myx
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31.03.2021 - 10:53 Uhr
@Enrico: Du nimmst dir das Buch im Original vor? Respekt! Für mich gibt es kein besseres Werk, wenn es um das lebensechte Eintauchen in den Bewusstseinsstrom geht, zumal in das von Sucht und Krankheit geplagte Seelenleben. Grandios!
Die eine oder andere (längere) Fussnote isr total spannend und fast schon eine kleine Abhandlung für sich, andere beschränken sich auf rein pharmakologische Informationen. Schwierig zu sagen von daher ... aber typisches Stilmittel auf jeden Fall. |
Enrico Palazzo
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31.03.2021 - 10:59 Uhr
Ja, wenn dann im Original. Bin gespannt.
Ich habe mich bisher etwas davor gedrückt. Nicht aufgrund der Länge in erster Linie, sondern eher aufgrund der Gesamtgeschichte drumherum. Meine damalige Freundin hat das irgendwann in den 2000ern gelesen und war begeistert.
Länge schreckt mich nicht so. Roberto Bolanos 2666 zum Beispiel fand ich faszinierend und das habe ich damals quasi am Stück weggelesen. |
Unangemeldeter
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31.03.2021 - 13:52 Uhr
Die Fußnoten kann man denke ich kaum weglassen, da sind schon einige wesentliche Informationen drin - teils wird da ja irgendwie auch die Story weitergestrickt. Und wie myx schon schrieb gibt es auch keinen relevanten Unterschied was den Lesegenuß angehen würde. |
The Beast and The Beast
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31.03.2021 - 14:49 Uhr
Die ersten paar hundert Seiten waren wirklich zäh, je länger man im Stoff drin ist um so mehr Sinn ergibt das ganze und die letzten hundert Seiten habe ich dann verschlungen, auf einen aufklärenden Abschluss hoffend. Kann mir das beim besten Willen nicht in einer anderen Sprache als im Original vorstellen, auch wenn DFW natürlich ein sehr exotisches Vokabular verwendet. Anfangs habe ich einzelne Wörter noch nachgeschlagen, irgendwann dann aber einfach den möglichen Sinn aus dem Text versucht zu erschließen. Ist aber auch egal, wenn man nicht jeder Wort versteht. Ich bezweifle dass eine deutsche Übersetzung den sehr speziellen Sound dieses Buchs rüberbringen kann.
Die Fußnoten sind natürlich Irrsinn, anstrengend und höchst unterhaltsam zugleich. Allein die mehrseitige pseudobürokratische Auflistung von James' Filmographie ist köstlich. |
myx
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31.03.2021 - 15:39 Uhr
Die Leistung des Übersetzers Ulrich Blumenbach ist aber schon hervorragend. Zurzeit arbeitet er an einer Übertragung des 800-Seiten-Romans "Witz" von Joshua Cohen, da bin ich sehr gespannt drauf. Leider Gottes bin ich im Englischen viel zu wenig beschlagen. |
Loketrourak
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31.03.2021 - 16:00 Uhr
Ich muss jetzt auch mal kurz Vollzug melden, ich war im Frühjahr 2018 auf der Zielgeraden und kurz darauf fertig, hatte mich aber nicht mehr zu Wort gemeldet. Mein Gesamteindruck (hier im Thread hinterlegt - begonnen hat das ganze 2017 ja im allgemeinen Buchthread)wurde letztlich bestätigt. Es war zeitweise ein ganz schön anstrengender (und langwieriger) Ritt. Die hilfreichen Webseiten (Chronologien etc.) wurden aus Ehrgeiz erst hinterher bemüht, gehörten für mich dann aber zur erfrischenden und hilfreichen Nachlese (und zur Bestätigung, dass ich nicht etwas völlig falsch einsortiert hätte). In der Originalsprache hätte ich es ziemlich sicher weggelegt.
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Enrico Palazzo
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31.03.2021 - 16:58 Uhr
Nun entmutigt mich doch nicht :D Es liegt hier neben mir. |
Deaf
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31.03.2021 - 17:17 Uhr
Steht auch schon eine Weile unangetastet in meinem Bücherregal, ähnlich wie "Ulysses" und die Bibel. Mal sehen, zu was ich mich zuerst motivieren kann. |
Enrico Palazzo
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31.03.2021 - 17:20 Uhr
Die Bibel ist immerhin ein cooles Märchenbuch, ähnlich wie Grimms Märchen. |
The MACHINA of God
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31.03.2021 - 19:59 Uhr
Allein die mehrseitige pseudobürokratische Auflistung von James' Filmographie ist köstlich
Bis dahin bin ich auch gekommen und das war so mein Highlight des Buches. Hab es 2007 oder so begonnen und nie beendet. Immer mal paar Seiten versucht. Wenn, dann fang ich wohl nochmal von vorn an. |
Felix H
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31.03.2021 - 20:03 Uhr
Die Leistung des Übersetzers Ulrich Blumenbach ist aber schon hervorragend.
