Tom Waits - Alice

Piepi

20.10.2007 - 10:35

Kann mir mal jemand erklären, welchem Konzept das Album zugrunde liegt? Alice im Wunderland? Nebenbei ein Wahnsinnsalbum. Sehr schönes "IchsitzehiermitmeinemRotwein" Album ;)

Raewor

20.10.2007 - 12:55

Alice im Wunderland, richtig :)Wobei es da ein Theaterstück geben muss zu dem Tom die Musik geschrieben hat.

Selbiges trifft auf das gleichzeitig erschienene Album "Blood Money". Hier handelt es sich um Büchners "Woyzeck"

Tom Waits ist und bleibt ein Ausnahme Musiker. Ganz großer Mann. Gibt bei seinen vielen Scheiben eigentlich für mich nur gute, sehr gute oder herausragende Alben. :D

Wolffather

20.10.2007 - 13:56

Tom Waits ist der größte und ich liebe eigentlich alle seine Alben, aber mit Alice konnte ich bis jetzt noch nicht richtig warm werden... Finde die gehört zusammen mit Blood Money eher zu den schwächeren Waits-Alben

bee

20.10.2007 - 14:01

beide grossartig!

Schäbiger Wurzelsepp

20.10.2007 - 14:20

Seh ich auch so..

logan

20.10.2007 - 16:45

Mir geht's ähnlich wie Wolffather. Es sind natürlich auch gute Alben, aber so richtig warm wurde ich damit nicht. Vielleicht funktionieren die Songs im Zusammenhang der Bühnenstücke besser, wer weiß? Blood Money hat einige Glanzlichter, die auch für sich genommen großartig sind; Alice kenne ich noch nicht so gut. Werde es aber wohl irgendwann noch einmal probieren. Auch aus einem Bühnenwerk hervorgegangen ist übrigens The Black Rider, beruhend auf Der Freischütz; klingt sehr kaputt und extrem, gehört aber zum Besten. Alleine wegen 'November' daraus lohnt sich fast schon der Kauf.

Wolffather

20.10.2007 - 17:42

Sag mal, wie ist denn die Black Rider, wie klingt die, mit welchen Waits Alben ist sie am ehesten zu vergleichen?
Die hab ich nämlich nie gehört, aber mir oft überlegt sie anzuhören...

logan

20.10.2007 - 18:10

Ich kann die mit keinem anderen Waits-Album vergleichen. Und ich kann jedem nur gut raten, sich die vor dem Kauf anzuhören. Und nicht nur so mal eben 30 Sek. pro Song und weitergeskippt. Sondern in Ruhe, mit Muße, vorzugsweise nicht im Mediamarkt wo man stehen muss und im Hintergrund TechnoPop selbst durch die Kopfhörer hindurch dröhnt. Sondern in angenehmer Atmosphäre. Weil das arg zerrissene Stücke sind zum Teil. Percussionlastig, mit Gekrächze und verfremdetem Sound. Und dann wieder ganz anders, dünn und mit Folkinstrumenten. Und dann zirkusähnlich. Theatralisch. Aber durchweg eher reduziert, kein großes Orchester oder so. Knochenklappernd. Teils kaum mit Melodie. Wirr. Chaotisch. Sein wahnsinnigstes Album. Anstrengend. Nix, was ich oft hören mag. Aber manchmal eben genau richtig. Kompromisslos. Obwohl William Burroughs auch mitgemacht und einen Text beigesteuert hat. Und der war richtig durchgeknallt, nicht so level-headed wie Waits.

Marianne

24.05.2009 - 09:05

Alice 10/10
Everything You Can Think 9/10
Flowers Grave 8/10
No One Knows I´m Gone 10/10
Kommienezuspadt 8/10
Poor Edward 10/10
Table Top Joe 8/10
Lost In The Harbour 10/10
We´re All Mad Here 9/10
Watch Her Disappear 10/10
Reeperbahn 10/10
I´m Still Here 10/10
Fish And Bird 10/10
Barcarolle 10/10
Fawn 10/10

Insgesamt: 10/10 (Extrem unterschätztes Meisterwerk.)

