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Buch: Sylvia Plath - Die Glasglocke (Buchclub-Wahl #3)

User Beitrag

mrnovember

Postings: 179

Registriert seit 10.10.2019

28.02.2021 - 11:37 Uhr
Was MopedTobias sagt, würde ich so unterschreiben und noch einen Schritt weitergehen. Durch die in jedem Moment vorhandene Empathie entwickelte sich bei mir im Laufe des Lesens dann doch auch sehr viel Sympathie für Esther, die ich am Anfang noch als zwar unterhaltsame, mit messerscharfem Verstand gesegnete, aber eben auch ganz schön verwöhnte „Tussi“ gesehen hatte.

Wieviel eigenes „Verschulden“ zu ihrem bösartigen Blick auf die Welt beiträgt, würde auch ich mir nicht anmaßen wollen zu beurteilen. Durch die Wucht der Bösartigkeit, die ihr selbst im Laufe des Buchs widerfährt, hatte ich aber in jedem Moment vollstes Verständnis für ihre negative Weltsicht.

dieDorit

Postings: 2669

Registriert seit 30.11.2015

28.02.2021 - 12:12 Uhr
Was mir in dieser Geschichte mal wieder deutlich aufgefallen ist, wie schlecht ich doch mit Namen in Geschichten bin, so wusste ich z.B. nicht mehr wer Joan war (und ob ich sie überhaupt schon hätte kennen können oder nicht), ähnlich erging es mir auch mit Philomena. Die Autorin macht es einem in diesem Punkt aber auch nicht einfach, da Figuren scheinbar wahllos zu beliebigen Zeitpunkten im Roman eingeführt werden und irgendwann später wieder auftauchen (oder halt nicht).

MopedTobias (Marvin)

Mitglied der Plattentests.de-Schlussredaktion

Postings: 19948

Registriert seit 10.09.2013

28.02.2021 - 12:53 Uhr
Ja, der eng auf Esther fokussierten Erzählperspektive geschuldet, existieren alle Figuren nur in Relation zu ihr und ihrer sehr subjektiven Wahrnehmung. In dem Zusammenhang ist es auch interessant, dass manche Figuren gar wie Manifestationen einer Persönlichkeitsspaltung erscheinen (Betsy und Doreen als "Engelchen und Teufelchen", die ihr unterschiedliche Lebenswege aufzeigen, Joan als "Double").

myx

Postings: 4652

Registriert seit 16.10.2016

28.02.2021 - 13:20 Uhr
Es gibt einige Stellen im Buch, wo Esther neben allen Zumutungen, die ihr widerfahren, auch einen kritischen Blick auf sich selbst zulässt, etwa wenn sie schreibt, dass sie sich wieder "rein" fühle oder dass sie gerne "heilig" wäre (was dann natürlich auch wieder zu hoch gegriffen ist). Das alles fasst sie dann im Satz zusammen: "Egal, wo ich sass [...], immer sass ich unter der gleichen Glasglocke in meinem eigenen sauren Dunst." (S. 200)

Leider thematisiert sie für mich diesen "eigenen sauren Dunst" in dem Roman zu wenig. Ich will damit keineswegs ihre Depression in Richtung Selbstverschuldung verharmlosen, aber eine Frau mit ihrer Klarsicht und Differenziertheit hätte diesen Aspekt dennoch stärker ins Auge fassen dürfen.

Ich kann ihre Giftigkeit aufgrund der "Hölle", die sie erlebt hat und auch eindrücklich schildert, zu einem grossen Teil also schon gut verstehen, aber eben dann doch nicht ganz.

