Foals - Holy fire

Transgressive / Warner
VÖ: 08.02.2013
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Ist doch logisch

Adoleszenz ist doch was Feines. Im Nachhinein betrachtet jedenfalls. Das Heranwachsen eines Teenagers hin zum jungen Erwachsenen kann durchaus spannend zu beobachten sein. Und auch der Zustand selbst ist einfach klasse. Man kann machen, was man will und weiß alles besser. Diese Erwachsenen! Haben ja alle keine Ahnung, was wirklich zählt im Leben, und von richtigen Problemen schon gar nicht. Schließlich gehen die alle den ganzen Tag arbeiten und haben dank der mangelnden Freizeit keine Zeit, um ihre Kohle auszugeben. Und wenn sie eh schon alle reich sind, können sie davon ruhig auch etwas abgeben. Das aufmüpfige Verhalten wird gerne mit Hinweis auf das niedrige Alter entschuldigt, und so wirklich erwartet doch sowieso keiner was. Vielleicht war das mit ein Grund dafür, warum "Antidotes", das Debütalbum der englischen Band Foals, im Jahr 2008 so eigeschlagen hat - denn erwartet hat von denen niemand etwas.

Mit Anfang 20 schoss das Quintett rund um Sänger Yannis Philippakis nach oben, und klar kann man den Gedanken von oben hier weiter fortsetzen: "Antidotes" war weder seiner Zeit voraus, noch in irgendeiner Weise wirklich neu. Aber es war in seiner Konsequenz schon irgendwie einzigartig: Foals hielten sich hier nicht an Konventionen, sondern zogen, angestachelt von Produzent Dave Sitek, ihr Ding durch, wirkten stellenweise besserwisserisch, erhaben und sogar arrogant-aufmüpfig. Auf der Bühne präsentierten sich die fünf Jungs als Routiniers, die dem ganzen Hype um sie herum fachmännisch gegenübertraten. Im Sommer 2008 tönten Songs wie "Cassius", "Electric bloom" oder "Tron" aus den Autos und Jugendzimmern dieser Welt und prägten mit Sicherheit ebenfalls so manche Adoleszenz. Der Nachfolger "Total life forever" verabschiedete sich zwar nicht gänzlich von der auf dem Debüt zelebrierten Narrenfreiheit, ging aber dennoch einen Schritt weiter und stellte sich als gereifteres, erwachseneres Werk heraus.

Foals sind eine logische Band. Da ist es nur folgerichtig, dass auch ihr drittes Album diesen Weg weitergeht. "Holy fire" zeigt eine Truppe, die in sich gewachsen ist und weiß, wo sie steht. Die Kindereien und die Sorglosigkeit vergangener Tage sind zwar in weiter Ferne, aber immerhin noch nicht gänzlich vergessen. "I've made my mistakes / I feel something's changed / I know what's at stake / I'll wash the stains away", ruft Philippakis in "Bad habit" dem Hörer zu, Zeilen wie "And I hope I can change / But don't follow me" zeigen ihn als nachdenklichen Charakter mit einem durchaus erwachsenen Zug: Existenz- und Versagensängste durchziehen den Songs, obgleich er sich am Schluss mit sich selbst versöhnt. Vom Format des alten und nie vergessenen Lieblings "Spanish Sahara" ist das am Bass ausgerichtete "Late night", bei dem es einmal mehr die Authentizität im beinahe flehenden Gesang ist, der hier über diverse Emotionen verfügt und sie im Hörer nach Belieben hervorrufen kann.

Auf "Inhaler", der ersten Single von "Holy fire", präsentierten sich Foals in einem ungewohnt harten Gewand, die lauten Gitarren und vor allem rasanten Geschwindigkeitwechsel weisen auf eine neue Seite dieser Band hin, die im zweiten Song schnell wieder abgelegt wird: Das lockere "My number" zeigt wieder Foals, wie man sie früher kannte, das hektische Gitarrenspiel verbandelt sich mit dem schnellen Rhythmus, während der Text sich so schnell und einfach im Kopf einbrennt, dass man ihn spätestens beim dritten Hördurchgang auswendig mitsingen kann. Die zweite Hälfte des Albums schafft schließlich den Spagat zwischen den beiden Vorgängern, mit einem großartigen "Out of the woods", das, wenngleich es eines der schnelleren Stücke auf "Holy fire" ist, rund zwei Minuten braucht, um wirklich seine Höhe zu finden - dann aber dort oben in aller Seelenruhe verweilt.

Das Ende wird früh eingeleitet durch das polternde "Providence", in dem sich die sich wiederholende Zeilen "I'm an animal just like you / I bleed just a little bit, too / I bleed just like you" wie eine Art Mantra über den ganzen Song legen, sodass das schneller werdende Schlagzeug erst zum Schluss beim völligen Ausbruch wirklich auffällt. Stromgitarren brennen schließlich den Rest nieder, bis mit einem Schlag alles vorbei ist. Der Übergang zum ruhigen "Stepson" wirkt dadurch nur umso brutaler und beschwerlicher, mit düsterer Note singt Philippakis "I lead you by the hand / And we'll fall into the blue / Oh, I'm coming now for you", und es sind besonders diese zweideutigen Gedanken, die man nicht richtig einordnen kann, die die erwachseneren Foals so interessant machen. Und gerade, wenn man denkt, dass diese Band sich sicher mit einem Knall verabschieden wird, macht einem das Schlusslicht "Moon" einen gewaltigen Strich durch die Rechnung. Behutsam gehen sie hier vor, die zarte Instrumentierung umarmt den Gesang und macht deutlich, dass sie den großen, pompösen Abschied gar nicht mehr nötig haben. Am Ende, wenn die letzten Zeilen "It is coming now, my friend / It's the end" lauten, bleibt bezogen darauf ohnehin nur noch ein Gedanke übrig: Hoffentlich nicht.

(Jennifer Depner)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • My number
  • Bad habit
  • Everytime
  • Out of the woods
  • Stepson

Tracklist

  1. Prelude
  2. Inhaler
  3. My number
  4. Bad habit
  5. Everytime
  6. Late night
  7. Out of the woods
  8. Milk & black spiders
  9. Providence
  10. Stepson
  11. Moon
Gesamtspielzeit: 49:44 min

Im Forum kommentieren

Jaggy Snake

2022-06-18 23:07:56

Mit Abstand ihr bester Song. Und live noch größer!

The MACHINA of God

2022-06-18 22:14:25

"SPAAAAAAAAAAAACE!!!!!"

Ich kann immer wieder nur ausrasten.

Klaus

2021-02-08 12:09:52

Ähnlich war das auch beim NOS alive 2016. Der pure Abriss, die gesamte Show.

The MACHINA of God

2021-02-08 12:03:44

Freut mich, dass auch andere so begeistert sind. War lange nicht mehr so geflasht von nem Livevideo. Allerdings vermisse ich jetzt Festivals noch heftiger.

Vennart

2021-02-07 23:31:57

Danke Machina, überragende Performance!!
Das Album ist für mich auf Platz drei der besten Foals-Platten und besonders "Milk & Black Spiders" wird mir zu selten erwähnt, für mich einer der besten Songs der Band.

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