Einige Melodien von "Alice" gehören zu den schönsten, die Waits je zugelassen hat. "Poor Edward" ist herzergreifend, bis man den Text so richtig begreift. An manchen Momenten von "Alice" wird man an Alben wie SWORDFISHTROMBONES oder FRANKS WILD YEARS erinnert. "Fish & Bird" ist so eine Stelle. Die Melodie, die Bläser, der Takt - alles bringt den Hörer zurück zu den Anfangszeiten von Waits traurigen Songzyklen. Genauso ergreifend ist "Barcarolle". Ein Saxophon bäst Jazz-Kadenzen, die atonal gegen die Melodie schwingen, um nur ja keine Sentimentalität aufkommen zu lassen. I´m Still Here, Fish & Bird, Lost In The Harbour sind Traumsongs für Altverliebte, die man allein zu zweit hören sollte. In ihrem Streichquartett-Holzbläser-Klang fällt ALICE ganz zeitlupenhaft in die Tiefe, die Musik bleibt einfach stehen, so langsam wird sie.

Marianne

24.05.2009 - 09:46

PS: Kein Zweifel...mit ALICE driftete Waits endgültig in die Kunstwichserei ab. "Kammer-; Keller-, Karussell- und Kehrichteimermusik von himmeltrauriger Schönheit" (O-Ton, "Rolling Stone"). Das hat aber auch gar nichts mit Easy Listening zu tun. Aber es ist vielleicht eine neue Art von Musik? Und wie oft kann man das schon behaupten.

B@n@n@ Co.

24.05.2009 - 11:54

Gutes Album

(8/10)

Der weiße Hase

09.08.2009 - 23:29

logan
20.10.2007 - 18:10
"Percussionlastig. Teils kaum Melodie. Wirr. Chaotisch."

Genau das Gegenteil ist wahr. "Alice" ist Waits´ schönste, bewegendste und melodieseligste Platte seit "Closing Time". Der Sound ist viel undurchdringlicher geworden, und die Band funktioniert wie eine Mischung von Kammerorchester und Jazzband. Miles Davis, Kurt Weill, Chet Baker, Louis Amstrong, Frank Sinatra und Russische Folklore haben für einzelne Songs Pate gestanden.

Zum Konzept:

"Alice" beruht auf dem Buch "Alice Adventures In Wonderland" von Lewis Carroll. Robert Wilson legt mit seinem Stück eine sexuelle Beziehung zwischen dem Autor Charles Lutwidge Dodgson (alias Lewis Carroll) und der elfjährigen Alice Pleasance Lidell nahe, der Tochter eines Kollegen, für die Dodgson die Geschichte erfunden hat. Waits selbst beschreibt in Songs wie "Alice" oder "Barcarole", wie sehr es Dodgson nach Alice verlangt...
Die Geschichte spielt in einer Traumwelt. Tom Waits greift in seinen Songs einige bekannte Figuren aus "Alice im Wunderland" auf. Neben dem weißen Hasen auch den verrückten Hutmacher in "We´re All Mad Here". Aber er führt mit den Songs "Table Top Joe" und "Poor Edward" auch ein paar eigene Charaktere ein. Edward trägt auf seinem Hinterkopf ein zweites Gesicht, das ihn schließlich zum Selbstmord treibt. Das ist eine einfache Metapher über Besessenheit. Aber es geht Tom Waits eher allgemein um Geistesstörungen, Zwangsvorstellungen, Leute, die nicht in der Lage sind, bestimmte Verhaltensweisen zu unterdrücken.




Korrektur

09.08.2009 - 23:32

"Das ist einfach eine Metapher über Besessenheit."

logan

10.08.2009 - 17:25

@ Der weiße Hase:

Du hast da etwas falsch verstanden, bzw. nicht richtig gelesen, denn was du da zitiert hast bezog sich auf "The Black Rider" (Antwort auf Wolffathers Frage dazu).

"Alice" will ich unbedingt nochmal hören. Vielleicht sagt mir das Album inzwischen eher zu.

Der weiße Hase

10.08.2009 - 17:36

sorry! das nächste mal werde ich genauer lesen.

