Boykottiert den Eurovision Song Contest 2012 in Baku, Aserbaidschan!

Flagge zeigen!

16.02.2012 - 19:39

http://www.3sat.de/page/?source=/kulturzeit/themen/160587/index.html


Korruption und Willkürherrschaft

Aserbaidschan vor dem Eurovision Song Contest

Der Stadtgouverneur von Baku hat internationale Medienvertreter und die High Society in einen Palast am Stadtrand geladen. Es ist der feierliche Auftakt zum Eurovision Song Contest in der aserbaidschanischen Hauptstadt. Doch auch das gehört zu den Vorbereitungen: Im Zentrum der Stadt wird das Haus der Menschenrechtskämpferin Leyla Yunus abgerissen - unangemeldet und illegal. Von hier aus kämpfte Hausbesitzerin Yunus gegen Korruption und Willkürherrschaft.



Yunus ist im Ausland als die Bagger kommen - zehn Stunden nachdem die "New York Times" über ihre regierungskritische Arbeit berichtete. Eine Entschädigung für das Haus gab es nicht. Mit ihrem Team ist sie jetzt provisorisch in einer kleinen Wohnung untergekommen. "Ich möchte, dass Sie wissen, dass der Eurovision Song Contest nichts ist, was den Menschen in Aserbaidschan Freude bringt", sagt Yunus. "Er hat neue Tragödien gebracht. Was soll das für ein Eurovisionskonzert werden, in einem Land, wo es Folter gibt und politische Gefangene? Keine freien Wahlen, keine Versammlungsfreiheit, keine Meinungsfreiheit, nichts."

Mafiöse Strukturen

In den letzten Jahren hat sich Baku rasant verändert. Ein Bauboom, finanziert durch Ölmilliarden, hat der Stadt 800 neue Hochhäuser beschert. Die Immobilienpreise sind inzwischen wie in London oder New York. Kurz vor der Eurovision muss alles noch schneller gehen. Was im Weg steht, kommt weg. "Das sind mafiöse Strukturen", klagt Yunus. "Kein Mensch kann sich sicher sein, dass sein Haus nicht einfach abgerissen wird. Es gibt keinen Plan, nur Willkür. Da kann einfach irgendjemand kommen und sagen: 'Ich will ein Hotel bauen, ein Bürogebäude. Genau hier.'"

20.000 Menschen, sagen Oppositionelle, haben 2011 in Baku so ihre Wohnungen verloren. Sind wurden nachts illegal abgerissen, gedeckt von einer korrupten Stadtregierung. Für die Crystal Hall, die neue Song-Contest-Halle müssen blockweise Wohnhäuser weichen. Menschenrechtler dokumentieren die Abbrüche heimlich, denn Pressefreiheit gibt es nicht in dem Land, das autoritär vom Aliyev-Clan regiert wird. Vater Heydar Aliyev war zehn Jahre lang Präsident. Dann kam sein Sohn Ilham an die Macht. Opposition lässt auch er nicht zu. Nur einzelne Aktivisten wie der Blogger Ali Novruzov sprechen offen über Korruption und die Missstände im Land. "Eurovision ist ein guter Vorwand für die, die noch mehr Teile der Stadt noch schneller zerstören und neu aufbauen wollen", sagt er. "Jetzt wollen sie hier das höchste Gebäude der Welt bauen, höher als das Burj Khalifa in Dubai. Das ist doch lächerlich. Wir haben ganz andere Probleme. Die Infrastruktur ist kaputt, die Müllabfuhr funktioniert nicht. Wir haben noch nicht einmal fließendes Wasser in weiten Teilen der Stadt."

Das Ende der Protestbewegung

Im Frühjahr 2011 gab es ein kurzes Aufbäumen. Inspiriert vom Arabischen Frühling gingen die Bürger von Baku auf die Straße. Sie protestierten gegen Korruption und Willkürherrschaft und für mehr Meinungsfreiheit. Der Obrigkeitsstaat griff hart durch. Bei manchen Demonstrationen waren mehr Polizisten als Demonstranten. Einige Aktivisten wurden krankenhausreif geprügelt und 17 von ihnen als politische Gefangene eingesperrt. Das war das Ende der Protestbewegung. Zum Jahresende 2011 gab es für einige Gefangene eine Amnestie. Trotzdem sitzen noch immer Oppositionelle im Gefängnis, darunter auch Journalisten. "Ich war früher selbst Journalist", sagt Emin Huseynov vom Institute For Reporters' Freedom and Safety. "Aber inzwischen bin ich Menschenrechtler. Ich verteidige die Rechte von Journalisten. Ich bin selbst mehrmals ein Opfer von Polizeigewalt und Folter gewesen. Ich bin ohne Rechtsgrundlage festgenommen worden. Einmal musste ich für längere Zeit im Krankenhaus behandelt werden."

Weil Radio und Fernsehen in Aserbaidschan vom Staat kontrolliert werden, betreiben junge Journalisten einen Internet-Fernsehsender - mit einfachsten Mitteln, immer von der Schließung bedroht. Die Aufmerksamkeit für den Eurovision Song Contest wollen sie für ihre Ziele nutzen. "Wir planen gerade ein eigenes Festival: 'Sing for Democracy'", sagt Huseynov. "In Aserbaidschan gibt es zwar keine Versammlungsfreiheit, aber wir wollen es trotzdem versuchen. Wir wollen kurz vor dem Eurovision Song Contest ein großes Open Air veranstalten. Dazu laden wir Künstler aus allen Nachbarländern ein. Sie sollen Lieder über die Demokratie singen - Lieder über Menschenrechte."

