Timber Timbre - Creep on, creepin\' on

Lars Brinkmann

31.03.2011 - 16:20



Folgen wir dem berühmten Diktum aus John Fords Klassiker "The Man who Shot Liberty Vallance", das da lautet: "When the legend becomes fact, print the legend." Der Legende zufolge lebt Taylor Kirk Anfang der Nuller nördlich von Toronto, allein in einem kleinen Holzhaus. Umgeben von nichts anderem als Wald, arbeitet er hier an seiner Musik. Das könnte eine Promolüge sein - der auch musikalisch ähnliche Justin Vernon alias Bon Iver zum Beispiel erzählte 2007 eine ähnliche Geschichte - aber egal, man möchte es beiden einfach glauben, so zwingend scheint die Verbindung zwishcen ihrer geisterhaft verhuschten Musik, dem dunklen Wald und dem Einsiedlerdasein in einer Blockhütte.

Kirk gab früheren Aufnahmen den Titel "Timber Timbre", das scheint der Entstehungsgeschichte angemessen, ist catchy und sieht auch auf dem Papier gut aus. Zudem führt die Wortkombination zu Verwirrung - so gebräuchlich "Timber" (Holz) insbesondere in Kanada ist, so ungewöhnlich scheint seinen Mitmenschen dort die Verknüfpung mit Timbre (Klangfarbe). Als Freund der kleinen Irritation erhebt Kirk den Titel gar zum Namen, unter dem er künftig musizieren will.

Seine 2005 und 2007 im Alleingang aufgenommenen Minialben hat die Zeit gnädig vergessen. Erst mit der ersten richtigen Langspielplatte gelingt Kirk 2009 der Durchbruch, nicht zuletzt, weil er sich sowohl bei den Aufnahmen als auch beim Musizieren Unterstützung holt. Insbesondere die Geige von Mika Posen sorgt für neue, entscheidende Untertöne. Wenn Kirk heute seine Musik als "gothic rockabilly blues" umschreibt, ist das auch auf Posens Einfluß zurückzuführen.

Das wird mit dem zur Hälfte in einer alten Kirche aufgenommenen Nachfolger "Creep on, Creepin' on" noch deutlicher. Gothic verweist hier weniger auf die musikalische Subkultur als auf den literarischen "Southern Gothic", dem eine "Erkenntnis der grundlegenden Scheußlichkeit der modernen Erfahrung" (Tennessee Williams) zugrunde liegt. Unter Titeln wie "Bad Ritual", "Swamp Magic" und "Lonesome Hunter" erschaffen Timber Timbre eine sepiagetränkte Welt voller Schatten und verlockender Abgründe. Das machen sie so einnehmend, daß man, wenn der Song "Black Water" mit einem schmachtenden "All I need is some sunshine" beginnt, protestierend darauf beharren möchte, mit der Musik in der Dunkelheit allein gelassen zu werden. Mehr Lebenshilfe darf man in Zeiten wie diesen kaum erwarten.

sattgrün

01.04.2011 - 13:55

Gut geschriebener Artikel über eine echt schöne Platte, die mir wieder deutlich besser gefällt als die vorherige.
Die Einschätzung der EPs - hat die Zeit gnädig vergessen - kann ich nämlich nicht teilen, so grossartige Songs wie Magic Arrow, Like a Mountain oder Oh, Messiah sucht man auf der s/t leider vergebens.

@"Lars Brinkmann"
Du postest nicht zufällig auch als Michael Saager?. Wenn ja, suchst du dir zumindest interessante Platten raus.

..,-

05.06.2011 - 19:05

tolle band

Livrekko

06.06.2011 - 14:26

ich mag das debüt mindestens genau so gern wie die neue platte.

@sattgrün

01.11.2016 - 09:58

ich suche "magic arrow" auf der s/t nicht vergebens, der ist nämlich genau dort drauf.

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