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Plattentests.de exklusiv: Rätsel um "The Most Mysterious Song on the Internet" gelöst?


Ein Song, der in den 80ern im NDR-Radio gelaufen sein soll, macht seit Jahren viele Internet-User verrückt. "Like the wind" gilt als "The Most Mysterious Song on the Internet". Doch es gibt eine spannende Spur.



Vorwort

Seit mehreren Jahren sind abertausende Internet-Nutzer elektrisiert vom "The Most Mysterious Song on the Internet". Von wem stammt dieser Song? Die Frage ist bisher offen. Und könnte jetzt gelöst sein.

Der Track soll zwischen 1982 und 1984 im NDR-Radio gelaufen und von einem Hörer mitgeschnitten worden sein. Und ist wahrscheinlich eine Demo-Aufnahme einer Band unbekannter Herkunft. 3,3 Millionen Mal wurde der Haupt-Upload bei YouTube geklickt (dazu kommen weitere Millionen Aufrufe anderer Versionen), große Medien von Zeit bis Rolling Stone oder auch die ARD haben darüber berichtet. Es gibt Wiki-Seiten, einen Discord-Server (wo sich die hartnäckigsten Sucher treffen), ein Reddit-Forum, eine offizielle Webseite nebst Twitter-Account und mehr als 100 Beiträge im Plattentests.de-Forum (https://www.plattentests.de/forum.php?topic=95671&seite=1). Für Aufklärung hat all das aber trotzdem nicht gesorgt. Genauso wenig, dass Lydia H. (55), deren Bruder Darius (jetzt 52) den Song einst aus dem Radio mitgeschnitten hat, seit 2019 die Suche unermüdlich unterstützt.

Die Vorgeschichte soll hier bewusst nicht im Detail erzählt werden – wer sich für diese interessiert, kann sie in den oben verlinkten Artikeln nachlesen. Einen guten Überblick bietet auch dieser Eintrag bei Knowyourmeme.com: https://knowyourmeme.com/memes/the-most-mysterious-song-on-the-internet. Noch bekömmlicher, wenn auch verkürzter ist dieser ARD-Beitrag (beginnt nach 22:15 Minuten).

Jetzt macht der Plattentests.de-Betreiber und Autor dieses Textes gleich zwei Dinge, die man normalerweise als Journalist vermeidet: eine nicht komplett runde Recherche veröffentlichen, die zahlreiche Fragen offen lässt, statt alle zu beantworten. Und den Text teils in Ich-Form halten. Letzteres geschieht, um manche Recherchewege und auch Einschätzungen besser nachvollziehbar zu machen. Und zu ersterem Schritt habe ich mich entschieden, um dem Thema und der Theorie breite Öffentlichkeit zu geben. Und damit möglicherweise für die Bestätigung oder Widerlegung der Theorie zu sorgen.

Auch mich hat die Suche nach dem "Most Mysterious Song On The internet" im zweiten Halbjahr 2019, als sie wohl die breiteste Öffentlichkeit bekam, fasziniert. Und ich habe in meiner Freizeit einige Recherchen angestellt. Plötzlich tauchte dabei eine spannende Spur auf, der ich über mehrere Wochen nachgegangen bin. Und die ich dann seit etwa Weihnachten 2019 nicht mehr verfolgt habe. Weil die Zweifel überwogen. Zudem aus Zeitgründen. Und weil ich die Wahrscheinlichkeit, dass sie stimmt, auf nur 10-20% beziffert hätte.

Es gibt mehrere Gründe, warum jetzt dieser Text erscheint. Inzwischen hat sich ein weiterer enger Bandkollege des angeblichen Sängers gemeldet und glaubt, seine Stimme wiederzuerkennen (anders als Chuzpe-Kollege Robert Wolf, siehe unten). Der angebliche Co-Songwriter hat seine Urheberschaft beim österreichischen GEMA-Pendant AKM angemeldet und eine befreundete Band motiviert, dieses Video aufzunehmen. Und: Ich konnte mit einem Mann sprechen, der als Zeuge bei der Aufnahme des Songs dabei gewesen sein will. Das klingt nach Durchbruch. Und tatsächlich würde ich die Wahrscheinlichkeit, dass all das stimmt, inzwischen bei 40/60 einschätzen.