Affengitarre

User und News-Scout

Postings: 10793

Registriert seit 23.07.2014

28.02.2021 - 14:15 Uhr
Mich hat der Roman auch sehr beeindruckt und war für mich mit Abstand das beste, was wir hier bisher im Rahmen des Buchclubs bisher lesen durften. Old Nobody fasst die Reize des Buchs in seinem tollen Text wunderbar zusammen, eine sehr schwere Thematik sprachlich meisterhaft umgesetzt. Gerade die zweite Hälfte wird ja sehr dunkel, das geht schon an die Nieren. Der kühle Erzählstil verstärkt diesen Effekt bei mir nur noch. Die Metapher mit dem Feigenbaum ist mir auch stark in Erinnerung geblieben.

Sieht man sich dann den Lebenslauf von Plath an, wirkt das Erzählte direkt noch mächtiger.

How did I know that someday - at college, in Europe, somewhere, anywhere - the bell jar, with its stifling distortions, wouldn't descend again?

Sehr traurig, dass die Autorin letztendlich den Kampf gegen die Depressionen verloren hat. Dadurch, dass der Roman so starke autobiografische Züge hat, macht das für mich eine optimistische Interpretation des Schlusses auch sehr schwierig.

Jennifer

Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion

Postings: 4711

Registriert seit 14.05.2013

28.02.2021 - 14:37 Uhr
Ich bin leider etwas spät dran und kann mich hier größtenteils nur anschließen und nur wenig Neues beisteuern. Aber eine Sache war mir doch sehr wichtig, auf die ich weiter unten eingehen werde.

Ich hatte das Buch ja bereits 2x gelesen in jeweils sehr unterschiedlichen Phasen meines Lebens und damit verbundenen recht gegensätzlichen Geisteszuständen, um das mal vorsichtig auszudrücken. Daher fand ich das sehr interessant, wie anders sowohl meine Herangehensweise und mein Verständnis dafür bei allen drei Durchgängen waren. Aber das ist eher auf mich persönlich bezogen.

Rein sprachlich finde ich "Die Glasglocke" ebenfalls schlicht großartig, mich hat der Lesefluss regelrecht gefangengenommen und stellenweise auch ziemlich vereinnahmt. Sympathisch war mir Esther nicht durchweg, muss sie aber nicht sein: Ich konnte ihre Handlungen und Ansichten dennoch immer nachvollziehen und habe mit ihr gefühlt. Die von Moped eingeworfene Idee mit dem Engelchen und Teufelchen in Form von Betsy und Doreen hatte ich auch und finde diesen Ansatz sehr spannend.

Zu Beginn des Monats hatte ich ja außerdem empfohlen, dass man zuerst das Buch lesen und sich dann mit Plaths Geschichte befassen sollte. Da fand ich folgende Dinge besonders tragisch, die ihre Kinder betreffen: Mit welcher Sorgsamkeit sie nämlich einst die Küche abgeschirmt hat, in der sie sich das Leben nahm, um ihren Sohn und ihre Tochter zu schützen, die in einem anderen Raum des Hauses noch schliefen. Dass das einer der Gründe war, warum man davon ausgeht, dass der Suizid kein spontaner Entschluss (oder gar "nur" ein Hilferuf ohne wirkliche Absicht dahinter) war, sondern eine geplante Aktion. Und dass sich diese Serie leider innerhalb der Familie fortgesetzt hat, denn auch Plaths Sohn nahm sich Jahrzehnte nach dem Tod seiner Mutter ebenso das Leben.

Daher finde ich an dieser Stelle besonders wichtig zu erwähnen: Sollte hier jemand (womöglich auch nur still) mitlesen, der sich in einer ähnlich gefühlt ausweglosen Lage befindet und Hilfe braucht, gibt es dafür andere Lösungen als diesen sehr schlimmen und vor allem leider permanenten Schritt. Eine Möglichkeit wäre etwa die Telefonseelsorge, die 24 Stunden am Tag unter den Telefonnummern 0800 / 111 0 111 und 0800 / 111 0 222 erreichbar ist. Solltet Ihr bei Bekannten oder Angehörigen mögliche Anzeichen erkennen, steht auch die Polizei bzw. der psychiatrische Rettungsdienst für solche Fälle parat.

