ADHS, Prokrastation, Burn-Out - Erfinden die Psychologen ihre Modediagnosen selbst?

Im Zweifel Zweifler

20.11.2012 - 11:45

Seit Jahren sind alle verrückt. Gefühlt ist kaum jemand nicht von irgendeiner psychischen Krankheit betroffen die nicht am besten behandelt gehört.

Vom Zappelphillip zum Trauerkloß zum Leistungsdruckopfer - der typische Werdegang des modernen westlichen Menschen.

Aber kann es sein, dass das alles erstunken und erlogen wurde?? Eine Wissenschaft, die parallel zum modernen Kapitalismus erfunden wurde, erfindet laufend neue Namen für angebliche "Krankheiten", die früher als Teil der Persönlichkeit oder normale schwierige Lebensphase von Freunden und Familie "behandelt" worden wäre.

Ich sage STOP zur neuen Allgegenwartskrankheit Gemüt. Fallt nicht auf die Tricks der Psychodocks herein!

Psychodock

20.11.2012 - 11:49

Bitte hier anlegen! *tuuuut!

Naja

20.11.2012 - 11:59

Es gilt zu Unterscheiden:

Prokrastination (ich denke DAS meintest du) - das ist ein Charakterzug, eine schlechte Angewohnheit. Es gibt Last-Minute-Menschen, die ohne Druck einfach nicht vorankommen. Passiert mir manchmal auch.

ADHS - ist bei Kindern in vielen Fällen das Versagen der Eltern in Sachen Erziehung.

Burn Out - ist der Auffassung geschuldet, dass die Wirtschaft immer weiter wachsen muss. Unser Planet ist begrenzt, aber Wachstum soll grenzenlos sein. So verhält sich in der Natur sonst nur ein bösartiges Geschwür. Dass dann ab einem gewissen Punkt die Arbeitnehmer darunter leiden, da einer die Arbeit mehrerer Personen zu erledigen hat (ohne finanziellen Ausgleich) ist schlichtweg unvermeidbar. Und wenn man diesen Zwang und Druck auf Dauer versucht auszuhalten, dann ist man irgendwann kaputt. Körperlich und seelisch.

Lactose-Intoleranz dagegen ist eine tatsächliche Modediagnose. Jeder Mensch hat mal Dünnpfiff. Oftmals gar nicht aus Ernährungsgründen sondern durch Ursachen aus dem persönlichen, familiären oder dem Arbeitsumfeld. Aber da man hier Geld mit Pillen und Medikamenten verdienen kann haben wir Mitteleuropäer auf einmal eine Lactose-Intoleranz obwohl wir seit Jahrtausenden Kuhmilchprodukte verdauen und die Enzyme (im Gegensatz zu vielen Asiaten) von Anfang an im Körper haben.

Lovebomber

20.11.2012 - 12:11

"ADHS - ist bei Kindern in vielen Fällen das Versagen der Eltern in Sachen Erziehung."

Blödsinn. Es gibt mit Sicherheit oft Fehldiagnosen in diesem Bereich, aber wenn die genetische Disposition stark genug ist können die Eltern so gut erziehen, wie sie wollen.

Und Burnout ist prinzipiell nur ein Modewort (keine Modekrankheit) für bestimmte Formen der Depression. Ein ernsthaft arbeitender Wissenschaftler wird das wohl nur in speziellen Zusammenhängen nutzen.

"Lactose-Intoleranz dagegen ist eine tatsächliche Modediagnose. Jeder Mensch hat mal Dünnpfiff."

Du scherzt, oder? ^^

@Im Zweifel Zweifler

Ich weiß nicht wie alt du bist, aber deine Ideen wirken sehr undurchdacht. Denk also noch ein paar Jahre nach, bevor du irgendwelche gezogenen Schlüsse von dir gibst.

Naja

20.11.2012 - 12:20

Lovebomber, ich sehe das genau andersherum. Aber jedem seine Meinung.

Meine teils laxen Formulierungen ändern nichts daran, dass ich das ernst meine.