Doch es bleibt eine Menge Skepsis. Es gibt noch eine Menge kleiner Details (die gar nicht alle aufzuschreiben sind) inklusive dem "Bauchgefühl", die mich zweifeln lassen, ob all das so stimmt, wie es als Theorie in der Folge steht. Und der Song vielleicht gar nicht aus Wien stammt, sondern alles komplett verkehrt ist und auch die Menschen in ihren Schilderungen und Erinnerungen danebenliegen. Vielleicht ja auch ohne bösen Willen. Die 80er sind lange, lange her. Wenn eine Erklärung zu gut klingt, ist sie vielleicht falsch, zu schön, um wahr zu sein. Oder eben doch korrekt?


Die Theorie im Überblick

Die unbestätigte Theorie: Der "Most Mysterious Song On The Internet" heißt "Like the wind" und wurde 1983 gemeinsam von den beiden Musikern Christian Brandl und Ronnie Urini aus Wien geschrieben, in einer deutschen und englischen Version. Später nahmen ihn Brandl, Urini sowie Studio-Betreiber Fred Jakesch in dessen Studio in der Mariahilferstraße in Wien auf. Alt-Saxofonist Heinz Hochrainer war dabei, kam aber selbst nicht zum Einsatz. Der Track wurde nie finalisiert. Ein Zwischenmix landete 1984 beim NDR-Radio. Der anfangs erwähnte Darius nahm ihn auf Kassette auf (das von ihm und seiner Schwester zur Verfügung gestellte Foto zeigt das Tape).

Kassette mit Most Mysterious Song


Seit ca. 2001 suchte Darius im Internet nach den Textpassagen, die er eindeutig identifizieren konnte, aber ohne Erfolg. 2007 lud dann seine Schwester Lydia den Titel auf diversen Internetseiten hoch und bat um Unterstützung bei der Identifikation – ebenfalls erfolglos. Allerdings blieben ihre Bemühungen nicht völlig vergebens: Im Jahr 2019 stieß der Brasilianer Gabriel Vieira auf das noch immer ungelöste Rätsel, gab dem Song seinen werbewirksamen Namen, und überschwemmte das Internet mit Dutzenden Anfragen. Der Hype war geboren. Jetzt, 2021, könnte das Rätsel gelöst sein. Könnte.


Christian Brandl

Der angebliche Sänger des Liedes kann nicht mehr befragt werden. Er ist seit 1987 tot. Zuvor hatte er unter einer starken Drogensucht gelitten.


Christian Brandl war Anfang der 80er sehr aktiv in der Wiener Musikszene, spielte in verschiedenen Bands und Projekten. Etwa bei der RPB (Rock'n'Poetry Band) und bei den Underground Corpses. Am nachhaltigsten ist sein Mitwirken bei Chuzpe geblieben. Über die Wiener Band ist 2017 sogar ein Dokumentarfilm erschienen. Christian Brandl spielte dort Bass, übernahm aber auch teilweise das Mikrofon. So auch beim einzigen Hit der Band – einem Cover des Joy-Division-Klassikers "Love will tear us apart", das 1981 bis auf Platz 8 der Ö3-Charts kletterte. Die Aufnahme ist wichtig für einen Stimmabgleich, hiermit kann sich jede*r einen eigenen Eindruck bilden:



Auch hier und hier ist seine Stimme zu hören.

Da Christian Brandl keine Aussage mehr treffen kann, sollen andere zu Wort kommen. Wohl am aussagekräftigsten: Robert Wolf. Er war der Haupt-Sänger der Band Chuzpe, in der Christian Brandl den Bass gespielt und besagtes "Love will tear us apart"-Cover eingesungen hatte. Und sagt: "Ich schließe Christian nach wie vor aus – Stimme zu tief und kräftig."

Doch es gibt gegenteilige Einschätzungen. Ich habe viele andere enge Band-/Musikerkolleg*innen, Freund*innen und Geschäftspartner*innen aus Christian Brandls Umfeld kontaktiert und um eine Meinung gebeten, die jeweiligen Namen sind mir bekannt. Ich habe bei keinem nach dem Ausweis gefragt, aber auch bei keinem Anlass für Zweifel an der Identität der zu Wort Kommenden. Da ich die Aussagen über Monate gesammelt und in keinem Fall nach der Zitiererlaubnis gefragt habe (eine kam über einen Dritten zu mir), führe ich sie anonym. Ist es Christian Brandl, der hier den "Most Mysterious Song On The Internet" singt?