Täuschende Fassade

Was ist die Botschaft der Menschenrechtlerin Leyla Yunus an die deutschen und internationalen Besucher, die zu Eurovision nach Baku kommen? "Ich will, dass sie sich vorher über Aserbaidschan informieren, etwas lesen, auch über die aktuelle Situation hier", so Yunus. "Und wenn sie kommen, sollen sie mit den Menschen sprechen, die Augen aufmachen, einen Fotoapparat mitbringen und schauen, wie viel Polizei hier auf der Straße ist. Ich bin mir sicher, dass es nirgends auf der Welt so viele Polizisten gibt. Und diese Polizisten haben Ihren Journalistenkollegen nicht geholfen, als sie 2011 nachts auf der Straße zusammengeschlagen wurden." 10.000 Touristen werden im Mai 2012 nach Baku kommen und mehr als 1600 Journalisten. Hoffentlich werden sich nicht von den glänzenden Fassaden täuschen lassen.

alexis

16.02.2012 - 19:40

den mist kuckt doch eh kein vernünftiger mensch. und die, die es tun, stören sich auch nicht an solchen dingen...

dUMMES

16.02.2012 - 19:41

Okay, und was soll ich machen?

VELVET UNDERGROUND

16.02.2012 - 19:48

In Aserbaidschan wird türkisch gesprochen.

Das Motto zwischen der Türkei und Aserbaidschan lautet seit jeher:

ZWEI STAATEN, EIN VOLK !!!
(Deshalb ist die Song-Contest-Gewinnerin aus Aserbaidschan auch mit einer türkischen Flagge auf die Bühne gerannt.)

Hans Gruber

16.02.2012 - 20:02

In Aserbaidschan wird türkisch gesprochen.

Das Motto zwischen der Türkei und Aserbaidschan lautet seit jeher:

ZWEI STAATEN, EIN VOLK !!!


false.
aserbaidschaner sprechen kein türkisch, sie sprechen aserbaidschanisch. beides turksprachen, keine türkischen sprachen. sowie kasachisch und uigurisch. und als ein volk sehen sie sich bestimmt nicht. wahrscheinlich verwechselst du außerdem die aserbaidschanische mit der türkischen flagge. haben nämlich beide einen halbmond abgebildet.

VELVET UNDERGROUND

16.02.2012 - 20:10

@Hans

Quatsch!!
Die Gewinnerin IST mit einer türkischen Flagge auf die Bühne gerannt und hat auch schon vorher durchgehend damit rumgewedelt.

Die Leute dort sprechen aserbaischanisches Türkisch. Wir können uns unterhalten.

Und JA, sie sehen sich als ein Volk mit den Türken.

Wenn man keine Ahnung hat, sollte man sich nicht äussern!

Genervter

16.02.2012 - 20:35

Halt die Fresse vu, sowas interessiert hier niemanden. Es hat nichts mit dem Thread zu tun, ob die Leute da drüben türkisch sprechen. Beide Länder sind abschaum.

VELVET UNDERGROUND

16.02.2012 - 20:42

@Genervter

Dass du so ganz nebenbei zu erkennen gibst, was für eine politische Gesinnung du hast, ist interessant.
Du wählst wahrscheinlich die NPD.
Oder Pro-NRW.

Oder irgendetwas in der Richtung.

Genervter

16.02.2012 - 20:44

Interessant wie naiv du bist. Und jetzt bitte Fresse halten.

Der intelligente Einwurf

16.02.2012 - 20:44

Wenn er Türke wäre, wäre er wahrscheinlich Atatürk-Anhänger!

@Genervter

16.02.2012 - 20:47

Du denkst wirklich, jemand könnte mehr nerven, als dein primitives Gedankengut?

Genervter

16.02.2012 - 20:52

Ja, du.

Hans Gruber

16.02.2012 - 21:04

Die Gewinnerin IST mit einer türkischen Flagge auf die Bühne gerannt und hat auch schon vorher durchgehend damit rumgewedelt.

ich habe besseres zu tun als mir den grand prix anzugucken. da du oftmals falsche behauptungen aufstellst (syrien, armenien und jetzt aserbaidschan) bin ich einfach mal davon ausgegangen, dass du wieder mal unrecht hattest.

Die Leute dort sprechen aserbaischanisches Türkisch. Wir können uns unterhalten

nein, sie sprechen (wie oben schon erwähnt) aserbaidschanisch. schließliche ist die amtsprache aserbaidschans auch aserbaidschanisch.
finde ich toll, dass türken und aserbaidschaner sich unterhalten können. sind ja auch schließlich beides sprecher turkischer sprachen. aber nur weil türkisch eine turkische sprache ist, heißt das nicht, dass alle turkischen sprachen auch türkische sprachen sind.

Und JA, sie sehen sich als ein Volk mit den Türken.

wieder falsch. aserbaidschaner sind über ganz europa und asien verteilt. u.a. in iran, georgien, russland, kasachstan usw. kann ja gut sein das sie in den ländern als turken (nicht türken) angesehen werden. sie selbst sehen sich als aserbaidschaner, die ja schließlich auch eine eigene ethnie darstellen.

