Underworld - Everything, everything

JBO / V2
VÖ: 04.09.2000
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Underworld, live and everything

Läßt man die ersten Gehversuche von Underworld, die eher in Richtung New Wave gingen, außer Acht, so vollziehen Underworld nach ihren Studioalben "Dark & long", "Dubnobasswithmyheadman", "Second toughest in the infants" und "Beaucoup fish" den nachvollziehbaren Schritt des Live-Dokuments an dieser Stelle der Karriere. Aufgenommen wurden die acht Tracks an verschiedenen Orten während der letzten Welttournee der Briten. Genauso könnte es sich bei dem Mitschnitt aber um die Aufnahme eines einzelnen Konzertes handeln, wenn man die perfekten, lange vorbereiteten Übergänge hört, die gleich zu Beginn "Juanita/Kiteless", "Cups", "Push upstairs" und "Pearls girl" ineinanderfließen lassen. Hier finden sich fast schon klassische Strukturen.

Grundsätzlich sind die Songs ähnlich wie auf den Studialben strukturiert und arrangiert. Lediglich in der Spieldauer übertreffen die Live-Versionen meist ihre Vorlagen, schließlich dauert die Hälfte der Tracks 10 Minuten oder noch länger. Die Songs sind im Allgemeinen treibender, schneller und noch tanzbarer als im Original. Die Bässe bei "Push upstairs" und "Pearls girl" wurden hörbar verstärkt. Karl Hyde singt desöfteren neue, wie üblich sehr kryptische Zeilen, um einzelne Songs zu unterbrechen oder neue einzuleiten. So wird geschickt mit dem Publikum gespielt. Auch wenn das Einsetzen der Bassdrum noch mal um einige Takte verzögert wird, was zum einen kleine Ruhepausen zwischen dem kollektiven Ausflippen gibt, zum anderen die Erwartungen auf Höchstspannung steigert, entlädt sich diese schließlich in der erlösenden Fortsetzung des Songs.

Die grundsätzliche Schwierigkeit, das Live-Erlebnis auch nur ansatzweise ins Wohnzimmer zu verlagern, wird auf diese Weise bestmöglich gelöst. Nichtsdestotrotz ist es natürlich unmöglich, die unglaubliche Bühnenpräsenz von Karl Hyde auch nur ansatzweise hier einzufangen. Wer noch nie einen Liveauftritt von Underworld miterleben durfte, kann nur schwer nachvollziehen, daß nur zwei Musiker hinter Synthies, Samplern und Sequenzern, sowie ein einzelner, nur mit Kopfhörer und Mikrophon bewaffneter Sänger eine Halle zum Ausrasten bringen können, wie man es sonst nur von einer Rockband erwarten würde. Für Anfang Oktober ist allerdings die Veröffentlichung einer ebenfalls "Everything, everything" betitelten Live-DVD geplant, die diese Lücke eventuell weiter schließen kann. Glaubt man der Plattenfirma, wird dieser Silberling "ähnlich bahnbrechend für die DVD-Technologie wie es einst Sergeant Pepper´s für Stereo" war. Man darf also gespannt sein.

Leider ist die Songauswahl stellenweise nicht so gut gelungen, da Stücke wie "Jumbo" oder "Juanita/Kiteless" nicht unbedingt die absolut mitreißenden Tracks sind. Mit "Born slippy" wurde womöglich eher auf den Gelegenheitshörer gezielt, der diesen Song einfach erwartet, wenn von Underworld die Rede ist. Mit der selben Argumentation hätte dann aber "Moaner" auf das Album gehört. Auch eine der grandiosen Liveversionen von "Dark train" oder "Dark & long" hätte gut mit auf die CD gepaßt, welche dann aber wohl eher eine Doppel-CD geworden wäre. Ein Grund zur Beschwerde wäre dies allerdings nicht gewesen. Alles in allem wird man sich als Fan diese Scheibe sowieso kaufen (und das auch nicht bereuen), wohingegen dem Gelegenheitshörer ein guter Einstieg in den Underworldschen Soundkosmos geboten wird.

(Gerd Bezold)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Push upstairs
  • Pearls girl
  • Rez/Cowgirl

Tracklist

  1. Juanita/Kiteless;Cups
  2. Push upstairs
  3. Pearls girl
  4. Jumbo
  5. Shudder/King of snake
  6. Born slippy nuxx
  7. Rez/Cowgirl
Gesamtspielzeit: 75:19 min

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