markus w.
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08.04.2008 - 12:17 Uhr
Also gut, aber wenn's zu kitschig wird, bitte aufhören: Es war der Sommer 2003, der wohl heißeste der letzten 20 Jahre. Ich kann mich an sechs Wochen unterunterbrochene Hitze erinnern. 40 Grad waren greifbar. Im Saarland hat's sogar gepasst, wenn auch knapp.
Haldern-Festival 2003. Auch dort war's schweineheiß. Alles schwitzte, selbst die Salamibrötchen haben sich unter der brennenden Sonne zusammen gezogen.
Samstag, der zweite und letzte Festivaltag. Ein Freund von mir musste aus beruflichen Gründen kurz nach Köln fahren. Netterweise wollte er uns ein paar Platten mitrbingen. Damals habe ich aus Mangel an Alternativen noch den Silberlingen den Vortritt gegeben und das schwarze Gold erst ein Jahr später für mich entdecken können. Mit zwei Platten noch etwas frisch im Smog-Kosmos bat ich ihn um "Red Apple Falls". Ich wusste damals schon, es lag wohl am Cover, an der Aufmachung, whatever, dass jenes Album was besonderes werden würde. Auf jeden Fall, er hat sie mit nach Haldern gebracht.
Der nächste Morgen. Das Festival war rum. Wir mussten schon früh unsere Zelte abbrechen, da ein Mitglied unserer Festivalgemeinschaft zum Geburtstag der Mutter zu Hause sein wollte. Es war der erste Tag seit mehrern Wochen ohne Sonne. Es war vergleichsweise kalt, die Wolken hingen tief. Nach dieser furchtbaren Periode der Hitze eine große Wohltat. Der Zeltplatz lag im tiefen Schlaf. Ich war der Erste und sichtbar Einzige auf den Beinen. Wir hatten damals einen kleinen, tragbaren CD-Player am Start. Habe mich auf meinen Klappstuhl gepflanzt und "Red Apple Falls" eingelegt. Die Soundqualität war denkbar beschissen. "Morning Paper" hat mich aber trotz der Widrigkeiten in den Bann gezogen. Ein intensiver Moment, den ich niemals mehr vergessen werde. Nach vier Songs öffnete sich ein Zelt in der Nähe. Ein Mädchen in ca. meinem Alter kam zu mir und fragte mich nach dem Interpreten, der gerade laufe. Wir haben uns das Album bis zum Schluss angehört, das Wunder von "Finer Days" in uns aufgesogen. Dann ist sie aufgestanden, hat sich in aller Herzlichkeit bedankt und ist gegangen. Ein vergleichweiser zarter und kleiner Augenblick, bei den Irrungen und Wirrungen der Liebe (die mich später ereilen sollten), aber ebenso unvergeßlich.
Es geht gar nicht so sehr um das Mädchen, sondern um die Platte an sich. Sie gehört zwar immer noch zu meinen zehn liebsten, aber ich weiß inzwischen, dass es bessere gibt - habe mein Herz an andere verloren. Aber nicht eine einzige hat einen schöneren Rahmen als "Red Apple Falls". Der erste und der letzte Song, that's it. Seit diesem Tag in August 2003 haben Start- und Schlusstrack für mich eine enorme Wichtigkeit. Und jedes Album, dass ich höre, wird geprüft, ob es diesen Kriterien standhält. Natürlich auch darüber hinaus, aber für meine persönliche Einschätzung, für meine musik-rezipierende Entwickling war dieser Tag enorm wichtig...und vor allem wunderschön.
Zu Hause habe ich mich in die Badewanne gelegt. "Red Apple Falls" lief unterdessen bestimmt 7,8 Mal durch. |