Wenn man keine Ahnung hat, sollte man sich nicht äussern!

dito

Gumbo

16.02.2012 - 21:07

Ich möchte hiermit kurz und eindeutig klarstellen, dass mir eure Meinungen zu diesem Thema scheißegal sind!

VELVET UNDERGROUND

16.02.2012 - 21:16

@Hans

Ich glaube, dass ich über das Verhältnis zwischen der Türkei und Aserbaidschan weitaus besser bescheid weiss, als du!

Es ist nunmal so, dass eine besondere Verbindung herrscht.

Was ist daran ungewöhnlich?
Schau dir doch mal die skandinavischen Länder an. Die fühlen sich auch enger miteinander verbunden, als mit anderen Ländern.

VELVET UNDERGROUND

16.02.2012 - 21:17

Hallo, mein Name ist Gerd, ich wiege 124 kg und sitze nackt vor meinem Computer.

@VU

16.02.2012 - 21:18

Verbunden ja, aber sie hassen auch einander.

Norweger gegen Schweden, Schweden gegen Dänen etc.

was soll das

16.02.2012 - 21:19

use somebody und oh sole mio?

VELVET UNDERGROUND

16.02.2012 - 21:20

@@VU

Hmm?
Nein, ich glaube, dass die Skandinavier sich schon sehr mögen.
Vielleicht necken die sich nur.

Die schieben sich seit jeher die Punkte gegenseitig in den Arsch beim ESC.

VELVET UNDERGROUND

16.02.2012 - 21:22

Hallo, mein Name ist Gerd, ich wiege 124 kg und sitze nackt vor meinem Computer.

VELVET UNDERGROUND

16.02.2012 - 21:40

Die Türkei mag Aserbaidschan mindestens so doll wie Armenien!

Hans Gruber

16.02.2012 - 21:47

kann ja sein, dass da eine besondere verbindung besteht. sind ja auch, wie schon gesagt, beides turkvölker.
es ist aber falsch zu behaupten, aserbaidschaner würden sich als türken sehen. und es ist noch falscher zusagen, sie würden türkisch sprechen.

ps

23.02.2012 - 18:05

Die Türkei wird 2012 beim Song-Contest von einem J.uden vetreten.

Can Bonomo heisst er.


Wenn das mal keine 12 Punkte aus I.srael gibt!

bakuwokler

25.02.2012 - 09:48

Austria mit Niveau! lol!

http://www.youtube.com/watch?v=L_W2tbW64pQ

Posten mit Schmerzen

25.02.2012 - 10:15

"Korruption und Willkürherrschaft"

Das sind ja Zustände wie in Deutschland!

Geraldo Simpson

25.02.2012 - 10:17

Gut das Gabbo endlich bei uns auftritt. Er wird uns sagen was wir tun sollen.

Nur zur lnfo

25.02.2012 - 10:40

bakuwokler = Dario Haluschan

bakuwokler

25.02.2012 - 10:42

weit daneben (wie gewohnt von NZI!)

ai

26.02.2012 - 14:34

http://action.amnesty.de/l/ger/p/dia/action/public/?action_KEY=8393&d=1

Kupferstecher

26.02.2012 - 14:38

Denke, dieses Jahr müsste eh mit so nem schnarchlangweiligen Song wieder einer der unteren Plätze drin sein. Der Typ hat natürlich mehr Ausstrahlung als alle No Angels zusammen, aber sehr viel höher wird er trotzdem nicht kommen, denk ich.

Mutmaßer

26.02.2012 - 14:42

Romans Vorteil ist, dass sowohl Mädchen als auch Omis für ihn anrufen werden. Nicht zu unterschätzen ist auch die Schwulen-Szene, die ihn bestimmt ordentlich pushen wird.

Doro

26.02.2012 - 15:04

Nach Lena kan es nicht mehr oberflächlicher werden.

hui

26.02.2012 - 15:04

Dann ist die Schwulenszene aber ziemlich kurzsichtig/blind/dumm... Denn oute dich mal in Aserbaidschan als Schwuler...... Selbst im sog. Westen ist ja immer noch nicht einfach... aber dort... viel Spaß!

Doro

26.02.2012 - 15:08

Nach Lena kann es nicht mehr oberflächlicher werden.

@ hui

26.02.2012 - 15:32

Um den Schlager-Grand-Prix zu sehen reisen praktisch ausschließlich Homosexuelle und Journalisten an. Viel Spaß an die Einheimischen!

Entencoat

26.02.2012 - 15:43

Ich war letzes Jahr beim zweiten Halbfinale in Düsseldorf. Muss ich mir jetzt Gedanken machen, dass ich schwul bin?

@Entencoat

26.02.2012 - 15:47

Theoretisch nein, praktisch ja.

Entencoat

26.02.2012 - 15:52

Oder vielleicht bin ich einfach nur ein verkappter Journalist? Oder sogar ein schwuler Journalist? Ich weiß nicht mehr weiter.

Doro

26.02.2012 - 16:20

Nach Lena kann es nicht mehr oberflächlicher werden.

@Doro

26.02.2012 - 17:04

Heißt du mit Nachnamen Pesch?