Kann ich nur bestätigten. Man merkt, warum er dafür Jahre gebraucht hat. |
Enrico Palazzo
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03.04.2021 - 08:16 Uhr
So, ich habe gestern angefangen und bin mit den ersten Abschnitt "Year of Glad" durch. Ich denke, ich werde es intuitiv lesen und davon ausgehen, dass ich nicht alles verstehe und einordnen kann. Aber es macht schon mal Spaß.
Witzig fand ich, dass Venus Williams drin vorkommt, Mitte der 90er, wo die auf internationalem Parkett noch keinen bis kaum Erfolg hatte. National muss sie also schon ne Bombe gewesen sein.
Guter Beginn jedenfalls! :) |
myx
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03.04.2021 - 15:46 Uhr
Schön! :) |
Enrico Palazzo
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06.04.2021 - 16:01 Uhr
Sooo, ich bin zwischenzeitlich bei Seite 130 und bin ziemlich begeistert, auch wenns mitunter alles andere als easy ist.
Aber es gibt dann einfach immer auch so absurde, stilistisch einfache Stellen, die lassen mich glücklich grinsen. Wie zum Beispiel so was simples: "An Empire Waste Displacement displacement vehicle whistled past [...]". Ich schmeiß mich weg :)
Was mich bisher am meisten mitgenommen hat und was ich noch hundert Seiten länger hätte lesen können ist der Abschnitt mit Kate Gompert in der Einrichtung. Ging ganz tief rein bei mir... |
myx
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06.04.2021 - 16:21 Uhr
Kate Gompert ist auch eine der wichtigsten Figuren für mich im Roman. Ohne sie, und ihre Krankheit Depression, wäre die Lektüre von "Unendlicher Spass" sicher nicht so beeindruckend gewesen. |
Enrico Palazzo
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09.04.2021 - 12:55 Uhr
Kleiner Zwischenbericht.
Ich bin bereits auf Seite 260, das Buch hat ne unglaubliche Sogwirkung, finde ich. Ich habe just den Abschnitt hinter mir, in dem Hal Orion erzählt, wie er den Vater in der Mikrowelle gefunden hat. DFW ist unfassbar gut im Dialoge schreiben, ist mir da mal wieder aufgefallen. Bisher ein fantastisches Buch mit Richtung 10/10! |
Enrico Palazzo
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14.04.2021 - 07:58 Uhr
Ich habe just das Eschaton-Kapitel hinter mir. Auch mal wieder eine kleine Sensation an Ideenreichtum und flow in der Sprache. :D Und unglaublich witzig obendrein.
Das Buch macht schon echt Spaß - wobei ich sagen muss, dass mir bisher einzelne fabelhafte Kapitel besser gefallen (Kate Gompert / Hals Telefonat mit Orin / Eschaton) als die eigentliche Geschichte. Lohnen sich die Kurzgeschichten und Reportagen von Foster Wallace eigentlich? |
The MACHINA of God
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14.04.2021 - 11:57 Uhr
Im Falle von "A Supposedly Fun Thing I'll Never Do Again" auf jeden Fall. Extrem witzig. |
Enrico Palazzo
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14.04.2021 - 11:59 Uhr
Das ist das Kreuzfahrt-Ding, oder? |
Loketrourak
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14.04.2021 - 12:14 Uhr
Uh, Eschaton... |
Enrico Palazzo
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14.04.2021 - 12:23 Uhr
Kein Eschaton-Fan? :D |
The MACHINA of God
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14.04.2021 - 12:41 Uhr
Kreuzfahrt, jo. |
myx
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14.04.2021 - 13:03 Uhr
@Enrico: Ging bei mir bis zum Schluss so, irgendwann hat mich die "eigentliche Geschichte" eigentlich gar nicht mehr gross interessiert.^^
Die Qualität liegt für mich, wie schon gesagt, hauptsächlich bei den Charakteren und ihrem Innenleben. Da kommen mit Hal, Kate Gompert und dann v. a. auch Don Gately in der Ennet-House-Klinik noch viel tolle Episoden auf dich zu. :) |
Enrico Palazzo
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17.05.2021 - 11:51 Uhr
So, Kinder, ich habe den Brocken letzte Woche besiegt :) Und ich kann final (nur) eine 8/10 geben.
