Live-Euphorie über gesungenen Seelenschmerz

sweet

02.07.2005 - 01:16

alice in chains als beispiel, die frage:

auf diesen thread kam ich, als ich grad mal wieder aic gehört habe. nach dem äußerst melancholischen down in hole hörte man ein publikum, klatschend, kreischend, merklich gut drauf und freudig darüber, oben besagtes liedgut gehört zu haben. das gleiche bild bei nirvana unplugged, bei songs wie pennyroyal tea, wobei ich sowieso jedesmal rotz und wasser heul. ich versteh es nicht und werde es nie verstehen. muss das solch depressiven seelen wie layne staley und kurt cobain nicht noch zusätzlich zugesetzt haben, dass solche tiefgreifenden und persönlichen lyrics auch noch beklatscht und gefeiert werden? diese ´euphorie´ über gesungenen und merklichen seelenschmerz. ich schätze mich auch eher als einen depessiven menschen ein, auch wenn ich versuche jederzeit dagegen anzukämpfen. aber ich glaube, wenn ich abgefeiert werden würde wenn ich grad über meinen inneren schmerz singe würde ich wahnsinnig werden. es gibt noch 1000e an gruppen, denen es wahrscheinlich genauso geht, das publikum mag sich ja gerne damit identifizieren, aber ist dort dann jubel angesagt? ich weiß, das ist ne absolut dämliche ansicht, denn wahrscheinlich ist das musikbusiness genau so, aber wenn ich mich da rein versetze mit meinen vorhandenen leiden, würd mich das ganz schön fertig machen.

Armin

02.07.2005 - 01:24

Noch ein ordentlicher Betreff (hab ich mal erledigt) und Absätze (tja, leider versäumt), und es könnte ein interessantes Thema sein. :-)

floro

02.07.2005 - 01:47

gute frage

wenn ich einem freund etwas persönliches und trauriges erzählen würde und er würde applaudieren oder lachen nähme ich ihm das übel.
stehst du jedoch als band vor einem publikum und bringst einen tragischen song, ist der applaus eher als anerkennung oder mitfühlen-können zu bewerten.

obwohl, stehst du dann selber als protagonist auf der bühne und spielst ein todtrauriges lied und nachher siehst du lauter positiver gesichter und tobenden applaus musst du dir doch denken: "jaja, ihr lacht, aber wie siehts mit meinen gefühlen aus?"

oder so

Obrac

02.07.2005 - 01:59

Ich kann mich an ein Interview mit dem "Last Days Of April" Sänger erinnern, wo er meinte, dass immer, wenn "At your most beautiful" gespielt wird, er größten wert darauf legt, dass im Publikum alle ruhig sind, weil ihm das Lied viel bedeutet und die Zusachauer das respektieren sollten. Ansonsten ist es wohl auch schon passiert, dass der Song mittendrin abgebrochen wurde. Ich finde auch, dass man sich entsprechend verhalten sollte. Manche Bands sind nunmal keine Partybands, auch wenn viele Leute auf Konzerte gehen, um sich zu "amüsieren". Es gibt jedoch Momente, die darüber hinausgehen. Applaus finde ich jedoch ok, denn, wie mein Vorredner bereits sagte, drückt man dadurch doch eher seine Anerkennung aus.

Piepi

02.07.2005 - 07:33

Um dieses ganze ApplausDing machte Kurt Cobain sich seiner Zeit auch lustig, indem er nachher noch manchmal auf die Bühne kam und sehr zynisch dem Publikum applaudierte und ein paar "nette" Worte an sie richtete.

Applaus nach einem Lied verbieten... mh... Finde ich jetzt auch okay. Ich meine, da im Publikum meist eh nur 10-20 Leute sind, die wirklich verstehen worum es da geht und sich Gedanken zu dem Lied gemacht haben.

Es gäbe aber vielleicht noch bessere Beispiele für diese Applaus Problematik. Wie macht man es bei "Eels"? Ich würde mich da nicht trauen zu klatschen.

ehemalige

02.07.2005 - 08:56

das problem an leuten wie dir ist, dass du dich selbst zu wichtig nimmst, mit deinem persönlichen leiden. du kämpfst auch gar nicht wirklich gegen deine depressionen an, du versteckst dich hinter und in ihnen. du identifizierst dich sogar mit emotional sehr bewegenden sängern, aber eins unterscheidet euch: sie singen ihren frust hinaus, versuchen ihrem leid (wenns denn echt ist) eine gestalt zu geben und ihm so seine riesenhafte dimension des schreckens zu nehmen. und wenn sie gute sänger sind, dann ist es eine legitime art des publikums, dem sänger ihre anerkennung für die wunderbare inszenierung dieser gefühle und was auch immer zu zollen.

applaus auch bei traurigen liedern - ich halte ihn für bedingt gerechtfertigt, denn das ist der lohn des künstlers. und sänger sind doch in erster linie künstler.

Stefan

02.07.2005 - 09:20

Das hängt ja auch alles stark von der Art der Konzerte ab. Bei Kettcar auf dem Southside haben sich einige beschwert, dass dort trotz der melancholischen Musik der Band Leute gewagt haben, fröhlich zu feiern und stagediven etc. Ich mein, was soll man auf einem Festival mit einem solch riesigen Publikum erwarten?
Wenn einem seine Musik/Texte sooooo wichtig sind muss man seine Musik live halt in einem entsprechenden Rahmen präsentieren.

Konsum

02.07.2005 - 10:28

Als Künstler trägst Du Deine Gefühle nach aussen, weil Du Anerkennung dafür willst. Das zeigt ja gerade die Zerrissenheit der Person Kurt Cobain, der einerseits unter seinem Erfolg litt aber andererseits süchtig nach Erfolg und Anerkennung war.
Wenn man auf eine Bühne geht, dann will man Applaus. Das ist ganz einfach die Anerkennung des Publikums Deiner Leistung. Sie drückt aus, dass Deine Musik als gut empfunden wird - egal ob fröhlich oder traurig.
Stell Dir nur mal vor, keiner würde klatschen. Das wäre ja eine Beleidigung des Künstlers.
Ist die Reaktion jedoch völlig unpassend, also z.B. fröhliche Party bei todtruriger Musik statt Ergriffenheit, dann sollte sich wiederum der Künstler fragen, warum es ihm nicht gelungen ist, seine Emotionen so zu verpacken und rüberzubringen, wie es seine Intention war.

applaus

02.07.2005 - 10:46

kwote kwote kwote @ konsum

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