@Entencoat

26.02.2012 - 17:05

Bist du vielleicht gar nicht männlich, sondern weiblich und heißt Elin (auch wegen Düsseldorf)?

Doro

26.02.2012 - 17:19

Nach Lena kann es nicht mehr oberflächlicher werden.

Wahrheiten:

03.04.2012 - 11:45

http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/0,1518,824555,00.html


03.04.2012

Zwangsräumungen in Baku
"Betonklotz ins Schlafzimmer geschleudert"


Aus Baku berichtet Annette Langer


Großreinemachen vor der Schlagersause: Zum Eurovision Song Contest will sich Aserbaidschans Hauptstadt Baku modern und aufgeräumt präsentieren. Deshalb müssen alte Häuser und ihre Besitzer weichen. Wer nicht freiwillig geht, wird mit perfiden Methoden dazu gezwungen.

Am 17. März, kurz vor Mitternacht, schreckte Großmutter Schirinbadschi mit Herzrasen aus dem Schlaf hoch: Ein ohrenbetäubendes Krachen hatte sie geweckt. Sie rannte zum Zimmer, in dem ihr zweijähriger Enkel und dessen Mutter schliefen. "Ich habe meinen Augen nicht getraut - jemand hatte mit einem Schaufelbagger durch das Dach einen riesigen Betonklotz ins Zimmer geschleudert." In der Decke klafft jetzt ein fünf Quadratmeter großes Loch.

Wie durch ein Wunder wurde niemand verletzt. Für die sieben Menschen in der etwa 50 Quadratmeter großen Wohnung in der Agamirsa-Alijew-Straße war klar: Dies war ein Anschlag - auf die Unversehrtheit, den Stolz und den bescheidenen Besitz der Familie Rsajew.

"Wir haben die Feuerwehr angerufen, aber die haben nur gefragt, warum wir nicht endlich an die Stadt verkaufen." Die Rentnerin atmet schwer, ihre Augen funkeln vor Zorn. Seit 2009 werden Immobilienbesitzer in Baku verstärkt genötigt, ihre zum Teil noch aus der Zeit des ersten Öl-Booms im 19. Jahrhundert stammenden Häuser und Grundstücke unter Preis zu verkaufen - um Platz für moderne Neubauten zu schaffen. "Der Präsident will auf meine Kosten sein neues Baku aufbauen, da mach ich nicht mit", schimpft Rsajewa.

Im Februar kam ein Behördenvertreter auf die Familie zu und drängte sie, doch bitte endlich ihr Haus zu verkaufen. "Die wollten mir Angst machen, so etwas mag ich gar nicht", empört sich Rsajewa. Das Angebot, das ihr unterbreitet wurde, lag weit unter dem Wert der Immobilie im Zentrum der Stadt und galt für nur 41 der eigentlich 50 Quadratmeter - man hatte Küche und Bad abgezogen.

Rsajewa weigerte sich und ging vor Gericht. Ein regierungstreuer Gutachter erklärte, das Haus müsse verkauft werden, weil es baufällig sei und eine Gefahr darstelle. "Na klar, mein Dach ist aus Versehen ins Schlafzimmer geplumpst", ärgert sich die Besitzerin.

Noch während die alte Dame ihr Schicksal beklagt, reißen für einen Hungerlohn angeworbene Hilfsarbeiter in der Nachbarschaft ein Haus ab - obwohl im Nebengebäude noch Kinder spielen. Schnell hat sich eine Traube von Anwohnern gebildet, wütend beschimpfen sie den Abreißtrupp, der in einer Wolke von Staub stur seinem Auftrag nachgeht.


Elmar, 43, Elektriker

"Ich bin hier in der Schamsi-Badalbeili-Straße geboren. Mein Großvater hat das Haus noch mit Goldmünzen bezahlt. Jetzt lebe ich 40 Kilometer von Baku entfernt, bin arbeitslos. Die Stadt hat mir 1500 Manat (etwa 1400 Euro) pro Quadratmeter geboten. Doch das reicht nicht, um sich in der Innenstadt eine neue Wohnung zu kaufen. Die Preise liegen bei 5000 Euro pro Quadratmeter. Ich habe mich ein halbes Jahr lang geweigert, den Kaufvertrag zu unterschreiben. Dann bin ich eingeknickt. Inzwischen ist alles verwüstet. Nicht nur das Haus und die Straße - unser ganzes Leben haben sie uns weggenommen. Sie behandeln uns wie Indianer, die man in ein Reservat steckt."

"In Aserbaidschan herrscht Anarchie", schnaubt Rsajewa. "Unser Präsident ist unfähig, wir sind praktisch führungslos." Tatsächlich garantiert die aserbaidschanische Verfassung in Artikel 13 die Unantastbarkeit von Eigentum - "es wird durch den Staat geschützt", steht darin. Doch seit die Stadt Baku im Namen von Präsident Ilham Alijew im Februar 2011 ein Dekret erließ, wonach Staatsinteressen in diesem Fall vor Privatinteressen gehen, sieht es schlecht aus für die Hausbesitzer.

Die Methoden der Behörden, günstig an Grundstücke im Zentrum zu kommen, sind perfide: Mal reißen sie ein Dach auf, damit die Feuchtigkeit die Bausubstanz zerstört, dann lassen sie ihre Schergen Müll in die Treppenhäuser werfen, damit die Bewohner freiwillig vor dem Gestank und den Ratten flüchten. Immer wieder werden Gas oder Strom abgestellt. Dennoch harren viele unter lebensgefährlichen Bedingungen in den instabilen Häusern aus.