Lovebomber

20.11.2012 - 12:35

Tut mir leid, aber mit etwas medizinischer Vorbildung kann man viel von dem, was du so schreibst nur belächeln.

Außerdem scheint mir, dass du wohl teilweise das richtige meinst, dich aber nicht genau genug ausdrückst.

Natürlich kann ADHS durch den Erziehungsstil verschlimmert werden und mit Sicherheit, wird es auch Fälle geben, in denen das Kind nur durch die Erziehung solche Verhaltensauffälligkeiten entwickelt hat. Wenn dies aber der Fall ist, sollte man mit der Diagnose ADHS vorsichtig sein, da man sonst anfängt Krankheitsbilder zu vermischen.

Und zur Laktose-Intoleranz: Ich kann hier keine "Mode" feststellen. Die Statistiken liegen im normalen Rahmen.

Zu Burnout habe ich alles nötige bereits gesagt.

20.11.2012 - 12:36

Kinder haben nun mal unglaublich viel Energie, wollen die ganze Zeit aktiv sein oder gerne auch beschäftigt werden und können in den meisten Fällen auch unglaublich nervig werden. Es ist jedoch die Aufgabe des Erwachsenen, damit umzugehen. Denke schon, dass ADHS so eine Art Modediagnose war und ist, die perverserweise dazu dient, das Kind mit Medis ruhigzustellen. Oder sagen wirs mal anders ... ich würde es mir lieber zehnmal überlegen, bevor ich meinem Kind ein so heftiges Medi wie Ritalin verabreichen würde. Auf jeden Fall nicht, wenn das Kind einen extrem ausgeprägten Spieltrieb hat und anstrengend werden kann. Denn sowas ist vollkommen normal.

Koan Pillendreher

20.11.2012 - 12:47

Wenn Erwachsene mit der heutigen Welt überfordert sind, wie soll es dann erst Kindern gehen?

Die Methode, solche Symptome mit P.harmazeutika zu unterdrücken, stammt aus den Staaten, wo Pillen mittlerweise wie Bonbons eingekauft und eingeworfen werden. Gleichzeitig erteilen einem dort die von der P.harmaindustrie gesponserten Medien Ratschläge in Sachen Gesundheit.

Naja

20.11.2012 - 12:48

Tut mir leid, aber mit etwas medizinischer Vorbildung kann man viel von dem, was du so schreibst nur belächeln.

Das ist witzig, weil ich das selbe über deinen Beitrag dachte.

Cabeza

20.11.2012 - 12:51

Ja, Burnout ist ja eine prokapitalistische Erfindung vom Arbeitgeberverband, die lachen sich darüber ins Fäustchen!



Und Burnout ist prinzipiell nur ein Modewort (keine Modekrankheit) für bestimmte Formen der Depression. Ein ernsthaft arbeitender Wissenschaftler wird das wohl nur in speziellen Zusammenhängen nutzen.


Nein, das kann man so nicht sagen. Burnout ist Gegenstand umfangreicher Forschung und es gibt viele Gründe, es als eigenständige Diagnose mit spezifischen Indikationen von den klassischen affektiven Störungen abzugrenzen.
Es ist noch keine F- aber immerhin eine Z-Diagnose.

Die Behauptung, es sei ein Modebegriff für Depression kommt zwar öfter mal von psychologisch nicht genügend vorgebildeten Psychiatern, darauf würde ich aber nicht viel geben.

Ansonsten ist was du schreibst richtig, ADHS hat eine hohe genetische Komponente.
Prokrastination ist ein dysfunktionales Stress-Coping, oft im Rahmen einer Depression.

Lovebomber

20.11.2012 - 12:53

"Denke schon, dass ADHS so eine Art Modediagnose war und ist..."