Und natürlich kann man gern auch jederzeit mich unter jennifer@plattentests.de anschreiben, wenn man einfach nur mal Dampf ablassen möchte. Ich höre zumindest gern zu und es bleibt selbstverständlich alles unter uns.

In diesem Sinne: Passt auf Euch selbst und Eure Liebsten auf.

mrnovember

Postings: 179

Registriert seit 10.10.2019

28.02.2021 - 14:39 Uhr
Möchte da dagegenhalten, schon auf S.3 heißt es „but later, when I was alright again, I brought them out...“, so dass meiner Meinung nach davon auszugehen ist, dass es zumindest eine Phase in Esthers Leben geben wird, in der sie sich besser fühlt als in dem New Yorker Sommer.

mrnovember

Postings: 179

Registriert seit 10.10.2019

28.02.2021 - 14:44 Uhr
Ich hatte meinen Beitrag verfasst, bevor ich den von Jennifer gelesen hatte. Das „Dagegenhalten“ bezog sich also natürlich nicht auf ihre Hinweise, sondern darauf, dass es im Buch durchaus Hinweise dafür gibt, dass das Ende auch optimistisch gedeutet werden kann (v.a. wenn man das Schicksal von Plath selbst erst einmal ausklammert).

dieDorit

Postings: 2669

Registriert seit 30.11.2015

28.02.2021 - 15:07 Uhr
@Jenny

Vielen Dank für deinen Beitrag und da sprichst du auch einen recht wichtigen Punkt an, der mir beim Lesen auch aufgefallen ist. Heutzutage wird ja in den Medien nicht mehr über Suizide berichtet, weil man wohl die Erfahrung gemacht hat, dass dies Nachahmer verursacht bzw. verursachen kann. Damals war das wohl noch nicht der Fall und auch Joan hat sich wohl erst durch die Zeitungsberichte über Esther zu ihrem ersten Suizidversuch hinreißen lassen (wenn auch in den Zeitungen zuerst nur von dem Verschwinden berichtet wurde). Dennoch ist die Literaturwelt auch heute noch voll von dieser Thematik. Ich hoffe also ebenso, dass alle die dieses Buch (oder ähnliche Bücher zum Thema) lesen oder auch nur hier im Forum mitlesen, sich nicht in einer ähnlichen Situation befinden oder falls doch, wissen an wen sich sich wenden können.

MopedTobias (Marvin)

Mitglied der Plattentests.de-Schlussredaktion

Postings: 19948

Registriert seit 10.09.2013

28.02.2021 - 15:17 Uhr
Ich bin ja generell eher Anhänger von jenen literaturtheoretischen Positionen, die ein Werk möglichst unabhängig von der Biografie des Autors/der Autorin betrachten. In einem solchen Fall wie hier lässt sich die Nähe zu Plaths Leben aufgrund wirklich sehr detaillierter Parallelen allerdings auch nicht leugnen. Für sich stehend deutet der Roman auf jeden Fall an, dass es zumindest eine temporäre Lebensphase von Esther geben wird, in der sie sich "alright" fühlt.

Die Offenheit am Ende lässt sich vielleicht auch so deuten, dass der Ausgang einer Depression wie bei jeder schweren Krankheit ein höchst individueller ist. Manche schaffen es und manche, trotz Therapie, leider nicht. Vielleicht legt sich der Roman deshalb nicht auf ein "Schicksal" seiner Hauptfigur fest, um nicht suggerieren zu wollen, dass es nur das eine gibt.

myx

Postings: 4652

Registriert seit 16.10.2016

28.02.2021 - 19:10 Uhr
Ich kann nur nachdrücklich unterstreichen, was Jenny sagt, sowohl von meiner Ausbildung als Psychologe her als auch aus meiner persönlichen Erfahrung mit psychischen Erkrankungen. Zum Glück gibt es heute bereits eine grosse Anzahl gut wirksamer Medikamente. Nur braucht leider oftmals alles recht viel Zeit, alleine schon, bis man die passende Medikation gefunden hat. Aber man sollte jede betroffene Person wirklich zu diesem Schritt, sich professionelle Hilfe zu holen, ermutigen.