Nicht alle Bewohner verfügen über gültige Dokumente, auch weil die Besitzverhältnisse in den Gemeinschaftswohnungen der Sowjetunion nicht immer klar waren. Larisa Mammadli hat Papiere, steht aber dennoch vor den Trümmern des Hauses, in dem sie mit drei Kindern und drei Enkeln auf 18 Quadratmetern lebte. Heute ist sie obdachlos. "Ich lebe mal hier mal da, die Kinder habe ich bei Freunden auf dem Land gelassen. Ich werde bis in die letzte Instanz um meine Rechte kämpfen." Dazu fehlt es den Flüchtlingen aus Bergkarabach, die hier vom Staat einquartiert wurden, an Mut. Sie werden über ihre Zukunft völlig im Ungewissen gelassen.


Ilgar, 52, Invalide

"Ich hatte 2000 einen Schlaganfall, fünf Jahre später eine schwere Thrombose. Ich wurde an der Aorta operiert, ein Bein musste amputiert werden. Arbeiten werde ich nie wieder können. Dies ist mein Zuhause, alles was mir geblieben ist. Mein Großvater war Juwelier, ihm gehörte früher das ganze Haus. Ich wohne hier mit meiner Frau, die Tochter haben wir zur Großmutter gegeben. Sie haben mir das Gas abgestellt, die Antenne geklaut. Die Stadt bietet 40.000 Manat (rund 38.500 Euro) - sie haben nur 33 Quadratmeter von insgesamt 56 veranschlagt. Das ist vollkommen indiskutabel. Deshalb habe ich Klage eingereicht. Ich habe keine Alternativen. Wenn ich nicht hier bleiben kann, springe ich aus dem Fenster."

Das gesamte Areal rund um den geplanten Winterpark nahe der Schamsi-Badalbaili-Straße sieht aus wie nach einem Bombenangriff. In der Mitte tut sich eine riesige Baugrube auf, ringsherum türmen sich Schuttberge und Müll. Im Haus Nummer 38 hatte ein Räumtrupp im August 2011 das Büro des "Instituts für Frieden und Demokratie" abgerissen. "Ich wollte noch Möbel, Computer und vor allem unser Archiv retten, aber es ist alles in den Trümmern geblieben", erinnert sich Azat Isazade, Psychologe und Mitarbeiter der Nichtregierungsorganisation. Das angegliederte Zentrum für Frauen in Krisensituationen musste lange geschlossen bleiben.

Seit 2009 verschärfte sich die Situation zunehmend. Dem Institut zufolge haben mindestens 20.000 Menschen ihre Wohnungen durch staatliche Intervention verloren. "Teilweise waren die Objekte zehnmal mehr wert als der Kaufpreis", sagt Leyla Yunus, Direktorin der Menschenrechtsorganisation, die sich seit Jahren um die Hausbesitzer kümmert. Man kann sich ausrechnen, welche Gewinne bereits erzielt wurden.


Jasaman, 50, Unternehmerin

"Ich hatte in diesem Haus 150 Quadratmeter Bürofläche auf zwei Etagen. Anfangs wollten die Behörden mir gar kein Geld geben, sondern boten mir eine 60-Quadratmeter-Wohnung am Stadtrand zum Tausch an. Ich bin vor Gericht gegangen. Nach zwei Monaten boten sie mir 1500 Manat (rund 1400 Euro) pro Quadratmeter, allerdings nur für den Wohnraum, ohne Küche, Bad und Flur. Nachdem ich in einer Fernsehsendung unsere verzweifelte Situation beschrieben hatte, kamen die Bulldozer und rissen mein Haus nieder - obwohl das per Gerichtsbeschluss untersagt worden war. Bürgermeister Hajibala Abutalibow macht einfach Obdachlose aus uns!"

Vordergründig geht es auch um den Eurovision Song Contest. Der wird Ende Mai in Baku ausgetragen. Und soll eine ganz heiße Sache werden. "Light your fire" lautet das Motto - als ob es in Baku nicht ohnehin schon überall züngelte, loderte und flackerte. Flammen, wohin man auch schaut - aus Glas und Beton, Pappmaché und Glitzersteinen oder ganz real auf den Ölfeldern vor der Stadt.

90 Prozent der Exportleistung Aserbaidschans werden allein durch Öllieferungen erbracht. Weil selbst enorme Reserven endlich sind, setzt der autoritär regierende Präsident Ilham Alijew zunehmend auf Erdgas und prahlt, dass er Europa "die kommenden 100 Jahre" damit versorgen könne. Da will man mit Symbolen und Superlativen Zeichen setzen.

Auf einem Hügel nahe dem Kaspischen Meer thronen die drei "Flammentürme", ein riesiger Wohn- und Bürokomplex in Form eines "ewigen Feuers". 235 Meter ragt der höchste Tower in den Himmel - nicht hoch genug. Der aserbaidschanische Konzern Avesta soll jetzt südlich der Hauptstadt ein 1050 Meter hohes Business Center aus dem Boden stampfen und damit den bisherigen Weltrekordhalter Burj Khalifa in Dubai ablösen.

