Old Nobody
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14.03.2017 - 23:53 Uhr
Auch beim dritten Mal wieder fantastisch.
Der Anfang erzeugt einfach die richtige Stimmung für den Film. Wagner ist hier auch perfekt gewählt.
Ich erkenne mich in dieser Darstellung von Depression einfach wieder. Das hat Kirsten Dunst für mich nachvollziehbar dargestellt und von Trier hat es auch perfekt inszeniert.
Alleine diese Entwicklung beim Fest ist einfach genau so vorstellbar und realistisch.
Der Planet Melancholia hat sich hinter der Sonne versteckt und kommt zum Vorschein und zerstört alles. Meiner Meinung nach steht das für die Depression, die einen eben überrollen kann und man ist ihr oftmals ausgeliefert und verhält sich genauso zerstörerisch wie Dunst bei der Feier. Sie hat ihren Job zerstört, die Ehe und die Feier ohnehin. Und direkt nach der Feier kommt im Film der Planet zum Vorschein. Die Depression ist da, hat sich versteckt und man hat sich vielleicht eine Fassade aufgebaut und es ging einem scheinbar gut. Aber dann genügen 2-3 Sätze der Mutter um alles nieder zu reißen. Das finde ich einfach voll auf den Punkt.
Dass das Pferd später nicht über die Brücke will, verstehe ich als die Ausweglosigkeit, das Gefangen sein in sich selbst vielleicht.
Ansonsten meine ich, dass sich auch eine gewisse Todessehnsucht zeigt, eine Lust am Untergang oder zumindest die grundsätzliche Annahme des Schlechten; die Hoffnungslosigkeit und Sinnlosigkeit.
Ich finde einfach, dass da wahnsinnig viel drin steckt.Und sich dann mit Logikfehler und physikalischen Unrichtigkeiten aufzuhalten macht einem den Film nur kaputt und zeigt für mich, dass man den Schwerpunkt falsch setzt. Denn es gibt hier meines Erachtens auch eine künstlerische Freiheit,eine Aussage, die der Regisseur evtl damit machen will; die es ihm erlaubt physikalische Gesetze außer Kraft zu setzen.
So zeigt der Vorbeiflug etwa die Enttäuschung der Kirsten Dunst, die ja darüber nicht grade glücklich ist weil sie sich ja auch schon mit dem Ende arrangiert hatte.
Insgesamt ist das von den Bildern her jetzt zwar nicht verstörend wie etwa Antichrist. Aber psychisch hat der Film auf mich eine enorme Wirkung, er ist verstörend auf einer tiefer liegenden Ebene. |
Old Nobody
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15.03.2017 - 00:10 Uhr
Nachtrag:
Claire kommt ja mit dem Wagen nicht über die Brücke, sie kommt mit dem Jungen wieder hochgestapft und da geht SIE als hätte sie schwere Spinnweben an den Beinen die sie umklammern so wie Justin es während des Fests beschreibt. Und jetzt ist SIE gefangen, eine Gefangene ihrer Angst, ihres Gefühls. Während Justin die kühle und abweisende Schwester ist. Das ist sozusagen ein Rollentausch und ich verstehe das als Versuch die Auswirkungen der Depression am Beispiel der Panik, der Atemlosigkeit, den schweren Schritten von Claire zu zeigen. Zu zeigen: So ungefähr fühlt es sich an
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Angelo Mertelo
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15.03.2017 - 00:16 Uhr
Ich guck lieber Fight Club |
kingsuede
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08.11.2020 - 16:31 Uhr
Der muss mal wieder angeschaut werden, der zählt zu meinen Lieblingen der 2010er und ist m.E. der letzte große Film von Lars von Trier. |
kingsuede
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08.11.2020 - 16:31 Uhr
Ansonsten das, was Old Nobody einst geschrieben hat. |
MopedTobias (Marvin)
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08.11.2020 - 17:20 Uhr
Kann ich nur zustimmen, der drei Jahre alte Beitrag von Old Nobody beschreibt diesen fantastischen Film wirklich hervorragend. Eine gleichzeitig kunstvolle wie realistische Darstellung von Depression verpackt in ein Familiendrama samt metaphorisch dichten Apokalypse-Szenario. Eindrucksvolle Bilder und eine unbeschreibliche Atmosphäre. Für mich sogar der beste, weil nahbarste von-Trier-Film. |
kingsuede
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08.11.2020 - 17:27 Uhr
Für mich ist Dogville noch knapp davor. |
hubschrauberpilot
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08.11.2020 - 17:29 Uhr
Ja, Old Nobody bringt es in seinem Beitrag auf den Punkt, "Depression trifft auf Fatalismus".
Beeindruckender Film, muss ich irgendwann nochmal gucken, aber dazu muss man auch in der Stimmung für sein, denn man fühlt sich nicht wirklich wohl beim schauen. Solche Filme muss es aber auch geben. |
hubschrauberpilot
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08.11.2020 - 17:36 Uhr
Für mich ist Dogville noch knapp davor.
Muss ich noch nachholen.
Nymphomaniac fand ich nicht so gut, beide Teile. Nur die eine Szene mit der betrogenen Ehefrau, die war richtig richtig übel. Ansonsten etwas platt. |
Corristo
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08.11.2020 - 18:54 Uhr
Melancholia war für mich bisher der einzige Lars von Trier-Film, der auf irgendeine makabere Weise fast schon wieder schön war. Und der Weltuntergang als potenzielle Erlösung, wie im Doom Metal. Fatalismus sehe ich zwar generell als keine gute Einstellung, aber durch die Kunst mal kurzweilig geradezu darin zu baden ... kann man ja mal machen. |
Old Nobody
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15.08.2023 - 00:29 Uhr
Läuft grad (auf One)
Wollte eigentlich nur mal wieder diese unbeschreibliche Anfangssequenz sehen aber nun bleib ich doch noch was wach:)
Der Film zählt inzwischen wohl zu meinen Top 5 aller Zeiten.
Ich kann ansonsten meinen Worten oben von 2017 nichts hinzufügen |
kingsuede
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15.08.2023 - 07:38 Uhr
Muss Moped fast zustimmen. Mit Dogville sein bester. Danach folgen Dancer in the Dark und Breaking the Waves. |
kingsuede
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15.08.2023 - 07:40 Uhr
Gar nicht gesehen, dass die Einträge oben schon älter sind. Passt dennoch weiterhin. |
Old Nobody
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24.08.2023 - 23:04 Uhr
Jetzt kann ich doch noch was hinzufügen :)
Mir ist bei diesem Durchgang aufgefallen,wie viel Sinn die Besetzung von Kiefer Sutherland macht. Denn sein Part spiegelt den Teil der Gesellschaft wieder,der wenig Empathie zeigt,der wenig Verständnis hat, der von sowas wie Stimmungsschwankungen und depressiven Episoden bzw das Verhalten dabei,einfach nur genervt ist.
Der auch nur wenig übrig hat für die Sorgen und Ängste seiner Frau.
Der sich dann, als er die Chancenlosigkeit erkennt, sich nicht damit auseinandersetzt,sich nicht seiner Frau gegenüber mitteilt, keine Verzweiflung oder irgendwas derartiges ausdrückt, sich der ganzen Sache nicht stellt sondern direkt die schnellste Ausfahrt nimmt
Und dieser Part passt für mich zu dem Jack Bauer Darsteller,der ja ebenfalls nicht durch Mitgefühl glänzt sondern eben auch ziemlich oberflächlich bleibt
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