Der Olli. Irgendwie haben wir ihn doch alle lieb. Als Musiker natürlich, aber natürlich auch als Mensch. Selbst die, die ihn noch nicht getroffen haben. Denn was er auf seinem Debütalbum "Brichst Du mir das Herz, dann brech' ich Dir die Beine!" zusammenmusiziert, gibt jedem das Gefühl, ihn schon eine halbe Ewigkeit zu kennen.
Und zu einer solchen vermeintlich langjährigen Freundschaft gehört selbstredend auch, mit dem anderen lachen und weinen zu können. Mit Olli Schulz geht beides. Und auch wenn sein Debüt selbst nach dem zwanzigsten Durchlauf nicht nervt, schadet Nachschub nicht. Für frische Lach- oder echte Tränen sorgt die "Unten mit dem King"-EP, die am 24. Mai erschienen ist. Diese enthält neben dem Titeltrack und der Liveversion von "Das letzte Königskind" mit "Von Omi, nicht Opi sagen" und "Schlafen" zwei tolle neue Songs. Und als ob das noch nicht genug wäre, gibt es auch noch einen Multimediatrack. Die haarsträubende Dokumentation "Bibi McBenson - Ein Portrait" forscht der lange verschollenen (oder nie dagewesenen) deutschen Folklegende nach. Zu Wort kommen u.a. Robert Stadlober, Tocotronic und weitere Gäste aus dem GHvC-Umfeld. Wer den Bibi McBenson spielt? Nun ratet mal ...
Und weil er ja so nett ist, der Olli, gibt er uns ein paar Antworten zu seinem aktuellen Album und seiner Zukunft. Die Fragen stellt Armin Linder.
Du hast jetzt ja seit Ende 2003 Dein Debüt "Brichst Du mir das Herz, dann brech' ich Dir die Beine!" draußen. Hast Du vorher auch schon Musik gemacht?
"Der Entschluß, Musiker zu werden, ist eigentlich erst ein Jahr vor der Platte bei mir gereift. Früher hab ich halt gerne Songs geschrieben und sehe mich bis heute nicht als Vollblutmusiker. Ich habe aber so ein Faible für Wortspiele, Texteschreiben generell. Das mach ich schon seit zehn Jahren. Seien es nun Gedichte oder Kurzgeschichten. Irgendwann kam dann halt Marcus vom Grand Hotel zu mir, der schon lange ein enger Freund von mir ist, und hat mir das Angebot gemacht, mal eine Platte rauszubringen. Und ich hab halt auch Swen Meyer, meinen Produzenten und Max Schröder, mit dem ich zusammen spiele, kennengelernt.
Was macht das Grand Hotel van Cleef so besonders?
"Daß da eine Leidenschaft dahintersteckt. Nachdem das Grand Hotel mich gesignt hat, kamen auch auf einmal so Angebote von größeren Plattenfirmen. Aber das war sowieso nicht mein Bestreben. Vielleicht hätte ich dann irgendwann ein Video auf MTV gehabt und wäre der nächste Vollidiot gewesen."
Wie waren die Sessions zu Deinem allerersten eigenen Album?
"Swen Meyer ist einfach das "magische Ohr", der Mann. Alle meine Songs sind auf Akustikgitarre gespielt. Wir haben uns das so angehört und hatten ziemlich viel Zeit. Wir haben bei Swen zuhause aufgenommen. Und dann hat jeder so Sachen dazu gepackt, jeder hat Angebote gemacht. Das hat tierisch Spaß gemacht. Es war kein Kampf, diese Platte aufzunehmen."
Was hat es mit "Der Hund Marie" auf sich?
"Das ist der Name meiner Begleitband. Die Idee kommt von Max, meinem Gitarristen, der hat das als Künstlername. Inzwischen hab ich auch noch den Schlagzeuger von Marr dazugeholt."
Die bezaubernde Nora Tschirner ist ja bei "Küss mich schnell bevor Du platzt" als Gast dabei ...
"Ja, aber ich habe Nora ganz bestimmt nicht als Promi-Bonus auf die Platte getan. Das Lied ist übrigens eine wahre Geschichte. Ich fand mal ein Mädchen ganz toll. In dem Lied geht es übrigens nicht um ein dickes Mädchen, sondern um eines, das immer, wenn ich versuche, sie zu küssen, verlegen wird und in die Küche rennt oder weggeht und irgendwas zu essen holt. Und irgendwann habe ich die Gitarre genommen und ein Lied gespielt mit der Zeile 'Küss mich schnell, bevor Du platzt.'"
Stammen auch alle Stimmen in dem köstlichen "Rock'n'Roll Lifestyle " von Dir?