Wo Neues entsteht, muss Altes weichen. Um das Veranstaltungszentrum für den "Eurovision Song Contest" hochzuziehen - die "Kristallhalle" am Ende der Bucht von Baku, unweit des höchsten Fahnenmasts der Welt - wurden blockweise Wohnhäuser niedergerissen. Auf einem Video ist zu sehen, wie brutal die Behörden bei der Evakuierung vorgehen. Der Bau ist noch nicht fertig, und viele bezweifeln, dass er es bis Mitte Mai sein wird.

"Der Eurovision Song Contest ist nur ein Vorwand für unsere Regierung, sich noch mehr auf Kosten der Bürger zu bereichern", sagt Menschenrechtsaktivistin Leyla Yunus. "In Aserbaidschan hat sich ein mafiöses System etabliert. Das heißt, man kann Menschen ungestraft schlagen, foltern, ins Gefängnis werfen, ihre Häuser zerstören und ihren Besitz vernichten."

Aserbaidschan ist eines der korruptesten Länder der Welt, rangiert auf Platz 143 von 183 Staaten auf dem Index von Transparency International. In nahezu allen Bereichen des öffentlichen Lebens werden inzwischen Bestechungsgelder gezahlt.

"Die Menschen in Aserbaidschan haben nur eine einzige Waffe im Kampf gegen die mächtigen Behörden - das Wort. Wenn sie davon Gebrauch machen, werden sie erbittert verfolgt", sagt Yunus.


Adil, 50, Kinderärztin

"Die Polizei wollte uns evakuieren, sie kamen mit neun Leuten, mein Mann ist übers Dach geflüchtet, weil er eine Festnahme fürchtete. Die Kinder waren vollkommen verschreckt. 'Wir stecken dir Rauschgift in die Tasche', hat ein Polizist mich gewarnt. 'Dann bist du geliefert.' Wir haben es mit Menschen ohne Moral zu tun. Die Trupps, die hier die Häuser abreißen, bestehen aus Billiglöhnern und Kriminellen - normale Leute würden es ablehnen, diesen Job zu erledigen. Sie benehmen sich wie Piraten auf dem Kaspischen Meer. Das alles ist möglich, weil es bei uns nur sehr arme oder extrem reiche Leute gibt. Ich verdiene als Kinderärztin 150 Manat (rund 140 Euro) im Monat. Für jede Geburt gibt es einen Zuschlag von 2 Manat, pro Nachtschicht 1 Manat. Ich habe zwei Töchter, die ich durchbringen muss. Seit Mai 2011 ist unser Fall vor Gericht, wir halten die Stellung."


Wahrheiten:

03.04.2012 - 11:46

http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/0,1518,824555,00.html


03.04.2012

Zwangsräumungen in Baku
"Betonklotz ins Schlafzimmer geschleudert"


Aus Baku berichtet Annette Langer


Großreinemachen vor der Schlagersause: Zum Eurovision Song Contest will sich Aserbaidschans Hauptstadt Baku modern und aufgeräumt präsentieren. Deshalb müssen alte Häuser und ihre Besitzer weichen. Wer nicht freiwillig geht, wird mit perfiden Methoden dazu gezwungen.

Am 17. März, kurz vor Mitternacht, schreckte Großmutter Schirinbadschi mit Herzrasen aus dem Schlaf hoch: Ein ohrenbetäubendes Krachen hatte sie geweckt. Sie rannte zum Zimmer, in dem ihr zweijähriger Enkel und dessen Mutter schliefen. "Ich habe meinen Augen nicht getraut - jemand hatte mit einem Schaufelbagger durch das Dach einen riesigen Betonklotz ins Zimmer geschleudert." In der Decke klafft jetzt ein fünf Quadratmeter großes Loch.

Wie durch ein Wunder wurde niemand verletzt. Für die sieben Menschen in der etwa 50 Quadratmeter großen Wohnung in der Agamirsa-Alijew-Straße war klar: Dies war ein Anschlag - auf die Unversehrtheit, den Stolz und den bescheidenen Besitz der Familie Rsajew.

"Wir haben die Feuerwehr angerufen, aber die haben nur gefragt, warum wir nicht endlich an die Stadt verkaufen." Die Rentnerin atmet schwer, ihre Augen funkeln vor Zorn. Seit 2009 werden Immobilienbesitzer in Baku verstärkt genötigt, ihre zum Teil noch aus der Zeit des ersten Öl-Booms im 19. Jahrhundert stammenden Häuser und Grundstücke unter Preis zu verkaufen - um Platz für moderne Neubauten zu schaffen. "Der Präsident will auf meine Kosten sein neues Baku aufbauen, da mach ich nicht mit", schimpft Rsajewa.

Im Februar kam ein Behördenvertreter auf die Familie zu und drängte sie, doch bitte endlich ihr Haus zu verkaufen. "Die wollten mir Angst machen, so etwas mag ich gar nicht", empört sich Rsajewa. Das Angebot, das ihr unterbreitet wurde, lag weit unter dem Wert der Immobilie im Zentrum der Stadt und galt für nur 41 der eigentlich 50 Quadratmeter - man hatte Küche und Bad abgezogen.