Für mich verliert sich das Buch gen Ende ein wenig in sich selbst und wird auf den letzten 100 Seiten durchaus zäh. Ich war ja zunächst höchst begeistert, aber ich habe das Gefühl, dass David Foster Wallace am Ende dann doch irgendwie die Kurve (welche das dann auch immer sein könnte) nicht bekommt. Vielleicht soll das Buch genau das erreichen, aber ich fühlte mich am Ende leer. Irgendwie unfulfilled. Da gab es zB folgende Bücher mit ähnlicher Länge und Komplexität, die mich deutlich nachhaltiger beeindruckt haben als Ganzes:
- 2666 von Roberto Bolano
- A History Of Seven Killings von Marlon James
Was bleibt also? Viele tolle, einzelne Kapitel und Charaktere, die ich sicherlich nie wieder aus dem Kopf bekommen werde (Hal, Kate Gompert, Don Gately, Eschaton, squeak squeak squeak...) Meines Erachtens ist Foster Wallace immer in den Dialogen am stärksten. Im Erzählen mäandert er zu schnell ins langatmige Nichts, aber das wird sicher auch ein Stilmittel hier sein. Ich kann mir vorstellen, dass ich seine kürzeren Geschichten besser finden werde als Infinite Jest.
Ich würde dieses Buch definitiv nochmal gerne lesen, aber dann eher in einem universitären Rahmen, damit ich wirklich alle Stränge verstehe und alles zuordnen kann. |
dhms
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11.07.2021 - 01:26 Uhr
Das Berliner Indie-Magazin WEIRD hat gerade einen klugen, ausführlichen Essay über Infinite Jest von Patricia Nitzsche herausgebracht. Der Text ist ein Brocken, voller Fußnoten und Zitate, aber so unterhaltsam und sympathisch erzählt, dass man sofort reinfindet. Nur ein kleiner Teaser:
"Ich habe erfahren, dass Kanadier*innen ein Bein heben, um zu furzen, und Deutsche den Ton senken, wenn sie Eindruck machen oder bedrohlich wirken wollen. Dass man Unterschichtkinder daran erkennen kann, dass sie zuerst den Kopf und dann die Arme ins Shirt stecken statt andersherum oder daran, dass sie ihre Füße in folgender Reihenfolge bekleiden: Socke, Schuh, Socke, Schuh."
Mir hat er gerade große Lust gemacht, mein angestaubtes Infinite Jest aus dem Bücherregal zu holen und auf den Nachttisch zu legen.
Schaut mal rein, ich verspreche, es lohnt sich:
https://www.weirdmagazin.de/david-foster-wallace-infinite-jest-life-is-essentially-one-long-search-for-an-ashtray/ |
Deaf
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21.09.2021 - 21:33 Uhr
Habe mich nun endlich dazu durchgerungen, das mal zu lesen. Die nächsten Wochen (oder eher Monate?) bin ich also beschäftigt. Habe echt keine Ahnung, was mich da genau erwartet... |
myx
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21.09.2021 - 21:52 Uhr
Na dann viel Spass, kann ich nur sagen. Ich fand's über weite Strecken wirklich grossartig, bin gespannt auf deinen Eindruck. |
Z4
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22.11.2023 - 11:54 Uhr
Deaf, berichten Sie. |
Enrico Palazzo
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22.11.2023 - 13:15 Uhr
Super, viel Spaß :) Großartig ist es! |
Deaf
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22.11.2023 - 14:00 Uhr
Mein Posting ist schon über zwei Jahren her, schwierig, jetzt noch etwas Detailliertes über dieses Mammutwerk zu sagen. Faszinierend und lohnenswert war die Lektüre alleweil. Sehr interessante Charaktere, sei es innerhalb der kaputten Familie, der Tennisakademie oder in dieser Entzugsklinik. Ganz starke und krasse Schilderungen von Depressionen, da konnte DFW sicher reichlich aus eigenen Erfahrungen schöpfen. Wie sich die verschiedenen Handlungsstränge immer mehr miteinander verwoben haben auch ganz meisterlich, dass es zu keinen wirklichen Auflösungen der vielen offenen Fragen gekommen ist, hat dann auch irgendwie gepasst.
Andererseits freilich auch einiges, was man m.E. hätte weglassen können, so z.B. dieses Kapitel über das sogenannte Eschaton-Spiel, WTF? Oder der Handlungsstrang, der mit diesem FBI-Typen in Frauenkleidern zu tun hatte.
Ein ganz grosser Dank gebührt auch dem Übersetzer Ulrich Blumenbach, was für eine unfassbare Leistung. |