Esther hat am Ende übrigens, denke ich, nicht allein die Elektrotherapie geholfen, sondern auch der verständnisvolle Umgang ihrer Ärztin, von der sie zum ersten Mal so etwas wie völlige Akzeptanz erfahren hat.

"Die Glasglocke" ist auch für mich sowohl inhaltlich wie auch sprachlich das beste Buch, das wir bislang im Club gelesen haben.

Autotomate

Postings: 6174

Registriert seit 25.10.2014

28.02.2021 - 21:08 Uhr
Oh, ich dachte, hier kommt erst morgen was, da brauche ich mich ja gar nicht weiter auszubreiten. Vieles, was mich an der "Glasglocke" fasziniert, ist hier schon schön beschrieben worden und ich freue mich, dass so viele im "Club" meine Liebe für das Buch teilen.

Eine Sache vielleicht, die eigentlich etwas unscheinbar wirkt, aber die mir jetzt bei erneuter Lektüre (wie so vieles andere) sehr eindrücklich geworden ist: Esthers Besuch auf dem Friedhof und die damit verbundene Geschichte von der mütterlichen Unfähigkeit, den Kindern einen angemessenen Umgang mit dem Tod des Vaters und damit vielleicht auch generell mit Trauer und Traurigkeit zu gewähren. Ein psychologisches Desaster...

dieDorit

Postings: 2669

Registriert seit 30.11.2015

28.02.2021 - 21:25 Uhr
Ich habe da noch eine Frage und zwar zu folgender Stelle als Esther mit ihrer Ärztin über Joan spricht:

"And then Doctor Nolan told me how the best of psychiatrists have suicides among their patients, and how they, if anybody, should be held responsible, but how they, on the contrary, do not hold themselves responsible"

Wer ist mit "they" gemeint, die "psychiatrists" oder "their patients"?

MopedTobias (Marvin)

Mitglied der Plattentests.de-Schlussredaktion

Postings: 19948

Registriert seit 10.09.2013

28.02.2021 - 21:33 Uhr
Die "psychiatrists", würde ich intuitiv sagen.

@Tomate: Ja, sehr eindrückliche Szene. Darauf folgt ja ohne viel Brimborium direkt ihr Suizidversuch...

Autotomate

Postings: 6174

Registriert seit 25.10.2014

28.02.2021 - 21:35 Uhr
Die Psychiater. Mrs. Nolan sagt, Esther sei nicht verantwortlich für Joans Tod. Selbst die besten Psychiater, denen man ja vielleicht Verantwortung für den Suizid eines Patienten zuschieben könnte, hielten sich nicht für verantwortlich.

Perfect Day

Postings: 652

Registriert seit 18.01.2014

01.03.2021 - 06:17 Uhr
Ich bin auch erst jetzt online gegangen und einen ganzen Analysetag zu spät dran...

Deshalb nur mein Kurzfazit: Sehr guter Roman, der Stimmungswechsel in der zweiten Hälfte war auch aus dem Grund so eindringlich, weil sich der Erzählstil und der Humor dabei gar nicht groß wandelte. Dadurch konnte ich bei mir ein ständiges Unwohlsein beobachten.

Ich habe dennoch viele Einzelheiten nicht so gut erfassen können, wie der Großteil der Leserschaft in diesem Forum. Aus Zeitgründen habe ich das Lesen diesmal Großteils auf die Mittagspausen im Büro gelegt. Werde mich dem Roman beizeiten ein zweites Mal mit mehr Ruhe widmen.

Gomes21

Postings: 4886

Registriert seit 20.06.2013

01.03.2021 - 08:51 Uhr
Also mit den Namen bin ich teils auch etwas durcheinander gekommen, das fand ich etwas schade. Vielleicht hab ich an den falschen Stellen nicht aufmerksam genug gelesen.