Rsajewa weigerte sich und ging vor Gericht. Ein regierungstreuer Gutachter erklärte, das Haus müsse verkauft werden, weil es baufällig sei und eine Gefahr darstelle. "Na klar, mein Dach ist aus Versehen ins Schlafzimmer geplumpst", ärgert sich die Besitzerin.

Noch während die alte Dame ihr Schicksal beklagt, reißen für einen Hungerlohn angeworbene Hilfsarbeiter in der Nachbarschaft ein Haus ab - obwohl im Nebengebäude noch Kinder spielen. Schnell hat sich eine Traube von Anwohnern gebildet, wütend beschimpfen sie den Abreißtrupp, der in einer Wolke von Staub stur seinem Auftrag nachgeht.


Elmar, 43, Elektriker

"Ich bin hier in der Schamsi-Badalbeili-Straße geboren. Mein Großvater hat das Haus noch mit Goldmünzen bezahlt. Jetzt lebe ich 40 Kilometer von Baku entfernt, bin arbeitslos. Die Stadt hat mir 1500 Manat (etwa 1400 Euro) pro Quadratmeter geboten. Doch das reicht nicht, um sich in der Innenstadt eine neue Wohnung zu kaufen. Die Preise liegen bei 5000 Euro pro Quadratmeter. Ich habe mich ein halbes Jahr lang geweigert, den Kaufvertrag zu unterschreiben. Dann bin ich eingeknickt. Inzwischen ist alles verwüstet. Nicht nur das Haus und die Straße - unser ganzes Leben haben sie uns weggenommen. Sie behandeln uns wie Indianer, die man in ein Reservat steckt."

"In Aserbaidschan herrscht Anarchie", schnaubt Rsajewa. "Unser Präsident ist unfähig, wir sind praktisch führungslos." Tatsächlich garantiert die aserbaidschanische Verfassung in Artikel 13 die Unantastbarkeit von Eigentum - "es wird durch den Staat geschützt", steht darin. Doch seit die Stadt Baku im Namen von Präsident Ilham Alijew im Februar 2011 ein Dekret erließ, wonach Staatsinteressen in diesem Fall vor Privatinteressen gehen, sieht es schlecht aus für die Hausbesitzer.

Die Methoden der Behörden, günstig an Grundstücke im Zentrum zu kommen, sind perfide: Mal reißen sie ein Dach auf, damit die Feuchtigkeit die Bausubstanz zerstört, dann lassen sie ihre Schergen Müll in die Treppenhäuser werfen, damit die Bewohner freiwillig vor dem Gestank und den Ratten flüchten. Immer wieder werden Gas oder Strom abgestellt. Dennoch harren viele unter lebensgefährlichen Bedingungen in den instabilen Häusern aus.

Nicht alle Bewohner verfügen über gültige Dokumente, auch weil die Besitzverhältnisse in den Gemeinschaftswohnungen der Sowjetunion nicht immer klar waren. Larisa Mammadli hat Papiere, steht aber dennoch vor den Trümmern des Hauses, in dem sie mit drei Kindern und drei Enkeln auf 18 Quadratmetern lebte. Heute ist sie obdachlos. "Ich lebe mal hier mal da, die Kinder habe ich bei Freunden auf dem Land gelassen. Ich werde bis in die letzte Instanz um meine Rechte kämpfen." Dazu fehlt es den Flüchtlingen aus Bergkarabach, die hier vom Staat einquartiert wurden, an Mut. Sie werden über ihre Zukunft völlig im Ungewissen gelassen.


Ilgar, 52, Invalide

"Ich hatte 2000 einen Schlaganfall, fünf Jahre später eine schwere Thrombose. Ich wurde an der Aorta operiert, ein Bein musste amputiert werden. Arbeiten werde ich nie wieder können. Dies ist mein Zuhause, alles was mir geblieben ist. Mein Großvater war Juwelier, ihm gehörte früher das ganze Haus. Ich wohne hier mit meiner Frau, die Tochter haben wir zur Großmutter gegeben. Sie haben mir das Gas abgestellt, die Antenne geklaut. Die Stadt bietet 40.000 Manat (rund 38.500 Euro) - sie haben nur 33 Quadratmeter von insgesamt 56 veranschlagt. Das ist vollkommen indiskutabel. Deshalb habe ich Klage eingereicht. Ich habe keine Alternativen. Wenn ich nicht hier bleiben kann, springe ich aus dem Fenster."

Das gesamte Areal rund um den geplanten Winterpark nahe der Schamsi-Badalbaili-Straße sieht aus wie nach einem Bombenangriff. In der Mitte tut sich eine riesige Baugrube auf, ringsherum türmen sich Schuttberge und Müll. Im Haus Nummer 38 hatte ein Räumtrupp im August 2011 das Büro des "Instituts für Frieden und Demokratie" abgerissen. "Ich wollte noch Möbel, Computer und vor allem unser Archiv retten, aber es ist alles in den Trümmern geblieben", erinnert sich Azat Isazade, Psychologe und Mitarbeiter der Nichtregierungsorganisation. Das angegliederte Zentrum für Frauen in Krisensituationen musste lange geschlossen bleiben.

Seit 2009 verschärfte sich die Situation zunehmend. Dem Institut zufolge haben mindestens 20.000 Menschen ihre Wohnungen durch staatliche Intervention verloren. "Teilweise waren die Objekte zehnmal mehr wert als der Kaufpreis", sagt Leyla Yunus, Direktorin der Menschenrechtsorganisation, die sich seit Jahren um die Hausbesitzer kümmert. Man kann sich ausrechnen, welche Gewinne bereits erzielt wurden.