Das bezweifle ich gar nicht. Das heißt aber nicht, dass !wirkliches! ADHS nicht existiert und eine Medikation notwendig sein kann. Das es einen "Trend" gab/gibt ADHS überall zu sehen stelle ich gar nicht in Frage. Das ist mit Burnout ähnlich, nur das dieser wie ein Kampfbegriff wirkt (Vorsicht! Eigene Meinung!).
Nach dem Motto:

Ist es eine Depression hat der Mensch versagt. Im Begriff Burnout hingegen schwingt wirklich eine wirtschaftlich Konnotation mit.
Scheinbar impliziert der Begriff "Depression" oft eigenes Verschulden beim Rückzug, wohingegen Burnout, die Machtlosigkeit des Betroffenen (trotz aller Bemühungen) mehr betont. Man könnte Burnout also auch als eine (begriffliche) Sonderform der diagnostizierten Depression betrachten. Das bleibt aber prinzipiell eine psychologische Komponente, medizinisch gesehen liegt dem Ganzen immer noch eine Form der Depression zugrunde.

Naja

20.11.2012 - 12:54

Cabeza, das ist vergebene Liebesmüh. Ich litt selbt unter Burn Out und weiß, dass das sehr wohl mehr als ein Modewort ist. Ich habe dadurch praktisch ein Lebensjahr verloren in dem es mir beschissen ging, auch körperlich.

Jetzt kommt so ein Depp daher und wirft mir mangelnde medizinische Vorbildung vor und gibt dabei nur Unsinn von sich.

Lächerlich. Lass dich nicht darauf ein.

Lovebomber

20.11.2012 - 12:55

@Cabeza

Danke! Mit Burnout werde ich mich wohl dann noch einmal ein wenig intensiver beschäftigen müssen.

Lovebomber

20.11.2012 - 13:00

@Naja

Versteh mich bitte nicht falsch. Ich habe nicht behauptet, dass Burnout nicht existiert ich bin nur (der rational modifizierbaren) Meinung, dass es ein modernere Bezeichnung, für noch nicht vollständig erschlossene Diagnosefelder der Depressionen ist. Mir ist schon bewusst, dass Wissenschaft im ständigen Wandel ist, und das was ich schreibe morgen schon ein Spezialfall sein kann.

20.11.2012 - 13:20

Ist es eine Depression hat der Mensch versagt. Im Begriff Burnout hingegen schwingt wirklich eine wirtschaftlich Konnotation mit.
Scheinbar impliziert der Begriff "Depression" oft eigenes Verschulden beim Rückzug, wohingegen Burnout, die Machtlosigkeit des Betroffenen (trotz aller Bemühungen) mehr betont.


Ja, absolut richtig, in den Begriff Burn-Out spielt die perverse Wirtschaftsdenke mit rein. Jemand, der Burn-Out hat, hat sozusagen das beste geleistet, was er konnte und ist dann ausgebrannt, das impliziert der Begriff. Einer, der depressiv ist, hat jedoch im wirtschaftlichen Sinne möglicherweise "noch nie was geleistet". Deswegen wird ersterer Begriff eher akzeptiert. Dass jedoch möglicherweise in erster Linie "das System" krank ist und es nachvollziehbar ist, dass es seine Krankheitsopfer nach sich zieht, so weit getrauen sich die meisten wohl nicht zu gehen, obwohl das der richtige Ansatz wäre. Außerdem ist die Zahl der psychischen Erkrankungen auf dem Arbeitsmarkt immer weiter angestiegen, im Verlauf der letzten Jahre, was ein absolutes Alarmzeichen ist. Wie konnte es nur zur Normalität werden, dass ein Mensch sich bis zur Erschöpfung auf dem Arbeitsmarkt verheizen soll?

Lovebomber

20.11.2012 - 13:26

@

Ich denke Cabezas Anmerkung zum Burnout sollte man aber nicht übergehen. Dahingehend habe ich wirklich nur eine Meinung vertreten. Was das Burnout-Syndrom letztlich wirklich ausmacht wird sich wohl dann in den nächsten Jahren zeigen.

@Naja

Entschuldige meine arrogante Bemerkung an dich in meinem 2. Post. Und auch deine eigenen Lebenserfahrungen wollte ich mit meinen Ausführungen sicher nicht in Frage stellen. Ich bin momentan wohl leicht reizbar.