Insgesamt fand ich das Buch sehr stark. Die sprachliche Metaphorik ist stellenweise so greifbar, fantastisch.
Den Teil ich New York hab ich wir in Trance verfolgt. Was macht sie überhaupt dort? Dieses ziellose Gefühl hat der Roman sehr bedrückend und beeindruckend rüber gebracht.

MopedTobias (Marvin)

Mitglied der Plattentests.de-Schlussredaktion

Postings: 19948

Registriert seit 10.09.2013

01.03.2021 - 11:00 Uhr
Bei Joan dachte ich kurz, es handle sich um die eine Freundin von Esther, mit der sie auch am Strand war. Aber das war ja Jody :)

Autotomate

Postings: 6174

Registriert seit 25.10.2014

01.03.2021 - 12:10 Uhr
Direkt auf die erwähnte Strandszene, in der sie erfolglos versucht zu ertrinken (oder sich zu ertränken), folgt eine Episode, in der Esther auf Geheiß ihrer Mutter als freiwillige Helferin im städtischen Krankenhaus anfängt, dort mit bestem Willen Blumen herumfährt, aber direkt von den Patientinnen - wie von einem hitchcockschen Papageienschwarm - wieder aus dem Haus gejagt wird. Grotesk :D

myx

Postings: 4652

Registriert seit 16.10.2016

01.03.2021 - 13:09 Uhr
Das ist für mich aber auch gerade eine jener typischen Stellen, wo sie jegliche Selbstreflexion vermissen lässt. Gut gemeint (das Wegschmeissen verwelkter Blumen) ist ja bekanntlich nicht immer gut. Sie hätte sich ja wenigstens eingestehen können, dass sie vielleicht doch besser vorher nachgefragt hätte. Mir leuchtet nicht ganz ein, dass sich ihre Darstellungsweise dieses Vorfalls allein aus ihrer Existenzkrise ergibt.

Perfect Day

Postings: 652

Registriert seit 18.01.2014

01.03.2021 - 13:17 Uhr
Ist vielleicht ein plakativer Vergleich, aber so manche Ineraktionen mit anderen Menschen und Esthers Wahrnehmung der Außenwelt erinnerten mich stellenweise an unsere Kombini-Ladenhüterin aus dem Januar-Buch...

MopedTobias (Marvin)

Mitglied der Plattentests.de-Schlussredaktion

Postings: 19948

Registriert seit 10.09.2013

01.03.2021 - 13:53 Uhr
Zu diesem Zeitpunkt war sie bereits suizidal (Ertränken). Direkt nach dieser Episode folgt der Friedhofsbesuch und jener Selbstmordversuch, der sie ins Krankenhaus bringt. Das ist keine "Existenzkrise" mehr, sondern eine schwere Depression inklusive einmonatiger (?) Schlaflosigkeit. Von einem Menschen in einem solchen Zustand kritische Reflexion über das erneute Scheitern gesellschaftlicher Integration zu erwarten, halte ich für unangebracht.

Autotomate

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Registriert seit 25.10.2014

01.03.2021 - 14:09 Uhr
Was Moped sagt. Außerdem versucht sie ihr Missverständnis zu erklären, aber die Patientin schimpft über Esthers Kopf hinweg an die Schwester gewandt: "Sie hat meine gelben Rosen vermurkst!" Ich denke, da braucht es auch in nicht-depressivem Zustand einiges an Selbstsicherheit, um hier gelassen und selbstkritisch zu reagieren.

myx

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Registriert seit 16.10.2016

01.03.2021 - 15:17 Uhr
Ich möchte die Krankenhausszene nochmals nachlesen, aber eure Argumente klingen für mich schon mal sehr überzeugend. Wahrscheinlich habe ich sie in dieser Situation tatsächlich zu hart angefasst.