Marianne

24.01.2010 - 01:12

Song-Ranking


1. Alice
2. I´m Still Here
3. Lost In The Harbour
4. Poor Edward
5. Fawn
6. Barcarolle
7. No One Knows I´m Gone
8. Fish & Bird
9. Reeperbahn
10. Watch Her Disappear
11. Everything You Can Think
12. We´re All Mad Here
13. Kommienezuspadt
14. We´re All Mad Here
15. Flowers Grave
16. Table Top Joe


Barney Hoskyns

26.03.2010 - 20:53

Es ist schwer zu sagen, wie die Songs von ALICE auf der Bühne von Wilsons Theaterproduktion geklungen haben mögen. Wir wissen jedoch, dass die obskuren Musikinstrumente der Bay-Area-Künstler in dieser Produktion tatsächlich verwendet und die meisten von Ali Husseini gespielt wurden. Bessler wechselte ab und an von einer Stroh-Viola zu dem PVC-Membran-Saxofon. Eine ungefähre Vorstellung davon, was Waits mit den einzelnen Songs plante, haben wir bloß, weil eine Demokassette aus Besslers MUSIC FACTORY STUDIO existiert, die Waits vom Rücksitz seines Wagens gestohlen wurde, während er in HARRY`S HAFEN BASAR eine ausgestopfte Anaconda erwarb. Dieses Tape gibt es als Bootleg. Um die Kassette zurückzubekommen, musste Waits 3000 Dollar Lösegeld zahlen - eine Summe, die er fast als beleidigend empfand. "Nicht gerade viel Geld, oder?" stellte er fest. "Ich war ein wenig sauer. Ich glaube, sie wollten nur schnell Geld haben, anstatt lange zu verhandeln."

schöner Song:

26.03.2010 - 20:57

I´m Still Here

Barney Hoskyns

26.03.2010 - 21:42

BARCAROLLE ist die musikalische Bezeichnung für einen Seemannswalzer. Seeleute, erklärte Waits, "tanzen immer Walzer und wiegen sich ständig von einer Seite auf die andere". Besagter Song fasst noch einmal die Geschichte von Alice zusammen und bringt Carrolls ewige Faszination für seine bezaubernde Heldin und Muse auf den Punkt. Lediglich begleitet von einer Rumpftruppe, bestehend aus Stetson am Tenorsax, Clausen am Piano, Harms an der Geige und Brubeck am Bass, singt Waits dieses traurige Wiegenlied voller unverhohlener Anspielungen auf Verlust und Tod.

Barney

26.03.2010 - 21:46

Das abschließende Instrumentalstück FAWN - mit Waits am Klavier und Carla Kihlstedt an der schluchzenden Geige - bildet die perfekte Coda für das Album.

Fawn

m.caliban

26.03.2010 - 21:48

mag das album sehr und fish and bird ist eine der traurigsten geschichten, die je in ienem song erzählt wurden

youtube

26.03.2010 - 21:49

Tom Waits - Fawn

Holle

26.03.2010 - 21:55

"I´m Still Here"

Der Song, kurz wie er ist, bringt mich immer wieder zum Heulen.

Das Album als Ganzes muss ich mir erst noch erschließen.

Holle

26.03.2010 - 22:05

Aber mal im Ernst: Das Ganze hat doch mit "Alice im Wunderland" von Lewis Carrol so gut wie gar nichts gemein. Das ist doch nur eine Grundlage für Waits` wuchernde, explodierende musikalische Fantasie, oder?

So wie bei "Blood Money"/"Woyzek" eben auch. Oder hab ich da was falsch verstanden?

Das Orakel

26.03.2010 - 22:22

Waits´ALICE ist weniger eine Verdichtung der Bücher als eine Auseinandersetzung mit der Beziehung zwischen Dodgson (Lewis Carroll) und der wahren Alice. Das Album kam auf den Markt als die Debatte um Kindesmissbrauch, Internetpornographie und Pädophilie am Hitzigsten geführt wurde.Waits nimmt das Thema der Pädophilie in seinen Texten nicht unmittelbar auf, er formuliert keine Anklage. Diese Obsession bildet vielmehr den Hintergrund für eine tragische, unerfüllbare Liebe.

Fish And Bird (live)

Das Orakel

26.03.2010 - 22:37

Dodggson´s Liebe ist abartig, monströs, zerstörerisch (nicht zuletzt gegen sich selber) - und dabei hoffnugslos. Die Liebe hier ist eine einseitige und ungesunde Sache. Der eine hält ALICE für das beste Album von Tom Waits, der andere für Kunstkacke; dem einen ist ALICE das bedrückendste (schönste), dem anderen das schlimmste Album geworden; einer versteht es als Liebesgeschichte, der andere als Persiflage einer Liebesgeschichte. Leidenschaftlich ist das Urteil immer.

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