  • "Ja, ich glaube, das ist seine Stimme."
  • "Da ich über die Aktivitäten von Christian immer wusste, hätte er mir von dieser Aufnahme im Studio Jakesch erzählt."
  • "Christian Brandl kann es nicht sein. Stimme und Gefühl. (…) Ich müsste davon gewusst haben."
  • "Hab jedoch diesen Song selbst noch nie gehört, glaube aber, es könnte sich tatsächlich um die Stimme von Christian Brandl handeln."
  • "Persönlich halte ich es für ein unhaltbares Gerücht, dass dieser Track etwas mit Christian Brandl zu tun hat."
  • "Habe mir das Video angesehen und ja, ich denke es könnte Christian Brandl sein."
  • "Ich weiß, dass Christian damals sehr umtriebig war und als Guest an zahlreichen Projekten beteiligt war (…) Glaube in dem Song seine Stimme wiederzuerkennen."


Fred Jakesch

Fred Jakesch galt als Größe der Wiener Untergrund-Musikszene, war nicht nur Musiker, sondern betrieb zudem zwei Studios. Er soll – so die Theorie – den "Most Mysterious Song On The Internet" produziert und mitgespielt haben.

Jakesch ist laut übereinstimmenden Aussagen von Weggefährten und Internet-Berichten seit Jahrzehnten tot. Die Originalaufnahmen von einst sind wohl weitgehend verschollen, sodass dies keinen Ansatzpunkt bietet. Die heutigen Betreiber seines damaligen Studios konnten leider trotz aller Bemühungen nicht helfen. Es war nicht herauszufinden, wo sich das Archiv von damals befindet. Und ob es überhaupt noch existiert.


Ronnie Urini

Ronald Iraschek (65) hat mehrere Künstlernamen – etwa Ronnie Urini oder Ronnie Rocket – und genießt auch viele Bezeichnungen: "Der unbekannte Superstar" und "Der letzte Rockstar aus Austria" heißt er unter anderem in untenstehendem Kurz-Porträt bei YouTube. Ronnie Urini ist seit Jahrzehnten ein sehr umtriebiger Musiker in der Wiener Szene.

Mehr als zwei Dutzend verschiedene eigene oder fremde Projekte, an denen er mitgewirkt hat, listet das "Archiv österreichischer Popularmusik" auf. Und es ist anzunehmen, dass die Liste fernab jeder Vollständigkeit ist.



Nach eigenen Angaben habe er den "Most Mysterious Song On The Internet" zusammen mit Christian Brandl geschrieben. Auf Deutsch als "Wie der Wind" und auf Englisch als "Like the wind". Die Entstehungsgeschichte schilderte er mir 2019 per E-Mail wie folgt:

"Nun wurde mein schlafendes 80er-Langzeit-Gedächtnis wieder wachgekitzelt ... Man weiß ja: ‚Wer sich an die 80er erinnert, hat sie nicht miterlebt.‘ Und ich HAB' sie miterlebt ...

Weihnachten 1983 entschied ich, nur einer Person ein sinnvolles Geschenk zu machen. Zum Preis von 6 Einzelgeschenken. Ich schickte Christian Brandl eine neue Akustik-Gitarre.

Er bekam sie am 24. Dezember 1983 in Wien/Strebersdorf zugesandt. In einem Paket. Mit der Post. Er hatte sich beklagt, ohne Gitarre nicht komponieren zu können. Das erweichte mein Wachauer Wiener Herz ...

Er rief mich an, bedankte sich herzlich mit den Worten: ‚Wahnsinniger; Sehr oarg; Daaanke ...‘

Am 27. Dezember war ich dann sogleich das erste und einzige Mal zu ihm nach Wien/Strebersdorf eingeladen - und bemerkte erstmals, dass er eine sehr nette Schwester hatte.

Christian und ich tranken einige Cola/Kirsch Rum und gingen dann in eine nahe gelegene Kegelbahn und spielten ironischerweise, aber unserem‘Wiener-Stil‘ angepasst: ‚Sarg Kegeln‘.

Danach, zurück in seinem ‚Apartment‘, nach längeren Gesprächen über Musik und Mädchen ... und einigen Kirsch Rum/Cola, meinte er: ‚So, jetzt komponieren wir ein Lied; zusammen‘

Das war dann dieses. Staun. Ja, das tu' ich jetzt selber ... staunen ...

Diese Band-Version hab' ich ja bisher noch nie gehört ...

Nach unserer ‚Session‘ hat sich ja er die gemeinsam erstellte Text- und Akkord-Folge aufgeschrieben.