Autotomate

Postings: 6174

Registriert seit 25.10.2014

01.03.2021 - 15:28 Uhr
Ich empfinde Esther insgesamt schon auch als recht impulsiv^^

Aber nochmal was anderes: Was passiert eigentlich in der Kellerhöhle unter der Terasse, nachdem sie dort die Tabletten genommen hat? Sie hat ja nach ihrer Rettung ein völlig zerschossenes Gesicht... Wird sie nicht durch den Kellereingang, den sie selbst benutzt hat, sondern von oben durch die Terasse gerettet, so dass die Steine auf sie herabfallen?

MopedTobias (Marvin)

Mitglied der Plattentests.de-Schlussredaktion

Postings: 19948

Registriert seit 10.09.2013

01.03.2021 - 15:57 Uhr
Sowas in der Art wird es wohl gewesen sein. Sie schreibt ja am Anfang von Kapitel 14, als sie ihre Rettung beschreibt: "Then a great, hard weight smashed against my cheek..."

Jennifer

Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion

Postings: 4711

Registriert seit 14.05.2013

01.03.2021 - 20:19 Uhr
Die Kapitel, in denen sie am Überlegen ist, wie sie sich am besten selbst umbringt, fand ich übrigens richtig, richtig hart. Würde da auch unbedingt drauf verzichten, ihre Handlungen genau in diesem offensichtlich sehr düsteren Geisteszustand zu bewerten.

Ansonsten muss man aber in Hinblick auf ihre teilweise sicher bemerkenswerte Impulsivität auch festhalten, dass Esther eben erst 19 Jahre alt ist. Ich weiß ja nicht, wie es so bei Euch war. Aber ich frag mich heute manchmal schon, was ich mir damals eigentlich so gedacht habe bei manchen Aktionen.

Old Nobody

User und News-Scout

Postings: 3680

Registriert seit 14.03.2017

01.03.2021 - 22:04 Uhr
@ Jennifer:
Wollte noch danke für Deine Worte sagen weiter oben

Zu den harten Abschnitten:
Ja, das sind Zeilen, wo es eigentlich ne Triggerwarnung braucht. Für mich ist sowas immer eine Art Test für mich selbst wie stabil ich bin oder wie sehr mich das runterzieht. Insbesondere wenn Züge davon an die eigene Geschichte erinnern, fällt es sehr schwer eine gewisse Schutzdistanz zum Geschehen zu wahren. Zumal die Entwicklung von Esther angesichts der ersten 100 Seiten was überrollendes hat.

Grade die von Dir angesprochene Zeit mit 19, oder insbesondere 1-2 Jahre davor, war so ziemlich das dunkelste Kapitel meines Lebens und die ein und andere Handlung war wirklich dumm oder mehr als das und wirft ihre Schatten in meine Gegenwart und begleiten mich bis ans Ende meiner Tage.

Da hab ich schon vollstes Verständnis für Esther und kann auch viele ihrer Gedankengänge nachvollziehen.


Wegen dem Gesicht im Krankenhaus hatte ich gedacht, dass ein Teil davon auch von den Tabletten (ich meine es waren Schlaftabletten) kommen kann. Bei ner Überdosis kann es mein ich zu Auswirkungen kommen mit denen man nicht rechnen würde.


Muss ansonsten sagen, das Buch wirkt schon ordentlich nach, grad in Verbindung mit dem Schicksal der Autorin, was das Buch noch realer macht als es eh schon ist. Beängstigend real

myx

Postings: 4652

Registriert seit 16.10.2016

01.03.2021 - 22:09 Uhr
Da hast du recht, Jenny, und ich entschuldige mich deshalb hier auch für meine (ab)wertende Wortwahl.

Trotzdem kann aber für die Betroffenen eine gewisse "kritische" Ansprache dennoch sinnvoll sein, wenn sie sich zum Beispiel mit einer problematischen Einschätzung einer Situation selber schaden (man könnte hier wieder die Krankenhausszene heranziehen, wo ja eigentlich nur ein kleiner, unbedeutender "Fehler" von ihr letztendlich zu der erneuten Katastrophe für sie geführt hat). Nur sollte man dies nicht auf diese dödelige Von-oben-herab-Weise tun, wie ich es gemacht habe.

