Frightened Rabbit - Pedestrian verse

Atlantic / Warner
VÖ: 08.02.2013
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Die Würdenträger

So, jetzt mal Butter bei die Fische: Den Weg, den Frightened Rabbit eingeschlagen haben, darf man sicherlich verteufeln. In den letzten Jahren ist aus der kleinen und recht hemdsärmeligen schottischen Indie-Band, die ihre Platten beim ehrwürdigen Fat-Cat-Label veröffentlichte, ein rockmusikalisches Großunternehmen mit Major im Rücken geworden. Natürlich hinterlassen die neuen Rahmenbedingungen auch gewisse Spuren im Sound der Band - so zu hören auf dem neuen Album "Pedestrian verse". Die Entwicklungen der letzten Alben werden dabei konsequent weiter gedacht, wobei das Quintett die größeren Möglichkeiten auszuschöpfen weiß. Die bis dato konstituierenden Folk-Anteile wurden ziemlich reduziert, die Stücke der sympathischen Schotten erhalten opulentere Outfits, allerdings ohne sich dabei blödem Pathos hinzugeben.

Warum gelingt nun Frightened Rabbit dieser schwierige Schritt? Wie können sie auf der einen Seite noch größer und prächtiger klingen, ohne aber auf der anderen Seite ihre Identität aufs Spiel zu setzen? Nun, vielleicht sollte noch gesagt sein, dass sich Scott Hutchison und Co. ohnehin vor allem über die lyrische Ebene ihrer Musik definieren. Und an der hat sich nun mal überhaupt nichts verändert: Es geht um Tod und Verderben, um Krankheit und Liebe und um sämtliche weitere Sachverhalte, die den Menschen eben so traurig machen. In diese grundmelancholische Stimmung mischen sich aber freilich auch euphorische Momente des Eskapismus, denn ohne das Licht am Ende des Tunnels geht es auch auf "Pedestrian verse" nicht. Frightened Rabbit erzählen hier zwölf weitere, dunkelgraue Mutmacher-Geschichten, die auch im neuen Gewand betrunkene Herzlichkeit versprühen.

Die Platte beginnt mit dem verhaltenen "Acts of man", das Hutchison von der schwachen, verletzlichen Seite zeigt: "I'm here, I'm here / Not heroic, but I try." Das Thematisieren von Niederlagen und Selbstzweifeln bleibt eine Kernkompetenz des Songwriters, und wenn dazu noch wie beim flotten "Backyard skulls" eine quietschige Orgel blubbert, dann tut das der Stimmung keinen Abbruch - im Gegenteil. Die hervorragende Single "The woodpile" trägt wiederum dick auf, ist aber dennoch so aufrichtig, dass dem Hörer ganz warm wird ums winterliche Herz: "Come find me now, we'll hideout / We'll speak in our secret tongues / Will you come back to my corner? / Spent too long alone tonight." Sicherlich kein Song, der aus Sehnsucht ein Vergnügen macht, aber er lindert den Schmerz. Und mehr kann ein poprockiger Dreiminüter nun wirklich nicht leisten, Freunde der Sonne.

Das nervöse "December's traditions" wagt sich in neue Gefilde vor, verziert den Folkrock mit zaghaften Noise-Momenten und entwickelt sich zu einem treibenden Monstrum, das sich schlussendlich selbst in beschwörenden Chören auflöst. Besonders in Erinnerung bleibt sicherlich das zentrale "State hospital", das mancher Hörer bereits von der gleichnamigen EP kennt, die letzten September erschien und bereits einen Vorgeschmack auf den neuen Klang der Band gab. Sicher ist das noch kein Stadionrock, auch wenn Frightened Rabbit damit den Ascheplatz spröder Folk-Genialität erneut verlassen. Um richtig massenkompatibel zu sein, fehlt aber auch diesem Song die selbstverständliche Volkstümlichkeit, mit der zum Beispiel die Grammy-Gewinner Mumford & Sons ihren Folkpop in den Mainstream hoben. Frightened Rabbit gehen einen anderen Weg, wachsen mit "Pedestrian verse" zweifelsohne in Würde - und tragen eben diese erneut wie eine süße Bürde an ihre Hörer heran.

(Kevin Holtmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Acts of man
  • Holy
  • The woodpile
  • State hospital

Tracklist

  1. Acts of man
  2. Backyard skulls
  3. Holy
  4. The woodpile
  5. Late march, death march
  6. December's traditions
  7. Housing (in)
  8. Dead now
  9. State hospital
  10. Nitrous gas
  11. Housing (out)
  12. The oil slick
Gesamtspielzeit: 42:28 min

Im Forum kommentieren

seno

2016-08-15 21:57:48

Der scheint aber wirklich ziemlich durch zu sein. Trotz Beschwichtigung klingt das nicht allzu gut.

Naja

2016-08-15 21:55:59

Hat sich vermutlich zu viel hier im Forum aufgehalten. Da kann ich jeden verstehen, der durchdreht.

S0mbrero

2016-08-15 18:27:45

@Underground:

Siehe auch hier:

https://www.facebook.com/frightenedrabbit/photos/a.312649572081.178807.14771882081/10154448441887082/?type=3&theater

Underground

2016-08-15 18:15:32

Tourabsage ist laut Insiderquellen ein Nervenzusammenbruch des Sängers.

rainy april day

2016-08-15 17:46:54

Mal wieder rausgekramt. Mein liebstes von ihnen, vor allem die erste Albumhälfte ist ein absolutes Brett :-)

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