Eigentlich hab' ich das Lied ja wirklich noch nie gehört ... aber jetzt ... arg ... dieser ‚Partial Recall‘ ...

Speziell die Textzeile ‚In the Subways of your Mind‘ - deutet ja schon auf das von uns sehr verehrte ‚Windmills of your Mind‘ hin ..."

Dazu will Urini im Keller kürzlich ein altes Textblatt gefunden haben, auf welchem er damals den Text mit Schreibmaschine auf Deutsch getippt habe. Auf die Rückseite eines Flyers seiner Band. "Bei den Liedern, die Christian Brandl und ich zusammen schrieben, gab es immer eine englischsprachige und eine deutschsprachige Version." Wirkt das Textblatt auf den Fotos authentisch? Definitiv. Ist es fälschungssicher? Natürlich nicht. Durch Klick auf die Thumbnails öffnen sich die Dateien, wie Urini sie zur Verfügung gestellt hatte.


Textblatt

Textblatt

Textblatt

Textblatt

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Darüber hinaus schickte er zwei Fotos eines angeblichen Textblatts von "Stadt von Glas und Stahl", jener Kooperation zwischen Urini und Brandl, die überliefert ist. Die Bilder sollen zeigen, dass es für sie Usus war, ihre Lyrics auf solchen Blättern festzuhalten. Auch dieses muss natürlich nicht echt sein.

Textblatt

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Auch andere Punkte in der Mailkorrespondenz nähren Zweifel: Zunächst sagte ihm der Song gar nichts. Dann will er ihn erkannt haben. Ergänzt nach und nach weitere Details und Theorien. Dann will er ihn zwar mitgeschrieben haben, von der Studio-Aufnahme, die ohne seine Beteiligung entstanden sein soll, aber nichts wissen. Und in seiner finalen Darstellung will er den Song als Schlagzeuger selbst mit aufgenommen haben.

Andererseits kann sich wohl kaum jemand auf Anhieb an alles erinnern. Insofern ist es durchaus nachvollziehbar, wenn ein Tausendsassa der Wiener Untergrund-Szene nach mehr als dreieinhalb Jahrzehnten eine Weile braucht, um sein Gedächtnis anzukurbeln. Und bis der Groschen (oder besser der Schilling) fällt.

Ronnie Urini nennt noch weitere Details: "Das Original war wahrscheinlich ein schnell vom Mischtisch gezogenes Zwischen-Mix auf Cassette. Sehr üblich", schreibt er. "Der instrumentale Mittel-Teil war für ein Saxophon-Solo von Heinz Hochrainer gedacht, der auch schon das Extro von ‚Love will tear us apart‘ gespielt hatte."

Ronnie Urini weiß selbst, dass seine Darstellung kein Beweis ist. Darauf angesprochen meint er: "Was sollte ich für Vorteile davon haben, mir so eine komplizierte 'Inszenierung' anzutun?" Und ergänzt: "Du hast gefragt. Ich habe geantwortet. Du sagst nun: Jetzt muss ein Dritter sagen, dass meine Antwort stimmt. Also daas - ist voll okay!"

Die Aussagen stammen aus dem November 2019. Inzwischen hat Ronnie Urini (jetzt 65) den Song offiziell bei der AKM (dem österreichischen Pendant zur GEMA) unter der Werknummer 25044186 registriert. Und auch in einem YouTube-Kommentar als Komposition von sich und Christian Brandl bezeichnet. Höchste Zeit, doch mit einem "Dritten" Kontakt aufzunehmen.


Heinz Hochrainer

"Heinz Hochrainer wäre natürlich schon eine gewichtige Stimme und ist im Allgemeinen ein sehr zuverlässiger Mensch. Es stimmt auf jeden Fall, dass er das Saxophon auf ‚Love Will Tear Us Apart‘ gespielt und auch bei vielen Bands mitgearbeitet hat."

Das sagt Robert Wolf über Heinz Hochrainer. Wolf war – wie oben erwähnt – Band-Kollege und Haupt-Sänger bei Chuzpe, wo Christian Brandl den Bass gespielt und besagtes "Love will tear us apart"-Cover eingesungen hatte. Mit Heinz Hochrainer am Saxofon.

Heinz Hochrainer kam selbst im Januar 2020 per Mail auf mich zu – besser gesagt über seine Frau. Das Internet ist nicht so das bevorzugte Medium des 63-Jährigen. Deswegen verabreden wir uns zu einem Telefonat im März 2021. Mit viel Verspätung, nachdem ich mich entschieden hatte, die Recherche wieder aufzunehmen.

