Stereophonics - Graffiti on the train
Stylus / IndigoVÖ: 01.03.2013
Amp rustikal
Adam Zindani, Gitarrist der Stereophonics neben Sänger-Beau und Bandchef Kelly Jones, macht Werbung für "Artisan 30"-Blackstar-Verstärker. Laut Werbeslogan steht er auf den Sound, der klingt, als hätte man Angus Young, Brian May und Pete Townshend leibhaftig in den Amp gepackt. Hört man dabei seine Band Casino, ergibt das vielleicht Sinn, auch wenn sich viele Manchester-Einflüsse in ihr Songwriting einschmuggeln. Den lärmigen Pöbelsound von Oasis, den Herren vor dem Herrn, erreichen die in Birmingham ansässigen Casino keineswegs. Schließlich liegt Birmingham auch rund eineinhalb Stunden von Manchester entfernt. Unter dem Gesichtspunkt der Stereophonics betrachtet, verflüchtigt sich die kaufanreizende Vorliebe Zindanis für rustikalen Klang in Wohlgefallen. Selbst ein den Walisern positiv zugeneigtes Gemüt wird es kaum bestreiten können, dass die Outputs seiner Lieblinge unter der Kategorie "Glum Rock" am Besten vermarktet werden können. Auch mit "Graffiti on the train" werden Stereophonics dieses Label nicht los.
"Glum Rock" ist gewiss ein Schimpf-Etikett und bezeichnet die Musik larmoyanter Männer, die ständig hinter heruntergelassenen Jalousien in dunklen Zimmern zum Herzschmerz-Klang ihrer Gitarren weinen und später damit auf die Bühne gehen. Siehe Keane und Konsorten. Die Stereophonics hingegen wollten immer einen luftig jovialen Sound. Ja, der war schön, aber schon mit Album Nummer zwei pendelten die Waliser verstärkt in die Randgebiete der Bedeutungslosigkeit, bevor es mit "Just enough education to perform" anfing, auch weinerlich zu werden. Seither gingen vier Alben ins Land, ein weniger bombiges Soloalbum des Sängers sowie ein aufgeplusterter Klatschpressekrach mit dem ehemaligen Schlagzeuger Stuart Cable, der 2010 tragisch ums Leben kam. Zeit also, mit "Graffiti on the train" Bilanz zu ziehen.
Und siehe da, das achte Album überrascht. Das Songwriting von Mr. Jones ist hörbar gereift. Das zeigt sich vor allem an dem ungeniert dem Blues'N'Soul frönenden "Been caught cheating" und dem dezent angegospelten "No-one's perfect". Aber reicht das für einen "Great escape", wie ihn seinerzeit Blur praktizierten? Wohl kaum. Auch Zindanis Vorliebe für derb rockige Klänge wird vernachlässigt. Die Bühnensau bleibt weiterhin Jones. Wohl auch im internen Bandkosmos. Es ist wie immer sein Album, es sind wie immer seine Lieder. Jones gibt das territoriale Hoheitsrecht auch diesmal nicht aus der Hand. Auch wenn seine Kompositionen süffiger wurden im Laufe der Jahre, kann man sich schwerlich des Eindrucks erwehren, dass die als Ernsthaftigkeit camouflierte Traurigkeit schlicht zum Selbstzweck präsentiert wird, um genügend Möglichkeiten zu finden, David Arnolds Orchesterbeiträge unterzubringen. Dagegen ist nichts einzuwenden, es hinterlässt aber doch einen faden Beigeschmack. Sicherlich, Papas Praline-Heft-Sammlung ist schwiemeliger.
Auch auf Album acht kommen die Stereophonics nicht aus Jones' Haut. Das, was als Wiedererkennungs-Marker dienen soll, löst irgendwann Übersättigung aus, denn es glumt der "Glum" derart glamourös auf "Graffiti on the train", dass einem Hören und Sehen vergeht. Das ist nicht unbedingt schlecht, nein. Es heißt aber, dass Zindani in Bezug auf seine Hauptband wieder nur auf Werbeplakaten von seinem Sound träumen kann.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Been caught cheating
- No-one's perfect
Tracklist
- We share the same sun
- Graffiti on the train
- Indian summer
- Take me
- Catacomb
- Roll the dice
- Violins and ambourines
- Been caught cheating
- In a moment
- No-one's perfect
Referenzen
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