Phillip Boa & The Voodooclub - My private war

BMG
VÖ: 31.01.2000
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Neues von der Schlangenfront

Der Herr des Schlangenclubs ist zurück und hat seinen Laden gleich mitgebracht. Nach der Trennung von Pia Lunda war der Voodooclub vorübergehend geschlossen worden und Phillip Boa wurde zum Herr des Mülls. "Lord Garbage" wurde uns als Solodebüt verkauft und niemand schrie nach Ausverkauf, als Boa die Plattenfirma wechselte. Erwachsen sei er jetzt, ließ er verlautbaren. Überraschenderweise war dies mal keine dreiste Lüge. Abgeklärt und reif klingt denn auch das neue Werk, das von "My private war" berichtet. Gegen wen oder was dieser ganz private Krieg, den Boa nach eigenen Aussagen mittlerweile aber überstanden habe, geführt wurde, soll jedoch nicht interessieren.

Von viel größerem Interesse ist die Wiedergeburt der Rumpelkammer des alternativen deutschen Rocks: des Voodooclubs. Von dessen letzter Besetzung übriggeblieben ist nur noch Moses Pellberg. Da aber der Club in den Neunzigern eher ein loser Verbund war, darf man sich eben an neuen Gesichtern erfreuen, von denen das auffälligste sicherlich Alison Galea von den Beangrowers ist. Sie haucht und jauchzt und niemand vermißt ihre manchmal recht sirenenhafte Vorgängerin. Boa hat wieder ein passendes Gegenstück gefunden. Inwieweit sich die beiden auf Malta, der gemeinsamen Heimat, nähergekommen sind, soll jedoch nicht interessieren.

Ruhig scheint er geworden zu sein. Keine entrückten Schreie, keine kreischenden Gitarren mehr. Der Blick ist gesenkt und fällt auf das wesentliche. Boas Songs revolutionieren schon lange nicht mehr den Pop, rumpeln aber sympatischerweise immer noch angenehm. Ganz so wild wie bei "Kill your ideals" oder "Container love" wird nicht mehr herumgehüpft, dafür aber geben sich die Arrangements zur Abwechslung gelegentlich sogar für Boas Verhältnisse recht distinguiert. Streicher, manchmal gar ein Mellotron runden das Bild ab, daß die Gitarren auf die Leinwand gekratzt haben. Dazu entwirft Boa den gelegentlichen relaxten Groove, der seine doch recht kruden Textentwürfe unterfüttert. Wer mit dem "poet of adultery" (Poet des Ehebruchs) gemeint ist, soll jedoch nicht interessieren.

Wenn die Grooves sich zunehmend an modernen Befindlichkeiten (und niemand rufe hier Trip-Hop!) orientieren ("As you walk by", "Crushed on you", "Rome in the rain", "My private war") und auch der klassischen Boa-Stomper zu seinem Recht kommt ("So what", "The great American diner", "In Freudian underwear" und "For her"), beweist der Exil-Dortmunder einmal mehr seine Vielseitigkeit. Mittlerweile scheint er auch richtig singen gelernt zu haben. Glücklicherweise geht er damit nicht hausieren, braucht sich aber nicht hinter der Frau an seiner Seite verstecken. Wie der neue Voodooclub seine Livehaftigkeit beweisen kann, bleibt abzuwarten. Sicher bleibt allerdings, daß Boas Publikum ihn mit den wohlbekannten "Arschloch! Arschloch!"-Rufen empfangen wird. Was er von seinem Publikum denken mag, soll jedoch nicht interessieren.

(Oliver Ding)

Bei Amazon bestellen / Preis prüfen für CD, Vinyl und Download
Bei JPC bestellen / Preis prüfen für CD und Vinyl

Highlights & Tracklist

Highlights

  • So what
  • Pass me a lily
  • Baby take the strain out
  • Rome in the rain

Tracklist

  1. As you walk by
  2. So what
  3. Crushed on me
  4. Pass me a lily
  5. The great American diner
  6. Baby take the strain out
  7. Rome in the rain
  8. Diabolique
  9. My private war
  10. In Freudian underwear
  11. Even tyrants love a tune
  12. For her
  13. A summer in Saigon
Gesamtspielzeit: 54:48 min

Threads im Forum