Deutschland: Paradies der guten Laune

20.11.2012 - 13:32

Jeder ist seines Glückes Schmied!

20.11.2012 - 13:46

Mag schon sein, dass Burn-Out ein anderes Krankheitsbild als eine Depression ist und tatsächlich dem entspringt, dass Leute sich psychisch kaputt arbeiten. Das ist dann jedoch auch eine Erscheinung der heutigen Arbeitswelt und Wirtschaftssituation. Ohne diesen ganzen wirtschaftlichen und damit auch psychischen Druck, der heute auf jedem Unternehmen lastet, würde der Arbeitnehmer vielleicht einfach mal innehalten, Symptome eines drohenden Burn-Outs bemerken und einfach mal einen Gang zurückschalten bei der Arbeit.

Bankster

20.11.2012 - 13:56

Die Weihnachtsboni sind sicher.

dadada ichliebmichnicht

20.11.2012 - 13:58

nur soviel tun, wie nötig. beim chef einschleimen. konkurrenten sabotieren. profitieren. nach mir die sinnflut.

bla

20.11.2012 - 20:36

selten was dämlicheres gelesen.
schämt euch.

bla

20.11.2012 - 20:38

ich meinte damit meinen eigenen beitrag.
ich schäme mich.

Stromberg reloaded

21.11.2012 - 13:08

Also früher, früher da gab es sowas nicht. Da konntest du nicht einfach sagen, hier dings, Bööörnout...

Lurchi

21.11.2012 - 13:42

Obwohl:

Büro ist wie Achterbahn fahren, ein ständiges Auf und Ab. Wenn man das acht Stunden machen muss - täglich - dann kotzt man irgendwann.

Castorp

21.11.2012 - 15:05

Die Frage für Sprachwissenschaftler oder Sprachphilosophen muss in erster Linie sein, WANN der Begriff "Burn-Out" erstmalig auftauchte und WER ihn (zuerst) verwendet (hat). (und dann WER von dem neuen Begriff am ehesten profitiert? Der Erkrankte? Oder die kapitalistischen Herrscher? Geht es tatsächlich um die Beseitigung des Leids?) Weiß jemand, wann der Begriff zum ersten Mal auftauchte? Das ist ganz wichtig. [Randnotiz: zu Zeiten von William James oder Sigmund Freud, im 19. Jahrhundert, hat man auch "Melancholie" (Ursprung: Schwarzgalligkeit; Bedeutung: Traurigkeit) synonym für eine Erkrankung der Seele verwendet. Es ist also nicht so, dass die Geschichte hier immer eindeutige Begriffe für die Krankheiten bereithielt.]

Wie dem namenlosen Poster erschließt sich auch mir nicht, warum die Erkrankung der menschlichen Seele plötzlich etwas anderes sein soll als ein "Niedergedrücktsein" (Depression). Warum heißt eine seelische Erkrankung plötzlich "Ausgebranntsein" (Burn Out)? Und warum verwendet dann niemand in Deutschland den deutschsprachigen Begriff "Ausgebranntsein"? (vielleicht weil es am Ende gar nicht um sprachliche Klarheit und neue Erkenntnis geht, sondern um eine andere Kategorisierung für die kapitalistische Arbeitswelt und die Diskriminierung von "nutzlosen Verlierern"?)

P.S.: Kennt jemand Disneys "Burnout und Bianca"? (Probs to Atze Schröder für den flachen Gag)

Castorp

21.11.2012 - 15:09

Wenn es sich bei "Burn Out" tatsächlich um ein neues Krankheitsbild handeln sollte, frage ich mich, was seelische Erkrankte im Frühzeitalter der Industrialisierung im 19. Jahrhundert hatten, wo viele nicht nur körperlich, sondern auch seelisch erkrankten bzw. es psychosomatische Erkrankungen gab...oder blieben die etwa alle kerngesund?