Jasaman, 50, Unternehmerin

"Ich hatte in diesem Haus 150 Quadratmeter Bürofläche auf zwei Etagen. Anfangs wollten die Behörden mir gar kein Geld geben, sondern boten mir eine 60-Quadratmeter-Wohnung am Stadtrand zum Tausch an. Ich bin vor Gericht gegangen. Nach zwei Monaten boten sie mir 1500 Manat (rund 1400 Euro) pro Quadratmeter, allerdings nur für den Wohnraum, ohne Küche, Bad und Flur. Nachdem ich in einer Fernsehsendung unsere verzweifelte Situation beschrieben hatte, kamen die Bulldozer und rissen mein Haus nieder - obwohl das per Gerichtsbeschluss untersagt worden war. Bürgermeister Hajibala Abutalibow macht einfach Obdachlose aus uns!"

Vordergründig geht es auch um den Eurovision Song Contest. Der wird Ende Mai in Baku ausgetragen. Und soll eine ganz heiße Sache werden. "Light your fire" lautet das Motto - als ob es in Baku nicht ohnehin schon überall züngelte, loderte und flackerte. Flammen, wohin man auch schaut - aus Glas und Beton, Pappmaché und Glitzersteinen oder ganz real auf den Ölfeldern vor der Stadt.

90 Prozent der Exportleistung Aserbaidschans werden allein durch Öllieferungen erbracht. Weil selbst enorme Reserven endlich sind, setzt der autoritär regierende Präsident Ilham Alijew zunehmend auf Erdgas und prahlt, dass er Europa "die kommenden 100 Jahre" damit versorgen könne. Da will man mit Symbolen und Superlativen Zeichen setzen.

Auf einem Hügel nahe dem Kaspischen Meer thronen die drei "Flammentürme", ein riesiger Wohn- und Bürokomplex in Form eines "ewigen Feuers". 235 Meter ragt der höchste Tower in den Himmel - nicht hoch genug. Der aserbaidschanische Konzern Avesta soll jetzt südlich der Hauptstadt ein 1050 Meter hohes Business Center aus dem Boden stampfen und damit den bisherigen Weltrekordhalter Burj Khalifa in Dubai ablösen.

Wo Neues entsteht, muss Altes weichen. Um das Veranstaltungszentrum für den "Eurovision Song Contest" hochzuziehen - die "Kristallhalle" am Ende der Bucht von Baku, unweit des höchsten Fahnenmasts der Welt - wurden blockweise Wohnhäuser niedergerissen. Auf einem Video ist zu sehen, wie brutal die Behörden bei der Evakuierung vorgehen. Der Bau ist noch nicht fertig, und viele bezweifeln, dass er es bis Mitte Mai sein wird.

"Der Eurovision Song Contest ist nur ein Vorwand für unsere Regierung, sich noch mehr auf Kosten der Bürger zu bereichern", sagt Menschenrechtsaktivistin Leyla Yunus. "In Aserbaidschan hat sich ein mafiöses System etabliert. Das heißt, man kann Menschen ungestraft schlagen, foltern, ins Gefängnis werfen, ihre Häuser zerstören und ihren Besitz vernichten."

Aserbaidschan ist eines der korruptesten Länder der Welt, rangiert auf Platz 143 von 183 Staaten auf dem Index von Transparency International. In nahezu allen Bereichen des öffentlichen Lebens werden inzwischen Bestechungsgelder gezahlt.

"Die Menschen in Aserbaidschan haben nur eine einzige Waffe im Kampf gegen die mächtigen Behörden - das Wort. Wenn sie davon Gebrauch machen, werden sie erbittert verfolgt", sagt Yunus.


Adil, 50, Kinderärztin

"Die Polizei wollte uns evakuieren, sie kamen mit neun Leuten, mein Mann ist übers Dach geflüchtet, weil er eine Festnahme fürchtete. Die Kinder waren vollkommen verschreckt. 'Wir stecken dir Rauschgift in die Tasche', hat ein Polizist mich gewarnt. 'Dann bist du geliefert.' Wir haben es mit Menschen ohne Moral zu tun. Die Trupps, die hier die Häuser abreißen, bestehen aus Billiglöhnern und Kriminellen - normale Leute würden es ablehnen, diesen Job zu erledigen. Sie benehmen sich wie Piraten auf dem Kaspischen Meer. Das alles ist möglich, weil es bei uns nur sehr arme oder extrem reiche Leute gibt. Ich verdiene als Kinderärztin 150 Manat (rund 140 Euro) im Monat. Für jede Geburt gibt es einen Zuschlag von 2 Manat, pro Nachtschicht 1 Manat. Ich habe zwei Töchter, die ich durchbringen muss. Seit Mai 2011 ist unser Fall vor Gericht, wir halten die Stellung."

geru

22.05.2012 - 21:13

1. halbfinale jetzt!

matti

25.05.2012 - 20:06

Die Votingliste für Gutmenschen:
http://extra3.blog.ndr.de/2012/05/25/eurovision-song-contest-diktaturen-vermeidungshilfe/

spox

26.05.2012 - 13:25

Jonsi (Sigur Ros) für Island? :D

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