Sans Parade - Sans Parade
Stargazer / Solina / Broken SilenceVÖ: 15.02.2013
Apocalypse wow
Markus Perttula hätte Bücher schreiben können. Damit wäre er aber wohl nie in der Lage gewesen, das auszudrücken, was er sagen will. Mit Sans Parade erzählt er Dinge in einer Sprache, die aus Worten und Klängen gleichermaßen besteht. Dinge, die nicht schön sind. Seine Texte malen düstere Bilder einer Welt, die kaum lebenswert erscheint. Mal traurig-melancholisch, mal beängstigend nüchtern singt Perttula von Krieg und Verschwörungen, von Elend und Tristesse. Das reicht aber nicht. "At times, when it's impossible to express yourself poetically, you need to shout" - wenn Worte nicht mehr genügen, wird es also laut. Intensität als banales, aber wirkungsvolles Mittel spielt im Sound von Sans Parade eine große Rolle. Mit orchestraler Breitseite macht das Trio aus seinen Geschichten mehr als nur Erzählungen. Die drei versuchen, ihr Drama erlebbar zu machen und durch große musikalische Gesten eine riesige Palette an Emotionen zu vermitteln. Der Gefahr, kitschig und damit unglaubwürdig zu werden, entgehen sie nur knapp, schaffen es aber, das Megaphon an den richtigen Stellen wieder einzupacken und auch in leiseren, zurückhaltenden Momenten nicht an Spannung zu verlieren.
Ihren Orchestral-Indie-Pop statten Sans Parade äußerst detailverliebt mit allem erdenklichen Instrumentarium aus. Klassische Streicher- und Bläsersegmente stehen neben präsentem Schlagzeug und Indiegitarren auf der Gästeliste und ein Glockenspiel bringt etwas leicht Verträumtes in die Arrangements der Finnen. Trotzdem zieht sich eine schwere Grundstimmung durch das ganze Album, die auch ohne ein einziges Wort klarmacht, dass hier irgendetwas nicht stimmt. Bezieht man dann die Texte mit ein, breitet sich eine ziemlich gut inszenierte Hoffnungslosigkeit aus, die den Hörer herausfordert: "Sans Parade" ist keine leichte Kost. "Waltz with me", singt Perttula in "The last song is a love song" zu feierlichem Orchesterklang und meint damit den letzten Tanz des Lebens. "The end of the world 1964" eröffnet er mit den Worten "I read the news today, oh boy" - genau wie die Beatles "A day in the life" beginnen. Im weiteren Verlauf des Stücks nehmen Sans Parade dann immer wieder Bezug auf einen Krieg - naheliegend wäre der Vietnamkrieg, in den die USA 1964 zogen. Anspielungen, die auch "A day in the life" nachgesagt werden.
"A ballet in the sea" schließlich schlägt zurückhaltendere Töne an, möchte die Laune aber auch nicht heben. Schon die Art wie Perttula seine Wahrnehmungen auf dieser Reise durch die Tiefsee beschreibt, hat etwas Deprimierendes. In der letzten Strophe dann zerschlägt er auch die vermeintlich friedliche Beschreibung der Unterwasserwelt: "And searchlights scanning / And helicopters circling" - schon wieder Krieg. Auch wenn Sans Parade in "From Leytonstone to Canary Wharf" durch London spazieren, begegnet ihnen nichts als Elend, und sogar das in Finnland verbreitete Fest der heiligen Lucia "On December 13th" beschreiben die drei Finnen so trostlos wie irgend möglich. All das zeugt von einer ziemlich trüben Weltsicht und mag Mitleid hervorrufen. Dass "Sans Parade" trotz all dem mit "wunderschön" ziemlich gut beschrieben ist, zeigt, wie filigran das Spiel mit den Gefühlen geplant, wie perfekt dieses düstere Kunstwerk gelungen ist. Wäre die Welt 2012 tatsächlich untergegangen, diese Platte hätte als Soundtrack gefehlt.
Highlights & Tracklist
Highlights
- The last song is a love song
- Dead trees
- A ballet in the sea
- In a coastal town
Tracklist
- The last song is a love song
- The end of the world 1964
- Guarded mountain
- Dead trees
- A ballet in the sea
- In a coastal town
- Swept away
- A liking song
- From Leytonstone to Canary Wharf
- On the sunniest Sunday
- One of those mornings
- On December 13th
Referenzen
Spotify
Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv
Threads im Forum
- Sans Parade - Fugue state (1 Beiträge / Letzter am 06.06.2019 - 11:43 Uhr)