P.S.: It's better to fade away, than to burn out. (Neil Young)

Tuxedo-Owner

21.11.2012 - 16:56

Burn-Out ist ja auch kein neues Krankheitsbild, sondern nur eine "neue" Bezeichnung für ein bereits Bestehendes. Natürlich gab es auch schon im 19. Jahrhundert Erschöpfungs- und Überarbeitumgssyndrome, du wirst aber mit Sicherheit in keiner deutschen Aufzeichnung aus der Zeit den Begriff Burn-Out finden. Ich persönlich habe, denke ich, zu wenig medizinische Vorkenntnisse, um mir ein angemessenes Urteil darüber bilden zu können, es ist aber schon auffällig, dass der Begriff an sich in den letzten Jahren schon sehr inflationär benutzt wurde.

matti

21.11.2012 - 21:49

No matter how we act
they' ll find a syndrome for all of it.

22.11.2012 - 05:04

frage ich mich, was seelische Erkrankte im Frühzeitalter der Industrialisierung im 19. Jahrhundert hatten, wo viele nicht nur körperlich, sondern auch seelisch erkrankten bzw. es psychosomatische Erkrankungen gab...oder blieben die etwa alle kerngesund?

Es gab schon immer Leid, Traurigkeit, Depressionen. Ich denke mir nur, damals hat es noch weniger als heute interessiert, wie es einem einzelnen überhaupt geht, geschweige denn, ob ein Betroffener noch an diesem gesellschaftlichen Leben teilhaben darf. Da war es Standard, dass sich ein gewöhnlicher Arbeiter in der Fabrik kaputtschuftet. Heute ist das Thema zumindest wenigstens mal in den Medien, auch wenn es da nur eher oberflächlich angekratzt wird.

Ich denk, es hat alles viel mit zwischenmenchlicher Ignoranz zu tun. Solange man in einem Betrieb in erster Linie nur ein Kostenfaktor ist, also eine Zahl auf einem Papier oder einem Bildschirm und dieses Gefühl auch vermittelt bekommt, na ja. Aber wenn Raubtierkapitalismus die Rahmenbedingungen vorgibt, wie soll da überhaupt jemand zufrieden an seinem Arbeitsplatz sein? Und die Angst davor, kein Geld mehr zu bekommen, dürfte dann die größte Motivation sein, warum man den Job überhaupt macht. Hat alles viel mit Psychologie zu tun.

Hingegen, wenn jemand Erfüllung in dem gefunden hat, was er tut, dann reißt er sich da richtig den Arsch auf, womöglich gar noch ehrenamtlich und auch ein hohes Arbeitspensum führt dann nicht zum Burnout, sondern nur zu noch mehr Erfüllung. Wenn man da mal angelangt ist, dann kann einem das ganze System sowieso am Arsch vorbeigehen, glaube ich.

fett in japan

22.11.2012 - 10:16

früher ja früher, da gab es noch die wärme der familie, dass war therapie genug und hielt einen auf dem boden.
heute laufen nur noch verwirrte individuen herum.

modediagnostiker

22.11.2012 - 14:31

Cabeza
20.11.2012 - 12:51 Uhr

Nein, das kann man so nicht sagen. Burnout ist Gegenstand umfangreicher Forschung und es gibt viele Gründe, es als eigenständige Diagnose mit spezifischen Indikationen von den klassischen affektiven Störungen abzugrenzen.


ich bin ganz ohr...

weiche talente

22.11.2012 - 14:38

http://jetzt.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/560104/Hard-Skills-please

"Die Soziologin Eva Illouz hat gezeigt, dass der Psychosprech im 20. Jahrhundert von den Unternehmen aus seinen Siegeszug durch die Gesellschaft antrat: Schon die ersten Personalberater ähnelten Psychologen.
Klar, man könnte naiverweise erst einmal davon ausgehen, dass die Arbeitswelt dadurch menschlicher wird, persönlicher, wärmer und freundlicher. Aber der Ruf nach Soft Skills bedeutet, dass die Ansprüche steigen, dass uns noch mehr abverlangt wird im Job.

