Jennifer
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18.02.2021 - 08:54 Uhr
Da "Alles zerfällt" nun schon zum zweiten Mal so gut bei der Buchclub-Wahl abgeschnitten hat und einige Teilnehmer ihr Interesse bekundet haben, das Buch auch außerhalb dieser Reihe gemeinsam lesen zu wollen, gibt es hiermit einen eigenen Thread. |
Deaf
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22.02.2021 - 21:52 Uhr
Liest das im März jemand, oder später mal? |
Enrico Palazzo
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22.02.2021 - 21:58 Uhr
Meins kommt morgen im Buchladen an zusammen mit "Alexander Wolf" und ner Biographie über Robert Scott. :) Mal gucken, in welcher Reihenfolge ich die lese. Soll ich Achebe? |
Deaf
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22.02.2021 - 22:15 Uhr
Ich fange eventuell schon am kommenden Wochenende damit an. |
myx
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22.02.2021 - 22:26 Uhr
Das ist auch mein Plan, Gasdanow dann später. |
dieDorit
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22.02.2021 - 22:59 Uhr
Ich plane ebenfalls zuerst den Achebe zu lesen, da ich mir das offizielle Buchclub-Buch wieder für das Monatsende aufsparen möchte, um eine möglichst frische Erinnerung daran zu haben, wenn es dann diskutiert wird. |
Enrico Palazzo
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03.03.2021 - 16:16 Uhr
So, ich bin durch. Und werde inhaltlich erstmal noch nix sagen :) Oder sind andere auch durch?
Stilistisch finde ich das Buch super und gebe spontan mal eine 8/10. Allerdings werde ich jetzt nach Interpretationen Ausschau halten, da ich davon ausgehe, dass hier Orte und Menschen Bedeutung über ihr eines Sein in dieser Geschichte haben. Und ich habe sicherlich nicht alles gerafft bzw kann alles aus dem Stehgreif einsortieren/analysieren. |
Gomes21
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03.03.2021 - 16:34 Uhr
Ich hab gerade erst angefangen :-) |
Deaf
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03.03.2021 - 16:40 Uhr
Ich bin gestern auch fertig geworden. Der erste Teil war etwas zäh, weil ich eine Weile hatte, bis ich in der Geschichte drin war. Erschwerend kamen die vielen afrikanischen Begriffe hinzu, die man jeweils im Anhang nachschauen konnte (zumindest in der deutschen Version). Aber das ist spätestens ab dem zweiten Teil kein Problem mehr.
Okonkwo, der die pure Männlichkeit verkörpert, erscheint natürlich nicht besonders sympathisch. Aber am Ende leidet man trotzdem mit ihm mit.
Gefallen hat mir insbesondere, dass Achebe die vorkolonialen Zustände in den Igbo-Dörfern nicht verherrlicht, sondern auch die Schattenseiten zeigt (Frauen, die unterdrückt/geschlagen werden, Kinder, die getötet werden oder Zwillinge, die gleich nach der Geburt in den "Bösen Busch" gebracht werden). |
myx
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03.03.2021 - 16:43 Uhr
Ich bin erst auf Seite 92, aber zur Sprache möchte ich auch gerne schon etwas sagen:
Ich glaube, ich habe selten einen so bescheidenen Autor erlebt. Achebe protzt überhaupt nicht mit seinem Stil, sondern stellt sich ganz in den Dienst der Geschichte. Alles wirkt unaufgeregt, klar und einfach. Man fühlt sich in seiner Sprache fast irgendwie "geborgen".
So wirkt es auf mich jedenfalls bis jetzt, ich weiss ja nicht, wie sich die Sache noch entwickelt. ;) |
Enrico Palazzo
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03.03.2021 - 17:01 Uhr
Sehe ich auch so, myx.
@deaf: Ja, das fand ich auch gut. Hier gibt's auf allen Seiten viele Graubereiche und nichts ist einfach nur böse oder gut. |
myx
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05.03.2021 - 19:26 Uhr
Bin jetzt auch fertig und gebe diesem tollen Buch eine 9/10. Die Sprache habe ich ja bereits gelobt, die differenzierte Geschichte (Stichwort Grautöne) hat mir auch sehr gut gefallen. Eine etwas ausführlichere Besprechung in zwei, drei Absätzen folgt. ;) |
myx
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06.03.2021 - 09:39 Uhr
Dass gut und schlecht nicht klar verteilt sind, gefällt mir wirklich sehr gut an "Alles zerfällt". So erscheinen Dreifaltigkeit und Jungferngeburt im Christentum für den fremden Betrachter nicht weniger irrational als manch seltsame Glaubensvorstellung der Igbo-Bewohner, während den archaischen, "abergläubischen" Stammesriten durchaus eine hohe Sinnhaftigkeit und Funktionalität zukommt, indem sie die Lebensabläufe der Klans regulieren und stabilisieren. Mir gefällt jedenfalls sehr, wie hier ein afrikanischer Autor "seine" Kultur selbstbewusst der westlichen, aufgeklärten Welt gegenüberstellt.