"Ja, alle. Und das Ende bei diesem Lied, wo ich dann so abgehe, da war ich ein bißchen angetrunken und habe voll abgespackt. Wir hatten eine sehr lockere Arbeitsatmosphäre, auch verbunden mit Alkohol und so. Ich bin halt auch gerne Entertainer und mach Quatsch. Auf der Bühne erzähl ich ja auch total viele Geschichten, und ich wollte das auch rüberbringen. Diesen Blödsinn, wenn ich auf der Bühne stehe, den wollte ich zwischendurch einfließen lassen."
Hast Du keine Angst, den Comedy-Stempel aufgedrückt zu bekommen?
"Ich glaube nicht, zumindest nicht mit dieser Platte. Dafür ist sie nicht witzig genug. Das ist schon alles ehrlich und ernst gemeint. Ich glaube, daß sehr viele tragische, melancholische, traurige Komponenten mit drauf sind. Das ist meine Art, das Leben aufzufassen, wenn ich nicht glücklich bin. Ich finde schon, daß das ernste Angelegenheiten sind. Aber ich wollte halt nicht den Zeigefinger rausholen. Sondern ich wollt's an teilweise witzigen, teilweise melancholischen Beispielen erklären."
Willst Du noch weitere Platten machen?
"Ich bin ja noch am Anfang. Ich hab auf jeden Fall vor, drei Platten zu machen, die alle unterschiedlich sein sollen. Die Platte ist halt mein Abschluss der letzten fünf, sechs Jahre mit verschiedenen Sachen, die passiert sind oder die ich so wahrgenommen habe. Die nächste Platte soll schon was anderes widerspiegeln, da mach ich mir schon einen Plan von. Und ich habe noch sehr viele alte Lieder, sehr viele bescheuerte, und die will ich irgendwann mal als Tape rausbringen und mir dafür einen Künstlernamen zulegen. 'Der Fasan' oder so."
In Deinem Info steht "Wenn Olli Schulz ein Wetter wäre, dann wäre er Hagel." Wer kommt denn auf so was?
"Thees hat das ganze Info geschrieben. Manchmal will ich einfach spielen und so viel Informationsfluß auf einmal loswerden, daß ich Leute auch überfordern kann. Und dann hagelt's los. Dann kommt ein Spruch nach dem anderen, dann spring ich von einer Sache in die nächste. Und das ist auch manchmal so, daß ich im Grand Hotel im Büro sitze, die Gitarre nehme und dann ein Lied nach dem anderen spiele, bis irgendjemand abwinkt und sagt 'Ich brauch 'ne Auszeit!'"
Siehst Du Dich als Multitalent?
"Multitalent wär ich, wenn ich noch zum Film gehen würde, Regie führen und noch was richtig Gutes machen würde. Deswegen würd ich mich jetzt erstmal als Entertainer bezeichnen, vielleicht. Also nicht mit Fliege um den Hals und dann wie Peter Frankenfeld oder Rudi Carrell abgehen. Das ist es auch nicht. Ich bin so eine Art Unterhalter, aber auch kein Alleinunterhalter. Ich bin, ich weiß, ich kann das so schwer sagen... Sätze raushauen, die Ihr Journalisten hören wollt."
Hast Du Dir irgendwann mal überlegt, wie diese Platte wohl ankommen wird? Humor ist ja in deutscher Musik eher verpönt ...
"Nö, hab ich eigentlich nicht. Beim Aufnehmen habe ich mir nicht eine Sekunde Gedanken darüber gemacht, was Leute wie finden könnten. Auf der Platte wollte ich einfach mal was Persönliches machen, ernste Lieder und Humor verschmelzen und das ganze so ein bißchen naiv, kindlich und ehrlich halten. Das ist ja gerade das tolle am Grand Hotel, daß ich die Möglichkeit hatte, sowas zu mischen. Daß ich nicht die Auflage bekommen habe, nur eine witzige oder eine Pop-Platte zu machen. Sondern nach meinem eigenen Film, der so abläuft im Kopf. Ich finde, daß es in Deutschland total wenig Songwriter gibt. Ich wollte einfach mal schauen, wie das ist, ein eigenes Ding zu machen. Was Persönliches. Aber ich bin nicht auf Krampf der Rudi Carrell.
Zum Schluß würde ich Dich gerne noch traditionell nach Deinen fünf Lieblingsplatten fragen...
"Da hätten wir:
1. Wilco - "A ghost is born", ein ganz besonderes Hörerlebnis mit fantastischen Gitarreneinlagen.
2. Bonnie 'Prince' Billy - "Ease down the road". Diese Platte ist ein Juwel. Ich besitze mehrere Exemplare aus Angst vor dem Verlust.
3. Tom Petty - "Full moon fever", weil echt gute Popsongs, perfekt produziert. Jimmy Eat World haben hier fast alles geklaut.
4. The Streets - "A grand don't come for free", weil derbe fett, Digger.
5. Razzia - "Ausflug mit Franziska", eine der besten Deutschpunkplatten mit außerordentlich souveränen Texten garniert."
Text: Armin Linder
Livefotos: Armin Linder
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