Und wir wissen noch nicht einmal genau, was. Wir sollen teamfähig sein und durchsetzungsstark, uneitel und zielstrebig, ehrgeizig und anpassungsfähig, flexibel und beharrlich. Bestenfalls tut man diese Anforderungen als Büro-Binsen ab und vergisst sie schnell. Nimmt man sie dagegen ernst, stellt man fest, dass sie nicht so recht zusammenpassen. Die Fähigkeiten, die wir für die moderne Arbeitswelt mitbringen sollen, widersprechen einander. Damit die Widersprüchlichkeit nicht auffällt, wird sie im Jargon des Personalmanagements als „weich“ umetikettiert. [...]

Das Perfide ist, dass das Gefühl des Ungenügens nicht im Job hängen bleibt. Es begleitet uns wie die Dienstmails, die wir auch nach Feierabend noch beantworten. Es verfolgt uns wie der Anruf des Chefs, der uns natürlich auch im Urlaub auf dem Handy erreichen kann. Bereits Siegfried Kracauer beschrieb in seiner Angestelltenstudie die „von den Charakteranalysen her drohende Gefahr eines Übergriffs in die Privatsphäre“. Die Psychologisierung der Arbeitswelt bedeutet, dass auch deren Probleme psychologisch zu interpretieren sind. Klappt es im Büro nicht, liegt das nicht mehr nur an der schwierigen Wirtschaftslage oder dem falschen Fach, das wir studiert haben. Irgendwas tief in uns drin ist mitverantwortlich. Soll die Persönlichkeit für den Erfolg bestimmend sein, ist sie das auch für unser Scheitern. Da wird der hübsche Soft-Skills-Jargon brutal: Er führt uns direkt in eine „Welt, in welcher persönliche Niederlagen, auch wenn sie sozial bedingt sind, sozial kompetent eingesteckt werden“ müssen, schreibt der Basler Bildungsphilosoph Roland Reichenbach. Protest verrät mangelnde Sozialkompetenz."


Der Schwächste fliegt im "Börn-Aut"-Karussell...

Sadness

25.11.2012 - 21:07

http://www.spiegel.de/spiegelwissen/trauer-wie-viel-verlustschmerz-ist-eigentlich-normal-a-866061.html

Doch konsultiert man einen Psychiater, könnte es künftig womöglich passieren, dass er jemanden für gestört erklärt, für depressiv, wenn er mehr als zwei Wochen nach dem Tod seines Partners oder seines Kindes noch immer völlig neben der Spur ist, nicht arbeiten kann oder sich gar danach sehnt, dem geliebten Menschen einfach zu folgen.

und wenn schon? was wäre so schlimm daran, eine depression nach dem verlust eines geliebten menschen zu entwickeln? wäre das nicht nachvollziehbar? wäre man dann loser oder sowas?

these

25.11.2012 - 21:14

Die Amis wollen doch nur die Diagnosen bei Trauer verändern, damit die dreckige Phar.ma-Industrie schön noch mehr Psycho-Pillen verticken kann!!

Polarbär

25.11.2012 - 21:18

Doch, ich kenn diese angeblichen Krankheiten sehr gut:

ZUVIEL FREIZEIT UND ZUVIELE MÖGLICHKEITEN UND KEINE ERZIEHUNG, DIE EINEN AUF DAS LEBEN VORBEREITET. IMMER SCHÖN PARTY MACHEN UND IRGENDWANN RUMHEULEN, DASS EINEN KEINER VERSTEHT.

Was gibt es daran nicht zu kapieren. Das einer auch noch ernsthaft in einem Musikforum darüber diskutieren will, zeigt doch nur wie degeneriert diese Schwachköpfe sind.

Waschbär

25.11.2012 - 21:34

Oh, ich seh schon, jetzt kommen wieder die ganz großen Experten aus ihren Löchern gekrochen ...