In seiner ersten Mail aus dem Januar 2020 hieß es: "Es ist mir eine Freude, Ihnen mitteilen zu können, dass ich dabei war, als Christian Brandl über das Playback von seiner selbst gespielten Gitarre und dem Schlagzeug von Ronnie Urini, Bass gespielt hatte und dann dazu gesungen hat. Das Ganze passierte so Ende 1983/Anfang 1984 im Fred-Jakesch-Studio, der vorher das Playback aufgenommen hatte und das Background-Keyboard gespielt hatte. Es war geplant, dass ich beim nächsten Termin ein Saxophon-Solo spielen sollte und Fred dazu noch eine Gitarre. Ein überarbeitetes Keyboard sollte auch noch dazu kommen. Vielleicht auch Chöre. Aber zu all dem kam es dann leider nicht mehr."

Auf eine "Beweisaufnahme", dass es sich um den echten Heinz Hochrainer handelt, habe ich verzichtet. Am Telefon klingt das Gegenüber wie ein verlässlicher Mensch (und übrigens stimmlich auch nicht wie besagter Ronnie Urini, die beiden kennen sich gut).



Hochrainer lässt sich sehr gerne zitieren. Und ist sich fast sicher, dass er dabei gewesen sei, als der heutige "Most Mysterious Song On The Internet" aufgenommen wurde. "Er ist partiell aufgenommen worden, als ich dabei war im Studio in der Mariahilferstraße bei Fred Jakesch. Der Ronnie Urini war dabei, der Brandl-Christian. Der Brandl-Christian war ein guter Freund von mir, der Ronnie auch."

Hochrainer habe also nicht mitgewirkt, "nur einige Zeit zugehört". Man hatte ihn demnach eingeladen, für den Song Saxophon zu spielen, doch dazu sei es an jenem Tag nicht gekommen. "Das Projekt ist nicht ganz zu Ende geführt worden."

Wenig überraschend, dass sein Gedächtnis Lücken aufweist nach mehr als 35 Jahren. Ob der Song auf DAT oder auf Band aufgenommen wurde? "Weiß ich nicht, ich vermute, auf normalem Band." Wer noch im Studio war? "Es waren noch mehr Leute dort, aber ich weiß nicht mehr, wer, tut mir furchtbar leid."

Den "Most Mysterious Song On The Internet" hat er sich natürlich angehört. Und sei sich "ziemlich sicher", dass es der Song sei, bei dessen Aufnahme er dabei gewesen sei. "Es klingt für mich authentisch nach Christian Brandl und Ronnie Urini."

Wie der Song dann in der Demo-/Zwischenversion beim NDR-Radio gelandet sein könnte, darüber hat er – wie alle anderen Befragten – weder Kenntnis noch Theorie.


Fazit und Aufruf

Anhand der Recherchen kann sich nun jeder ein eigenes Bild machen: Stammt der "Most Mysterious Song On The Internet" wirklich von den genannten Musikern? Die Aussagen lassen sich tatsächlich zu einem stimmigen Puzzle zusammensetzen. Doch es fehlen die unwiderlegbaren Beweise. Und es ist weiterhin möglich, dass sich die Beteiligten etwa getäuscht haben. Zudem ist da mein Bauchgefühl, das immer noch einen Fake vermutet. Und auch auf zahlreiche kleine Widersprüche und Details in den Konversationen anspringt.

An der Stelle soll noch einmal Robert Wolf zu Wort kommen – einer der engsten musikalischen Weggefährten von Christian Brandl und Frontmann der gemeinsamen Band Chuzpe. Er schrieb mir: "Nach nochmaligem Anhören des Tracks glaube ich immer noch nicht, dass das Christian ist - so sehr ich es mir wünschen würde, weil das zur Legendenbildung von Chuzpe beitrüge. Das Schlagzeug klingt auch nicht nach Ronnie, sondern eher nach einem Linn Drumcomputer - den Fred Jakesch definitiv benutzt hat. Ganz klären wird sich das wohl nie lassen, aber eine gute Story mit offenem (?) Ende lässt sich sicher daraus machen."

Und hier ist sie, die hoffentlich gute Story mit offenem Ende.

Wer Hinweise geben kann: armin@plattentests.de

Armin Linder, hochgeladen am 26. März 2021

Diskussion im Plattentests.de-Forum