Ich glaube einfach, dass ich insgesamt zu überempfindlich auf den Sarkasmus von "Die Glasglocke" reagiert habe.

MopedTobias (Marvin)

Mitglied der Plattentests.de-Schlussredaktion

Postings: 19948

Registriert seit 10.09.2013

01.03.2021 - 22:15 Uhr
Da habe ich tatsächlich auch dran gedacht, dass neuere Ausgaben dieses Buchs durchaus eine Triggerwarnung voranstellen könnten, so detailliert und rational-kalt sie an besagten Stellen ihre Selbstmordmöglichkeiten auslotet. Jene Episoden empfand ich auch als am schmerzvollsten zu lesen.

dieDorit

Postings: 2669

Registriert seit 30.11.2015

01.03.2021 - 22:56 Uhr
Ich musste an besagten Stellen an ein Lied denken, das ich mal zufällig auf Spotify entdeckt habe, welches dieses schwere Thema auf eine recht makabere aber auch leichte Art verarbeitet (das hat mir das Lesen dieser Stellen vielleicht auch etwas vereinfacht):

https://open.spotify.com/track/7FA1CA2tvY4tCIxkusrI9C?si=8pr-VPQ_RmGr1xit_tSsbw

Deaf

Postings: 2658

Registriert seit 14.06.2013

01.03.2021 - 23:22 Uhr
Ich würde das dann erst recht lesen, gerade WEIL es eine Triggerwarnung hat. Soviel Kreativität sollte man zu Depressionen neigenden Menschen schon zutrauen.

Die Kommentare haben schon gut zusammengefasst, was den Reiz dieses Romans ausmacht. Da schon letzten Sommer gelesen, war mir die Handlung nicht mehr im Einzelnen präsent. Dieses Gefühl, etwas ganz Wertvolles gelesen zu haben (auch wenn es "nur" die Übersetzung war), wird aber wohl für immer nachhallen.

MopedTobias (Marvin)

Mitglied der Plattentests.de-Schlussredaktion

Postings: 19948

Registriert seit 10.09.2013

01.03.2021 - 23:40 Uhr
Es geht bei einer Triggerwarnung doch um die Menschen, die so etwas hinter sich haben und nicht aus dem Nichts daran erinnert werden wollen.

Deaf

Postings: 2658

Registriert seit 14.06.2013

02.03.2021 - 00:04 Uhr
Ich halte nicht viel von solchen Warnungen, sonst müsste man wohl vor ca. jedem zweiten Buch, Film oder Album sowas bringen. Jedenfalls bei dem, was ich so konsumiere. Der Nutzen scheint auch sehr begrenzt zu sein, wie Studien gezeigt haben.

dreamweb

Postings: 184

Registriert seit 14.06.2013

03.03.2021 - 19:13 Uhr
Ich kann nicht mehr viel Neues hinzufügen, mich hat das Buch auf alle Fälle auch sehr mitgenommen. Wie schon mehrfach erwähnt wurde sind diese Suizidbeschreibungen in der zweiten Hälfte definitiv nichts fürs schwache Nerven.

Zufälligerweise habe ich fast gleichzeitig mit der Glasglocke Tolstojs "Anna Karenina" zu Ende gelesen. Das war überhaupt nicht beabsichtigt, hat aber aufgrund der thematischen Verwandschaft das Leseerlebnis irgendwie nochmal zusätzlich gesteigert.

Der Einfachheit halber (und aufgrund des Lockdowns) hatte ich mir für diese Runde die deutsche Version der Glasglocke von meiner Mutter ausgelehnt. Da mich die Übersetzung nun nicht überall 100% überzeugt hat, werde ich das Buch mit Sicherheit mal noch auf Englisch lesen.

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