Castorp

21.01.2013 - 17:52

Psychatrie als "Polizey-Wissenschaft"

"Jörg Blech weist in seinem Artikel darauf hin, dass 70 Prozent der aktuellen DSM-Autoren als Berater für Pha.rmafirmen arbeiten. Der DSM betreibe „Seelsorge für die Industrie“, in dem er gesellschaftlich nicht erwünschte, störende Verhaltensweisen pathologisiere und damit für eine medikamentöse Behandlung zurechtrücke. Im Vorfeld der Neuausgabe habe es einen teilweise grotesken Wettstreit um die Aufnahme neuer Störungsbilder und psychischer Krankheiten in das Diagnosemanual gegeben."

70 Prozent...woah. :D

Damit wäre eine gängige Verschwörungs-Theorie als Verschwörungs-Praxis bestätigt: die Phar.ma-Industrie will ihren Dreck unter möglichst viele Menschen bringen.

Orph

21.01.2013 - 18:44

Ladies.and.Gentlemen,lend Mike Tyson your ears.

@Castorp

21.01.2013 - 18:45

Oh Mann!!! Das ist keine Verschwörung, das ist Kapitalismus!

Dennis Lyxzen

21.01.2013 - 18:46

"Capitalism is indeed organized crime..."

organized = ein Zirkel von Verschwörern gegen das Volk

22.01.2013 - 02:04

Wie schon mal gesagt, Kapitalismus und Gesundheitswesen dürften nichts miteinander zu tun haben, denn das ist ein Bereich wos dann echt zynisch wird. Und die "Pathologisierung von Verhaltensweisen" sehe ich sowieso als Problem. Wenn man zu jemandem sagt, er sei depressiv und er das so glaubt, dann läuft er fortan immer mit diesem Etikett herum. Dann denkt er immer, dass mit ihm irgendwas nicht stimmt, dass an ihm irgendwas grundsätzlich krankhaft und pathologisch ist. Ohne dieses Etikett würde er jedoch nur spüren, dass er oft traurig und mit vielem unzufrieden ist. Das macht schon einen Unterschied aus.

Richtig bescheuert finde ich "Prokrastation". Dass man unangenehme Dinge gerne aufschiebt sehe ich als eine geradezu normale und weit verbreitete menschliche Verhaltensweise an. Aber wahrscheinlich wirds selbst dagegen irgendwelche Pillen geben, anstatt dass man sich eben einfach mal zusammenreißt und die unangenehmen Dinge dann eben einfach doch erledigt. Ist ja auch immer eine schöne Ausrede. "Ach, ich kann doch gar nicht mein Zimmer aufräumen, denn ich hab doch Prokrastation".

Also diese pathologische Etikettierung, die man sich dann selbst gibt, ist problematisch bis gefährlich. Ich bin mir sicher, dass man komplett gaga wird, wenn man zu sehr in lauter Krankheitskategorien denkt.

Paranoides Gedankensystem

22.01.2013 - 06:02

Gustel Mollath

da habt ihrs

14.04.2013 - 21:59

http://www.spiegel.de/gesundheit/psychologie/normal-von-allen-frances-beichte-eines-psychiater-papstes-a-893739.html

Als Beispiel beschreibt Frances, wie er und seine Mitstreiter die banale Schüchternheit in die "soziale Phobie" verwandelt haben, heute die dritthäufigste psychische Störung. "Wir hatten alle den Kopf tief im Sand und verschätzten uns grob", räumt er ein. Und leider sei es ihm nicht gelungen, "drei neue falsche Epidemien bei Kindern vorherzusagen oder gar zu verhindern: Autismus, Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) und bipolare Störung". Dabei seien die Kinder heute gar nicht gestörter als früher, gesteht Allen Frances. "Was sich verändert hat, sind die Etiketten".

da, da isses!!!

Cabeza

14.04.2013 - 23:09

Das Problem sind nicht in erster Linie die inflationären Diagnosen, sondern die nach wie vor vorhandene Stigmatisierung.

Es ist auch kaum jemand von uns frei von körperlichen Erkrankungen (von Fußpilz über Hausstauballergie oder Laktoseunverträglichkeit), trotzdem würde niemand Medizinern übertriebene Pathologisierung vorwerfen.

