Clem Snide - Forever just beyond

dreckskerl

07.07.2020 - 17:43

Clem Snide benannt nach einem Charakter aus Burroughs Naked Lunch, ist eine seit 1995 bestehende Alternative Country/Indie FolkPopBand aus Boston.
Die Reviews bei plattentests, beziehen sich auf die Hochphase der Band bis einschließlich dem Album „End of love“ 2005.
Ich bin durchaus Fan insbesondere vom Gesang Eef Barzelays, letztlich einziges Mitglied.
In den letzten 10 Jahren veröffentlichte Barzelay unter Clem Snide 2010 mit „The meat of life“, das letzte Album mit Bandsound, seitdem gab es 2 Soloalben und zwei unter Clem Snide, die aber allesamt nur zur Akustischen aufgenommene Songs beinhalten und zum Teil sehr unentschlossen und skizzenhaft/unfertig wirkten.
Nach einer weiteren längeren Pause von bewegten 5 Jahren einschließlich Ehe kaputt und finanziellem Bankrott inklusive Hausverlust nun ein neues Clem Snide Album, vielleicht sogar sein Bestes.
Die Trivia, die ich las, besagen, dass Eef einen Brief von einem Fan aus Spanien erhielt, der ihm nicht nur die ausstehenden Rechnungen für den Insolvenzanwalt zahlen wollte, sondern ihm auch noch zum Selbstbewußtseinsaufbau einen Mitschnitt eines Avett Brothers Konzert mitschickte in dem Scott Avett, Clem Snide Songs coverte und in einem Interview sagte, wie stark doch diese Songs seien.
Daraufhin entstand ein Kontakt der beiden, der letztlich zu diesem Album führte. Scott Avett produziert, spielt Gitarre, komponierte an dem einen oder anderen Song mit.
Und was für Songs, wunderbar gesungen, sehr variantenreich mal mit einem fast Brian Ferryhaften Timbre „True shape of the heart“ Dann nahe an der Zärtlichkeit von John K. Samson von den Weakerthans oder ganz Vintage wie Pete Seeger.

Die Songs behandeln die ganz großen Themen von Tod und Religion und Schuld und Ewigkeit, aber in einer jeweils von Song zu Song recht unterschiedlichen Weise.
Er beginnt mit einem Song über "Roger Ebert", den großen Filmkritiker und seine letzten Worte "It's all an elaborate Hoax" Er bleibt im zweiten Sog bei der Endlichkeit des Seins aber in einer eher nüchtern leicht satirischen Weise „Dont bring no Laddder, when you die.“, verpackt in einen fast poppig anmutenden Indie-Countrysingalong.

So schöne Melodien sind ihm auf einem Album seit 20 Jahren nicht mehr gelungen. Die Arrangements sind reduziert aber nicht Lo Fi, im Gegenteil da stimmt jedes Detail. Der Bassist der Band of Horses und der Drummer der Avett Brothers bilden die Basis für die Gitarren von Avett und Barzeley.
Dazu mal ein Saxsolo im unglaublich sympathischen "Sorry Charlie"...we cant party , any more". Dort "überzeugt" er quasi sein inneres hedonistisches Partyich, dass es leider vorbei ist, mit dem extrem Feiern...eingebettet in einen Countrybarjazzsound der sowohl dazu passen würde, sich mit Scotch und Fluppe an den Tresen der Bar zu setzen als aber auch leicht schlendernd daran vorbei zu ziehen, heading home.

Weitere Highlights sind der Titelsong, der auch wunderbar ins Werk von Yo La Tengo passen würde, auch vom Arrangement.
"The stuff of us" ein großartiger Song über Beziehungen und was davon bleibt. Erinnert an Nick Drake in der Melodik.
"The ballad of Eef Barzelay" eine düster/ernüchternde Abrechnung mit sich selbst nur zur Akustischen und verhaltenem Cello, der Song klingt als gäbe es ihn seit 50 Jahren, zeitlos, der perfekte Song.
Eef Barzeley wurde jüngst 50, also meine Generation, kann sein, dass mich der Nerv des Albums deshalb besonders trifft, neben der Thematik der eigenen Endlichkeit und der harten Erfahrung vom Scheitern, die ich sehr gut nachvollziehen kann.
Aber auch alle Jüngeren mögen dem Album eine Chance geben, in der Hoffnung noch den ein oder die andere von der Schönheit dieses Albums zu überzeugen.

novemberfliehen

13.07.2020 - 23:19

Noch kann ich keine abschließende Bewertung abgeben, da es vielleicht erst drei Durchgänge waren. Es tut erst einmal gut, seine Stimme wieder zu hören und ich verlasse den Hördurchgang mit einem nostalgisch-positiven Gefühl.

Da ich 2020 irgendwie wenig bis keine aktuelle Musik gehört habe (viel Arbeit, Pandemie, viel Sport, "einfach mal Ruhe haben wollen"), bedanke ich mich an dieser Stelle im Sufjan-Thread für den neuen Antrieb.

dreckskerl

13.07.2020 - 23:41

Gerne.
Schreib doch nochmal, wenn du eine Meinung hast zum Album. Villeicht übertreibe ich auch mit meiner Begeisterung.
Ja, alleine diese Stimme verbreitet bereits ein gutes Gefühl.

Peacetrail

10.01.2023 - 21:09

„Aber auch alle Jüngeren mögen dem Album eine Chance geben, in der Hoffnung noch den ein oder die andere von der Schönheit dieses Albums zu überzeugen.“

Wurde mir heute über den Algorithmus vorgeschlagen und gefällt so jungen Hüpfern wie mir. Referenz: ganz klar John K Samsons Solowerk.

dreckskerl

10.01.2023 - 21:38

Na super, wenn auch die jüngere Generation Gefallen an ehe traditionellem Songwriting findet. :)

Wenn Bock auf mehr, empfehle ich ganz klar "The Ghost of Fashion" von 2001.
Hier mit 7/10 bewertet, für mich ein 9,5/10 immerhin Platz 85 meiner 100 Platten für die Ewigkeitsliste.

Peacetrail

11.01.2023 - 06:06

Ich fange heute mal vorne mit You were a Diamond an. Bin gespannt, was die Diskografie so alles mit sich bringt. Habe nach allem, was ich gelesen habe, die Befürchtung, dass das - wie meine Frau sagen würde - so Depri-Mucke ist, nach der man sich sofort aus dem Fenster stürzen will.

Immermusik

11.01.2023 - 07:09

„I woke up to the sound of german hip hop in my head“
Schön, dass der thread hier aufploppt. Damals mit End of love entdeckt, daher ist das wohl mein Lieblingsalbum. Ich liebe seine Stimme und Eef ist zusammen mit David Berman einer meiner Lieblingstexter.
Forever beyond auch ne gute 8/10

dreckskerl

11.01.2023 - 11:54

Depri-Mucke ist es m.E. nicht, aber sowas nimmt ja jeder anders wahr.

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