Auch hervorragend finde ich, wie Achebe an der Hauptfigur aufzeigt, dass menschliches Handeln nie nur von den sozialen Normen und Regeln allein, sondern immer auch von der Person selber und seiner individuellen Geschichte bestimmt wird. So wäre Okonkwo nicht der frauenverachtende, machohafte Kriegertypus geworden, hätte er sich nicht für seinen "schwachen, verweichlichten" Vater geschämt und hätte er vor dieser schwachen Seite in sich selber nicht Angst gehabt und sie deshalb unterdrückt. Dass dieser Machismus in der patrilinearen Gesellschaft der Igbo durchaus nicht zwingend ist, zeigt Achebe sehr schön auf. (Wie ja auch die Charaktere der ersten christlichen Missionare im Igbo-Land als unterschiedlich dargestellt werden.)
Den Schluss des Romans lese ich als Aufruf Achebes, sich jeder fremden Kultur mit dem nötigen Respekt, möglichst unvoreingenommen und im Willen zum gründlichen Verstehen zu nähern. Mir hat "Alles zerfällt" jedenfalls Einblick in eine Klangesellschaft gewährt, die bei aller Grausamkeit gegenüber einzelnen Mitgliedern einen hohen sozialen Zusammhalt und eine grosse menschliche Wärme ausstrahlt, während in unserer christlich-aufgeklärten Welt der Geist des Individualismus, ist er erst einmal aus der Flasche, mit dem Gebot der Nächstenliebe nur notdürftig im Zaum gehalten wird. |
dieDorit
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14.03.2021 - 12:37 Uhr
Ich bin jetzt auch damit durch und bin von dem Werk sehr angetan. Gefallen hat mir wie neutral und wertungsfrei Achebe die Geschehnisse beschreibt. So habe ich den "weißen Mann" nicht als durchweg "böse" wahrgenommen, viele der Missionare sind durchaus mit den besten Absichten nach Afrika gekommen und haben geglaubt, dass sie diesen Menschen etwas gutes bringen (was sie mit der Errichtung von Schulen und Krankenhäusern sicher auch getan haben). Und auch den teils barbarischen Riten der Ureinwohner standen stets gute Absichten dahinter. Besonders gefallen hat mir der Dialog zwischen dem Missionar Mr Brown und dem Afrikaner Akunna über die Religion des jeweils anderen, der zeigt, dass man andere vom eigenen Standpunkt versuchen kann zu überzeugen ohne ihn jedoch aufzwingen zu müssen.
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myx
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14.03.2021 - 16:48 Uhr
Dann gefällt uns allen das Buch ja aus ganz ähnlichen Gründen, schön. Wahrscheinlich werde ich mindestens noch Band 2 der "Afrikanischen Trilogie" lesen ("Heimkehr in ein fremdes Land"), weil es mich interessiert, wie es mit den beiden Kulturen nach ihrem ersten "Aufeinanderprallen" weitergeht und wie Achebe die späteren Folgen der Missionierung und der westlichen Bildung auf die afrikanischen Traditionen beschreibt, ob er z. B. weiterhin bei seiner neutralen, ausgewogenen Darstellungsweise bleibt. Werdet ihr vielleicht auch noch weiterlesen? |
Enrico Palazzo
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14.03.2021 - 16:49 Uhr
Ach, da gibt es eine Fortsetzung? Wusste ich gar nicht. Da wäre ich dabei! |
myx
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14.03.2021 - 16:57 Uhr
Hey, super. ;) Ich zitiere mal kurz zu Band 2:
›Heimkehr in ein fremdes Land‹ folgt auf ›Alles zerfällt‹ und bildet den zweiten Band der »Afrikanischen Trilogie«. - Obi Okwonkwo, der Enkel des Helden aus ›Alles zerfällt‹, verlässt sein Dorf mit Unterstützung aller, um, britisch erzogen, einmal als Politiker für sie einzustehen. Doch er enttäuscht alle. Achebes Roman über ein Leben, das nicht gelingen kann. |
Gomes21
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14.03.2021 - 17:11 Uhr
Hab mir den Nachfolger ebenfalls bestellt und lese direkt weiter. |
myx
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14.03.2021 - 19:40 Uhr
@Gomes: Was bedeutet, dass dir "Alles zerfällt" auch gut gefallen hat, nehm ich mal an. :) |
Gomes21
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14.03.2021 - 20:02 Uhr
Ich fand es fantastisch, korrekt :-) |
Deaf
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18.03.2021 - 20:46 Uhr
Werdet ihr vielleicht auch noch weiterlesen?
Irgendwann möchte ich die anderen beiden Teile der Trilogie auch noch lesen. Aber nicht dieses Jahr. |