In hochkomplexen Zivilisationsformen in denen Menschen mit unzähligen sich oft widersprechenden Anforderungen konfrontiert sind, kommt es nun mal häufig vor dass bestimmte Bereiche der Psyche dysreguliert sind, sich volitionaler Kontrolle entziehen, was das Wohlbefinden beeinträchtigt und sich auch schnell mal auf verschiedene soziale Funktionsbereiche auswirken kann.

So lange effektive Therapiemöglichkeiten bestehen (und natürlich nebenwirkungsfreie, also in der Regel keine Psychophar.maka) ist es doch super, diese zu erforschen, zu lindern, und das Leben lebenswerter zu machen.

Man sollte sich mal fragen, wie das Wort "gestört" innerhalb weniger Jahrzehnte dermaßen durch die Euphemismustretmühle gedreht wurde und sich mit ausgrenzender Konnotation aufgeladen hat.

Ich denke jeder von uns ist im Wortsinne "gestört", überdauernd von bestimmten Lebensbedingungen denen er nicht Herr wird.

@Cabeza

14.04.2013 - 23:22

Warum nimmst du dir eigentlich 10 Minuten Zeit, um in diesem (!) Forum einen solchen fachlich fundierten Beitrag zu verfassen? Du glaubst doch nicht ernstlich, dass dieheutigen User dessen Inhalt verstehen, geschweige denn, dass sich daraus eine fruchtbare Diskussion entspinnen wird, oder? Oder leidest du am Castorp-Syndrom (= nicht mehr vom Forum loskommen und stoisch ausführliche Postings verfassen, obwohl man genau weiß, dass diese fast nur noch von Intelligenzgeminderten gelesen werden)?

Cabeza

15.04.2013 - 11:15

Keine Ahnung, ich schau hier halt aus Nostalgie noch ca. einmal die Woche rein.

Früher waren hier tatsächlich mal viele hochwertige Diskussionen möglich, und heute gibt es neben mir und Castorp immer noch ein paar Leute die nicht nur trollen. Warum sonst gäbe es diesen Thread, in dem ja aktuelle Diskussionen aufgegriffen werden?

Und ist dein Posting nicht nochmal sinnloser, wenn ich mal annehme dass du nicht zu den Intelligenzgeminderten zählst? :)

Cabeza

15.04.2013 - 11:24

Hier hat es halt traditionell eine Menge von begeisterten Verschwörungstheoretikern. Denen würde ich empfehlen eher mal in die andere Richtung zu denken:
Wem nützt es, dass Diagnosen wie "Burnout" als "erfunden" diskreditiert werden, von "geldgeilen" und "therapiewütigen" Wissenschaftlern konstruiert?

Nützt dies den Menschen, die wegen ihrer Probleme Hilfe beanspruchen wollen?

Oder denen, die die Erforschung, den Ausbau und die Bezahlung dieser Hilfen, sowie das Hinterfragen von gegenwärtigen Arbeitsverhältnissen verhindern wollen?

Deutschland

16.04.2013 - 15:04

Etwas Schreckliches ist geschehen. Eine Katastrophe. Marcus, Vater von vier Töchtern, schwankt zwischen Wut und Fassungslosigkeit. Marie, seine älteste Tochter, hat die Englischklausur "verhauen". Sie hat nur eine Drei mit nach Hause gebracht.

So beginnt die Reportage "Rebellion im Kinderzimmer", ein Beitrag für die ZDF-Reihe "37 Grad". Es geht um ehrgeizige Eltern und Kinder, die keine Kinder sein dürfen. Um Druck, Dressur und Disziplin.


Wenn der Papa sich wie Kim Jong-un gebärdet

Die Dokumentation "Rebellion im Kinderzimmer", läuft am 16. April um 22.15 Uhr im ZDF

logan

16.04.2013 - 21:00

Oha, hier gibt es tatsächlich noch thematische Threads? Und ich dachte schon, das Forum sei tot. Gut so! Schade nur, dass sich zu Musik kaum noch was lesbares und interessantes findet...

logan

16.04.2013 - 21:02

wie gut dass ich selbst außer rumheulen auch thematisch interessante dinge poste.

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