber dass sie nur die besten Komponenten der oben genannten Bands nehmen und daraus ihr eigenes Ding drehen, hat schon was. Da bluest sich ein Song wie "Western" mit ordentlich schepperndem Refrain direkt ins Ohr, während das poppige "Taylor Mountain" zum Tanzen auffordert, und bei "I permute this marriage" leiden und winden sich River Giant wie ein getretener Hund im Regen. So soll es sein.

Das Geheimnis von River Giant ist ihre Authentizität. Beziehungsweise das, was man erhalten würde, wenn man eben dieser jegliche Inszenierung rauben könnte: Zu keinem Zeitpunkt wirken ihre Songs auf dem selbstbetitelten Debütalbum aufgesetzt, das Vorurteil vom immergleichen Cowboy am Lagerfeuer wird hier genauso wenig bedient wie der ewige Jammerlappen, der mit Klampfe in der Hand rumheult, als gäbe es keinen Morgen mehr. Dennoch kann das Trio auch die emotionale Schiene fahren, wie sie auf "Ra ra" und im letzten Song "First light" eindrucksvoll beweisen, die nicht zuletzt dank des mehrstimmigen Gesangs ein wenig an "Evening kitchen" von Earlys Ex-Band erinnern. Dennoch: Richtig stark sind genau die Songs, auf denen River Giant die Zügel in die Hand nehmen. Besondere Aufmerksamkeit sollte man dabei wohl dem polternden "Fast heart" schenken, das am stärksten von den Referenzen abweicht und einen kleinen Einblick darauf gewährt, was man in Zukunft noch von River Giant erwarten könnte. Einen Sonnenuntergang vor dem Sonnenaufgang über staubiger Prärie vermutlich. In jedem Fall aber keinen verheulten Morgen mit Klampfe in der Hand.

(Jennifer Depner)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • I permute this marriage
  • Western
  • Taylor Mountain
  • Fast heart

Tracklist

  1. Out here, outside
  2. Pink flamingos
  3. I permute this marriage
  4. Ra ra
  5. Western
  6. Feel like
  7. Taylor Mountain
  8. Fast heart
  9. Missing you
  10. First light
Gesamtspielzeit: 33:42 min